Kapitel 4 - Hasta mañana 'til we meet again

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„Ich dusche zuerst", sagte ich, kaum dass wir durch die Tür waren. „Das habe ich mir schon gedacht", grummelte mein Vater und machte es sich auf dem Balkon gemütlich. „Nimm uns nicht das ganze warme Wasser weg", witzelte meine Mutter, doch zu Scherzen war mir nicht zumute. Mein ganzer Tagesplan war ruiniert und die nächste Stunde in der Zumba unterrichtet wurde, war erst in drei Tagen. Ich hüpfte unter die Dusche, für den Haussegen beeilte ich mich sogar und spülte den Sand und Schmutz des Tages fort. Erleichtert zog ich mir neue Klamotten an, putzte mir die Zähne, denn es knirschte beim Sprechen und legte ein dezentes Makeup auf. Auch wenn meine Mutter es nicht zugeben wollte, war sie froh, als sie auch endlich duschen konnte. Ich hörte sie beim Duschen fluchen und verkniff mir ein Lachen. „Was ist so witzig?", wollte mein Vater wissen und blickte von seiner Zeitung auf. „Ich glaube Mama hat der ganze Sand in den Klamotten auch genervt", antwortete ich und ließ mich auf dem weißen Plastikstuhl nieder. „Das stimmt", murmelte er und musterte mich, „Aber sie meckerte nicht so viel darüber wie du. Du solltest dankbarer sein." Da waren wir wieder und ich spürte den Trotz in mir aufwallen. Bevor die Situation eskalieren konnte, stand ich auf, holte meine Sachen und erklärte, dass ich sie beim Abendessen wiedersehen würde. Ich hatte keine Lust auf Diskussionen.

Langsamen Schrittes ging ich Pfade zwischen verschlungenen Palmen und Sträuchern entlang, die sich über die ganze Anlage erstreckten. Ich mochte es hier, vor allem genoss ich die Stille, die untypischerweise über dieser Anlage lag. Hier mochten viele Kinder sein, aber es gab mehr als genug Ecken, die nicht von ihnen eingenommen wurden. Ich marschierte noch 5 Minuten weiter und erkor einen Platz zu meinem Ort aus, an dem ich mich entspannen und runterkommen konnte. Eine Bank, die zwischen Palmenhainen stand und ein kleiner Bach, der zur linken floss, perfektionierte diesen Ort für mich. Vor allem war die Bank vor Blicken geschützt und es waren keine Menschen weit und breit zu sehen. Ich lehnte mich zurück und warf einen Blick in den Himmel. Palmenblätter versperrten den Blick auf den blauen Himmel, aber für mich konnte es kein schöneres Bild geben. Das Zirpen der Grillen, was urplötzlich einsetze, erschreckte mich für einen Moment, weshalb mir ein nervöses Lachen entfuhr – aufgrund meiner Schreckhaftigkeit waren Horrorfilme nichts für mich. Ich holte mein Handy heraus und entdeckte neue Nachrichten von Lauren, die ich nur widerwillig beantwortete. Was sollte ich nur tun? Aus Fairness sollte ich all das beenden, aber nicht per Handy und erst recht nicht während ich mich von der Sonne Gran Canarias küssen ließ. Seufzend tippte ich eine Antwort an Lauren, versuchte mich an das zu erinnern, was mich an ihr zu Anfang gereizt und wann sich das geändert hatte. Sie war die erste Frau, die ich küssen durfte und es zählte zu meinen schönsten Erinnerungen. Ich gab meinen ersten Kuss einer besonderen Person und Lauren war dies zu dieser Zeit, doch dann fing sie an zu klammern und ich entfernte mich immer mehr von ihr. War ich eine schlechte Person? Bevor ich weiter darüber nachdenken konnte, vibrierte mein Handy. Meine Eltern gingen zum Speisesaal, weshalb ich mich ebenfalls in Bewegung setzte. Auf dem Weg dorthin ging ich an dem großzügigen und menschenleeren Pool entlang, der um diese Uhrzeit nicht mehr benutzt werden durfte und entdeckte einige Leute, die anscheinend zwischen den Liegen Fangen spielten. Ich beobachtete sie für einen Moment, doch mein Magen knurrte laut, sodass ich mich beeilte zum Abendessen zu kommen.

Auch nach weiteren zwei Tagen redeten meine Eltern noch immer über die Dünen. Ich konnte verstehen, dass sie beeindruckend waren, aber dorthin wollte ich definitiv nicht noch einmal. Wir waren gerade unterwegs zum Pool, nachdem wir bereits Stunden am Meer verbracht hatten, als wir an der Bar hielten, um uns Wasser mitzunehmen. Nachdem wir unsere Bestellung in den Händen hielten, blickten wir uns suchend nach drei freien Liegen um. Wir umrundeten mehrere Häuserecken, bis wir endlich einen Platz im Schatten gefunden hatten, der Pool war für die späte Uhrzeit noch immer gut besucht. Ich breitete mein rosafarbenes Handtuch aus, ließ meine Tasche darauf fallen und streifte die Schuhe ab, um mich daraufzusetzen. Ich holte mein Buch, sowie meine Sonnencreme aus der Tasche und stellte sie zwischen unseren Liegen ab. Kinderkreischen hallte durch die Anlage und ich entschied mich dazu, ebenfalls meine Kopfhörer rauszuholen, damit ich mich mit Musik berieseln lassen konnte. Zu den Klängen von The Weekend begann ich mich einzucremen, akribisch massierte ich die Sonnencreme ein, um einen Sonnenbrand zu vermeiden. Meine helle Haut war sehr anfällig und die Seitenblicke meiner Mutter signalisierten mir, nicht gründlich genug zu arbeiten. Entschuldigend lächelte ich sie an und fuhr fort, bis nur noch mein Bauch, meine Beine sowie Rücken übrig waren. Ich stellte mich hin, ließ meinen Blick für einen Moment über die Anlage schweifen und drückte einen Klecks Creme auf meine Handinnenflächen. Als die kühle Creme auf meine erhitzte Haut am Bauch traf, zog ich diesen automatisch ein Stück ein und cremte umso schneller, sodass ich es schnell hinter mir hatte. Während ich damit beschäftigt war, meinen Körper vor der Sonne zu schützen, spürte ich, dass ich beobachtet wurde. Ich blickte erst zu meinen Eltern, doch die waren bereits in ein Gespräch vertieft, dann Richtung Bar, der Kellner der uns immer bediente, flirtete seit einigen Tagen offensichtlich mit mir, aber auch er war nirgends zu sehen. Vielleicht bildete ich es mir doch ein. Nachdem ich fertig war, kümmerte sich meine Mutter um meinen Rücken und sobald das erledigt war, legte ich mich wieder hin und versank in meinem Buch. Ich liebte es in fremde Welten abzutauchen, den Geschichten und Sorgen anderer Charaktere zu lauschen und dabei den Geruch von bedrucktem Papier in der Nase zu haben. Dies machte mich aus – Bücher prägten mein Leben und hier war einer der Punkte, der mich so sehr von Lauren unterschied. Lauren hasste es zu lesen. Wenn ich in der Schule zwischen den Stunden ein Buch las, zog sie mich damit auf, ärgerte mich. Auch wenn es scherzhaft gemeint war, akzeptierte sie etwas nicht, was mich mein Leben lang begleitete. Während ich in einer Welt voller besonderer Kinder gefangen war, die alle etwas an sich hatten, was die Gesellschaft verpönte, bemerkte ich nicht, wie die Zeit verflog. Erst ein Rütteln an meiner Schulter riss mich aus dieser Welt heraus und ich nahm die Kopfhörer aus den Ohren. Mein Vater lächelte mich an und fragte: „Möchtest du mit ins Wasser? Letzte Chance nehme ich an." Er deutete auf die bereits relativ leer gewordenen Liegen und Pools, sowie die Angestellten, die anfingen aufzuräumen. „Einmal möchte ich noch rein", sagte ich, klappte das Buch zu und eilte meinem Vater hinterher. Wir sprangen kurz unter die Dusche und machten uns auf den Weg zu den Treppen. Mein Vater ging einen Schritt schneller, er wollte sichergehen, dass wir noch schwimmen durften. Ich band gerade meine Haare zum Zopf zusammen, als ein kleines Kind gegen meine Beine lief und mit einem kleinen Rumms auf dem Boden landete. Das Mädchen mit den Sommersprossen sah mich mit großen Augen an, Tränen begannen darin zu schwimmen und ich kniete mich eilig hin: „Hast du dir wehgetan?" Das blondhaarige Mädchen schüttelte den Kopf, kämpfte aber noch immer mit den Tränen. Ich hielt ihr meine Hand entgegen und versuchte sie von ihren Schmerzen abzulenken: „Wie heißt du?" Ein kleines Lächeln schlich sich auf ihre Lippen und sie ergriff meine Hand: „Luisa und du?" „Charlotte", antwortete ich grinsend und prüfte, ob sie sichtbare Wunden hatte. „Und wie alt bist du?", fuhr ich fort und stellte fest, dass alles in Ordnung war. „Sechs", murmelte sie und blickte sich um. Ich studierte sie für diese paar Sekunden und ich erkannte, um wen es sich handelte. Eine leichte Panik machte sich in mir breit und ich wollte nichts lieber, als zu verschwinden, aber das Mädchen verwickelte mich in ein Gespräch, dem ich nicht so leicht entfliehen konnte. Immerhin hatte ich es selbst gestartet. „Spielst du mit mir?", fragte sie und lächelte wieder breit, wobei mir nun ihre Zahnlücke auffiel. „Ich...", setzte ich an, doch da wurde ich bereits unterbrochen. „Luisa, du sollst nicht immer einfach weglaufen!", die Stimme die ertönte bereitete mir eine Gänsehaut und ich debattierte mit mir selbst, ob ich mich einfach Kopfüber ins Wasser stürzen sollte. Die Frau mit den Sommersprossen nahm ihre Tochter in den Arm und erst dann erblickte sie mich. Ich sah wie sie mich kurz, aber doch von mir bemerkt, von oben bis unten musterte, bevor sie wieder auf Augenhöhe kam. „Sie ist gestürzt", war alles was ich aus heiterem Himmel sagte und damit unbewusst die Alarmglocken der Mutter schrillen ließ. „Alles in Ordnung?", fragte sie ihre Tochter, die nickte und ihr erklärte, was passiert war. Daraufhin sah die Frau mich durchdringend an und wiederholte ihre Frage, die auch ich, nur mit einem Nicken beantwortete. „Charlotte will mit mir spielen", sagte Luisa kichernd und ich wagte es nicht, etwas dagegen zu sagen. „Wir müssen jetzt aufs Zimmer, Luisa und danach gibt es Essen. Ein anderes Mal könnt ihr bestimmt miteinander spielen", tadelte die Mutter, auch wenn sie nicht wirklich streng dabei klang und musterte mich erneut, „Vorausgesetzt Charlotte...", sie pausierte für einen Moment, „Hat überhaupt Zeit und Lust die Tage mit dir zu spielen. Sie ist schon ein bisschen älter, mein Schatz." Luisa sah mich mit einem traurigen Blick an, weshalb ich mich nicht bremsen konnte zuzustimmen – verdammte Axt. Unser Gespräch wurde wieder unterbrochen, doch dieses Mal war es ihr Mann, der auf der Bildfläche erschien. „Sophie? Kommt ihr?!", rief er und kniff die Augen zusammen, als er uns dort stehen sah. „Wir kommen, Arne", antwortete sie und ergriff die Hand ihrer Tochter, „Schönen Abend noch, Charlotte." Kaum waren sie außer Sichtweite, sprang ich kopfüber ins kalte Nass.

Summer Breeze - Like the feeling of a thousand butterflies (girl x girl)Where stories live. Discover now