Kapitel 3 - Can't resist the strange attraction

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Etwas benommen ging ich weiter und stellte zufrieden fest, dass sie schon vorher stehen blieb und begann in aller Ruhe meine Schüssel zu befüllen. Doch keine zwei Sekunden später roch ich ihr Parfüm. Es roch nach Blumen, Rosen und Jasmin, wie auch ein Hauch von Kokosnuss war zu vernehmen. Ich schluckte schwer, versuchte mich auf meine Aufgabe zu konzentrieren und blickte auch nicht hoch. Doch als ich es tat, musste ich mich zusammenreißen sie nicht zu auffällig anzustarren. Sie war mir so nah wie noch nie und das Funkeln in ihren Augen ließ mich dahinschmelzen. „Hey", sagte sie und ich blickte mich unsicher um. Meinte sie wirklich mich? Nun lachte sie, sagte aber nichts weiter, belud sich ihre Schüssel und setzte zum Gehen an. „Hi", brachte ich mühsam hervor und klang dabei wie ein Junge im Stimmbruch, da meine Stimme einen ungewollten Krächzer machte. Sie lächelte mir ein letztes Mal zu, dann ging sie zurück nach draußen, wo sie mit ihrer Familie saß. Erst als mich jemand anstieß, machte ich Platz und erwachte aus meiner Trance.

Den ganzen Tag lief ich mit einem breiten Grinsen rum, etwas, was eigentlich eher untypisch für mich war. Meine Eltern verzichteten darauf nachzufragen, da ich für sie sowieso nur in Rätseln sprach. Mein Vater warf immer wieder einen fragenden Blick in meine Richtung, besonders dann, wenn ich augenscheinlich nicht richtig zuhörte. „Charlotte?", ein Rütteln an meiner Schulter ließ mich herumfahren und in das amüsierte Gesicht meines Vaters blicken, „Wo bist du bloß mit deinen Gedanken? Lauren?" Wie falsch er doch lag. „Nein, wie kommst du denn bitte darauf?", hakte ich nach und sah wie meine Mutter mit zwei Getränken auf unseren Tisch zukam. „Na ich weiß nicht, vielleicht weil du den ganzen Tag nachdenklich in der Gegend herumstarrst? Du hast doch heute Morgen mit ihr geschrieben, oder?", fragte er und ich nickte. „Ja das habe ich, aber ich denke nicht an sie", antwortete ich schnell, da meine Mutter wieder an unserem Tisch ankam. Sie blickte uns beide an, da wir verstummt waren und sagte: „Habt ihr über mich geredet, oder warum seid ihr verstummt?" Sie machte zwar einen Witz, aber ich bemerkte dennoch den leichten Anflug von Angst in ihrer Stimme, trotz ihres Alters und Aussehens, war sie ab und an ein verdammt unsicherer Mensch. „Natürlich nicht, Mama", antwortete ich und strich ihr besänftigend über den Handrücken, „Es ging nur um das Sportprogramm und das interessiert dich ja nicht unbedingt." Meine Mutter lachte herzhaft und schüttelte ihren Kopf: „Nein da hast du Recht. Willst du morgen Zumba machen?" Mein Vater sah mich ein wenig strafend für meine Lüge an, entschied sich aber dagegen etwas zu sagen und beobachtete das Treiben auf der Bühne vor uns. „Ich denke morgen versuche ich es mal", murmelte ich und blickte nun in dieselbe Richtung wie mein Vater. Ich sah meine Mutter argwöhnisch die Stirn runzeln, dennoch beließ sie es dabei und unterhielt sich mit meinem Vater über etwas, was ihr an der Bar aufgefallen war.

Ich entdeckte die Frau, die mir mittlerweile einen normalen, ohne verzerrte Gedanken, Tag verwehrte und sprang unvermittelt auf, was meine Eltern aufschrecken ließ. „Alles in Ordnung?", fragte meine Mutter besorgt und ergriff meine Hand. Ich wusste selbst nicht, warum dies meine erste Reaktion war, jedoch musste ich mir nun etwas einfallen lassen. „Ich", setzte ich an und blickte auf unseren Tisch, wo ich nur zwei Getränkte entdeckte, „wollte mir auch etwas zu trinken holen." „Oh tut mir leid, ich wollte doch eigentlich nur die Getränke abstellen und dir auch was holen. Lass mich das machen", murmelte meine Mutter, doch ich drückte sie wieder zurück auf ihren Stuhl. „Entspann dich, Mama. Wir haben Urlaub, ich kann mir selbst was holen", konterte ich und sie nickte dankbar. „Ich werde vergesslich", sagte sie kichernd und ich verfing mich für einen Moment in meinen Gedanken. Die Angst vor der Zukunft schnürte mir ab und an immer wieder die Kehle zu. Der Gedanken daran, dass meine Eltern älter wurden, stimmte mich nachdenklich, ängstlich. Natürlich mochte es zu diesem Zeitpunkt übertrieben sein, aber wer wünschte sich nicht, dass seine Eltern für immer an seiner Seite blieben? „Bis gleich", hauchte ich und küsste meine Mutter auf ihren Haarschopf. Ich sah wie meine Eltern einen Blick wechselten, nun dachten sie womöglich ich sei vollkommen verrückt geworden, ging dann jedoch zielstrebig auf die Bar zu. Aus den Augenwinkeln sah ich die Frau, mit der ich heute zum ersten Mal ein Wort gewechselt habe, auch wenn es kläglich war, die ebenfalls in Richtung Bar ging. Kurz zuvor saß sie noch, redete und spielte mit ihren Kindern, doch nun war sie zum gleichen Ziel unterwegs wie ich. Meine Haut begann zu kribbeln, Aufregung machte sich in mir breit und ich spürte wie ich die Lippen schmerzhaft aufeinanderpresste. Ich atmete tief durch, hoffte dass es mich beruhigte und ging zu dem Kellner, der uns fast jeden Abend bediente. Er grinste mich breit an, ließ seine weißen Zähne blitzen und widmete sich ganz allein mir: „Hola Señorita. Was möchten Sie trinken?" Ich studierte für einen Moment die Getränkekarte, landete jedoch wieder beim Bier, so wie jeden Abend. „Una cerveza, por favor", antwortete ich selbstbewusst und der Kellner grinste nur noch mehr. Ich spürte eine Präsenz neben mir, es war als könnte ich plötzlich Dinge wahrnehmen von denen ich früher nur zu träumen wagte und blickte zaghaft nach rechts. Keine zwei Meter neben mir beugte sie sich über die Theke und bestellte ebenfalls ein Bier. Ich bemerkte weder wie der Kellner mein Bier vor mir abstellte noch wie er etwas zu mir sagte. Erst als sie sich zu mir drehte, mir ein Lächeln schenkte und ebenfalls etwas sagte, erwachte ich aus meiner Trance. Peinlich berührt und ohne zu wissen was sie zu mir gesagt hatte, dampfte ich ab und verkroch mich am Tisch hinter meinem Vater. Ich sah wie sie zu ihrem Tisch zurückging, ihren Blick über die Menge schweifen ließ und für einen Moment ruhten ihre Augen auf mir. Sie konnte nicht viel von mir sehen, aber sie schien dennoch zu realisieren, dass ich es war, die hier saß. Sie runzelte ihre Stirn, setzte sich zu ihrem Mann und schon schien alles wieder vorbei. Wie dämlich konnte ich eigentlich nur sein?

Der Abend verging wie im Flug und ich mied es meinen Platz zu verlassen. Ich beobachtete die Animation, die Leute, die Kellner, aber ich versuchte krampfhaft den Tisch der Frau zu vermeiden. Auf dem Weg zur Toilette trafen sich kurz unsere Blicke, aber ihre Tochter zupfte an ihrem Shirt und der Bann war gebrochen. Immer wenn wir uns ansahen, fühlte es sich merkwürdig an und ich fragte mich, ob es nur mir so ging, oder ob sie es ebenfalls bemerkte. Nach dem Ende der Animation gingen wir zurück auf unser Zimmer und planten den morgigen Tag. „Das Auto können wir um 10 Uhr abholen. Lasst mich kurz auf der Karte nachschauen, wo genau", sagte mein Vater und ließ sich auf unserem Balkon nieder. Es war eine laue Sommernacht, auf den Kanaren immer etwas kühler als bei uns und trotzdem war es zu Schade, direkt ins Bett zu gehen. Wir waren mit unseren Getränken nach oben gegangen und machten es uns hier gemütlich, weniger Trouble und ein netter Ausklang vom Tag. Die Grillen zirpten unerlässlich, während mein Vater die Karte studierte, was ihm aufgrund der mangelnden Beleuchtung schwerfiel. Nachdem er zum wiederholten Male fluchte, griff ich nach meinem Handy und schaltete die Taschenlampe an. „Danke", nuschelte er und fuhr mit seinem Finger die Straßen ab. Die verknitterte Karte war trotz des Lichts schwer erkennbar, da die Qualität zu wünschen übrigließ, aber nach einer guten Minute entdeckt mein Vater unser Hotel und den Abholpunkt des Autos. „Dort", sagte er erfreut und wir beugten uns zur Karte hinab. „Das ist ja wirklich nicht weit", meine Mutter schätze die Entfernung ab, ich sah es ihr genau an, „Höchstens 10 Minuten zu Fuß." Innerlich stöhnte ich bereits, aber meine Eltern freuten sich so sehr auf diesen Ausflug, dass ich nichts weiter dazu sagte. „Wir sollten spätestens um 9 Uhr Frühstücken, somit können wir zeitig los", meinte mein Vater und ich verkniff mir ein erneutes Stöhnen. Das bedeutete wohl, dass wir früh aufstehen mussten. „Freust du dich gar nicht?", hakte meine Mutter plötzlich nah, als ich noch immer nichts sagte. „Doch klar", ich presste die Lippen aufeinander und fügte hinzu, „Aber ich schaffe es zum Zumba, oder?" „Zumba ist erst um 18 Uhr, wir sind spätestens um 16 Uhr zurück im Hotel", sagte meine Mutter voller Optimismus. „Ich nehme dich beim Wort", witzelte ich und meine Eltern lachten, „Vor zwei Tagen hat das auch schon nicht geklappt." „Warum bist du nur immer so pessimistisch? Wir haben Urlaub, Sport kannst du auch zu Hause machen. Diesen Ort wirst du vermutlich nicht so schnell wiedersehen! Schau doch mal hier die Bilder!", meine Mutter hielt mir ihr Smartphone unter die Nase und das flackernde Bild brannte in den Augen. Der Helligkeitskontrast bereitete mir Kopfschmerzen und ich drückte das Handy fort: „Ich kenne die Bilder, Mama." „Und es sieht toll dort aus, oder etwa nicht?!", wieder blühte sie vor lauter Tatendrang auf und begann wie von der Tarantel gestochen zu erzählen. Ich durfte mir für die nächste halbe Stunde alles über unser Ausflugsziel anhören, was jeden Fremdenführer vor Neid erblassen ließ und erfreute mich über die Tatsache, als sie endlich müde wurde und wir zu Bett gingen. Die Erlebnisse und Anstrengungen des Tages ließen mich schnell einschlafen und wilde Träume empfingen mich für diese Nacht. Würde das wohl irgendwann mal aufhören?

Summer Breeze - Like the feeling of a thousand butterflies (girl x girl)Where stories live. Discover now