Entscheidung des Schicksals

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Nachdem wir die Geräusche der Schlacht hören, kann man auch schon die entfernten Schlachtfelder vor Minas Tirith erkennen, zumindest mit Elbenaugen. Feuer und Rauch steigt von der Stadt auf, nun besser zu sehen, da es langsam dunkel wird.
"Wie lange brauchen wir noch?", frage ich Aragorn mit vor Anspannung zitternder Stimme.
"Bei diesem Wind noch die Nacht durch. Im Morgengrauen sind wir da."
Wahrscheinlich brauchen wir zwar noch etwas länger, aber ich bemerke den beruhigenden Ton in seiner Stimme. 'Also noch bis zum nächsten Tag. Dann wird mein Schicksal entschieden.'

Doch endlich, Stunden später, kommt das Ufer in Sicht und meine Unruhe weicht tiefer Entschlossenheit. Die Nacht ist kalt und dunkel über uns hinweggezogen, sodass man die Feuer von Minas Tirith besonders gut sehen konnte.
Ich packe meinen Bogen fester und vergewissere mich erneut dass alles sitzt. Legolas neben mir schaut mich an und ich halte einen Moment inne. In seinen blauen Augen spiegelt sich die selbe Entschlossenheit wie bei mir, allerdings gemischt mit Sorge und Zweifel.
"Ich liebe dich", sage ich leise.
"Ich liebe dich auch", antwortet er und ein kleines Lächeln huscht über seine Lippen, dann wird er wieder ernst.
"Versprich mir dass du vorsichtig bist."
"Das werde ich. Aber du auch", erwidere ich und spüre einen Stich im Herzen.
Da kommen wir zu der Stelle an der wir von Bord gehen müssen und mein Blick fällt auf die Horde Orks, die ungeduldig auf uns wartet.
"Zu spät wie immer das Piratenpack. Hier gibt es Messerarbeit zu erledigen, kommt runter von euren Schiffen!", fordert einer der Orks spöttisch und wir springen über die Reling auf den festen Steinboden. Vorneweg schreitet Aragorn, Legolas und Gimli laufen links hinter ihm und ich ordne mich rechts ein, während wir auf die Orks zulaufen.
"Es sind genug für uns beide da, möge der bessere Zwerg gewinnen!", höre ich den Zwerg sagen, da erscheinen die Geister neben uns und die Orks versuchen wegzulaufen, doch sie werden überrannt. Ich schieße im Laufen Pfeile ab und renne mit den anderen aufs Schlachtfeld, während sich das Heer der grün schimmernden Geister von den Schiffen übers Wasser und an Land ergießt. Die Orks kreischen vor Angst und heben ihre Waffen, doch einer nach dem anderen wird niedergestreckt.
Rasch gelangen wir zu den anderen Teilen des Orkheeres und ich sehe riesige Olifanten einfach durch die Reihen an Reitern marschieren. Ich kenne ihr Aussehen nur aus Büchern, doch in Echt sind sie viel furchteinflößender. Auf ihrem Rücken tragen sie Nester voller Menschen, und ihre Stoßzähne sind gespickt mit Klingen und Spitzen. Unter ihren gewaltigen Füßen zermalmen sie Pferd und Soldat und ihr Brüllen hallt über das Feld.
Entsetzt beobachte ich wie Legolas auf einen solchen Olifanten zustürmt und in waghalsigen Aktionen beginnt an ihm hochzuklettern. 'Ich hoffe er weiß was er tut.'
Meine Aufmerksamkeit wird auf eine Gruppe von Orks gelenkt, die versucht mich anzugreifen und ich ziehe mein Schwert. Mit dem Bogen schlage ich die Orks zurück, um ihnen dann mit meiner Klinge den Rest zu geben. Plötzlich dringen die schrecklichen Geräusche der Schlacht mit solcher Macht auf mich ein, dass ich zusammenzucke und ich bemerke den Gestank nach Blut, Schweiß und Tod. Schreie, das panische Wiehern von Pferden, sowie das Klirren von Klingen und das Brechen von Knochen drängen sich in mein Bewusstsein und ich schnappe nach Luft.
Mit einem Ruck trenne ich einem heranstürmenden Ork den Kopf ab und stolpere über einen am Boden liegenden Körper. Von denen liegen hier viele, blutüberströmt und leblos. Bilder aus meinen Visionen schieben sich vor mein inneres Auge und ich erkenne die ganze Situation wieder. 'Nein! Nicht hier!'
Ich drehe mich herum, als plötzlich ein brennender Schmerz durch meinen Körper schießt und mir die Luft wegbleibt. Vor mir steht ein spöttisch grinsender Ork mit gelben Augen und grauer Haut. Sein stinkiger Atem schlägt mir ins Gesicht und ich versuche zu begreifen was ich gerade sehe.
"Stirb, Elbenweib!", zischt der Ork, da reiße ich mein Schwert hoch und stoße es ihm in die Brust. Röchelnd sackt er zu Boden und seine Klinge wird mit einem Ruck aus meinem Körper gezogen. Keuchend falle ich auf die Knie presse eine Hand auf die Wunde. Warmes Blut sickert zwischen meinen Fingern hindurch und der Schmerz pulsiert in Wellen durch meinen Körper. Mein Schwert rutscht mir aus der Hand und fällt neben mich. Es fällt mir schwer zu atmen und ich fühle Tränen auf meinem Gesicht. Alles um mich herum dreht sich und auf einmal liege ich auf dem Boden, um mich herum die Toten. Mühsam atme ich weiter, während der Schmerz droht mich zu überwältigen und meine Sicht verschwimmt. Blut tränkt meine Kleidung und sickert weiterhin aus der Wunde, was mir langsam auch das Leben entzieht. Furchtbar langsam. 'Also hatte Galadriel recht und meine Visionen sind wahr.' Meine Gedanken werden langsam und träge, Kälte breitet sich in mir aus und mir fallen immer wieder die Augen zu.
Das Letzte was ich höre, ist wie sich der Lärm der endenden Schlacht zu einem einzigen Schrei vereinigt, dann wird es dunkel um mich.

Legolas P.O.V.

Gerade töte ich den letzten Ork und schaue mit einem Triumphgefühl über das Schlachtfeld als der letzte Olifant von der Geisterarmee zu Boden gerungen wird. Wir sind gerade noch rechtzeitig gekommen, und obwohl wir viele Männer verloren haben, haben wir gesiegt. Zumindest dieses Mal.
Suchend schaue ich mich nach Gimli, Aragorn und Jedwiga um, doch ich entdecke nur Aragorn. Ein ungutes Gefühl beschleicht mich und ich erinnere mich an Jedwigas Visionen.
"Legolas! "
Der Schrei meines Freundes klingt dringend und augenblicklich renne ich zu Gimli hinüber. Doch was ich sehe, lässt mein Herz einen Schlag aussetzen. Jedwiga liegt, blass und mit geschlossenen Augen, bewegungslos in ihrem eigenen Blut auf dem Rücken, neben ihrem Schwert. In ihrer Kleidung klafft ein blutgetränktes Loch und gibt den Blick auf eine üble Wunde in ihrem Bauch frei.
"NEIN!"
Mein Schrei hallt über das gesamte Schlachtfeld und ich lasse achtlos meinen Bogen fallen als ich neben sie stürze. Ihr lebloser Körper ist kühl unter meiner Berührung und ein schmales Blutrinnsal fließt aus ihrem Mund. Ich nehme ihren Kopf auf meinen Schoß und streiche ihr verzweifelt die Haare aus der Stirn.
"Jedwiga, bitte..."
Meine Stimme versagt und ich spüre die Tränen kommen. Da holt sie zitternd Luft und öffnet schwach ihre blauen Augen.
"Le-legolas", sagt sie kaum hörbar und ich schaue sie unverwandt an.
"Ich bin hier", flüstere ich mit erstickter Stimme und schlucke.
"Ich bin bei dir."
Sie lächelt schwach und ich greife nach ihrer Hand.
"Du lebst", haucht sie, dann holt sie Luft um weiterzusprechen.
"Die Schlacht ist zu Ende. Wer hätte das gedacht..."
Sie hustet und ringt nach Luft. Es tut mir weh sie so zu sehen, mein Herz verkraftet es kaum.
"Wir haben gewonnen, Jedwiga. Wir haben die Orks besiegt", sage ich und umklammere ihre Hand fester. Ihr Körper ist so kalt.
"Doch mit mir geht es zu Ende", wispert sie und schluckt.
"Nein!", will ich protestieren, doch sie drückt schwach meine Hand.
"Du kannst nichts dagegen tun. Es steht bereits in den Sternen geschrieben."
Ihr Blick wandert gen Himmel, so als könne sie die Sterne tatsächlich sehen.
"Bitte, sieh mich an, bleib bei mir. Du darfst mich nicht alleine lassen!", flehe ich und ihr Blick fixiert mich wieder. 'Das können die Valar mir nicht antun!'
"Ich muss. Das Leben in mir schwindet bereits. Es fällt mir schwer die Augen offen zu halten..."
Wieder hustet sie und mehr Blut rinnt aus ihrem Mundwinkel.
"Ruhe dich aus, Aragorn ist hier, er wird-"
"Legolas! Es ist zu spät. Er kann nichts mehr tun."
Sie hebt ihre blutverschmierte Hand und legt sie mir an die Wange.
"Versprich mir dass du bleibst bis das Ende kommt. Versprich mir dass du mir nicht folgst bevor der Krieg vorbei ist. Denn sie brauchen dich."
"Nein", erwidere ich mit Tränen in den Augen.
"Ich brauche dich. Ohne dich habe ich keinen Grund mehr zu leben, bitte. Bleib bei mir."
Doch sie schüttelt den Kopf.
"Es ist zu spät. Versprich es mir, Legolas."
Ich nicke und halte ihre Hand fest.
"Danke."
Sie lächelt erneut.
"Ich liebe dich, Legolas Grünblatt."
Ich atme zitternd ein und fühle den Schmerz in meiner Brust.
"Ich liebe dich auch, Jedwiga."
Verzweiflung kommt in mir hoch als Jedwiga mich anschaut und ich erkenne wie nah dem Tod sie schon ist.
"Es wird dunkel", haucht sie schwach.
"Jetzt sehe ich meine Eltern wieder."
Da holt sie zitternd Luft, ihre Brust hebt sich ein letztes Mal, dann wird ihr Blick trübe bevor sie die Augen schließt und einfach aufhört zu atmen. Ihre Hand wird schlaff und hinterlässt blutige Spuren auf meiner Haut, doch das ist mir egal. Geschockt starre ich sie an, und mein Herz bricht. Ein scharfer, stechender Schmerz dringt in meine Brust und ich schließe die Augen. Tränen tropfen auf den toten Körper meiner Verlobten hinunter und meine Augen frieren ein.
"NEEEEIN!", schreie ich meinen Schmerz hinaus und schaue Jedwiga wieder ins Gesicht. Zitternd lege ich eine Hand an ihre Wange, beuge mich zu ihr hinunter und gebe ihr einen Kuss auf die Stirn, dann lasse ich sie los und stehe auf. Ich spüre wie mein Gesicht einen harten, abweisenden Ausdruck annimmt und meine Augen so kalt wie Eis werden. 'Nun bin ich wie mein Vater.'
Regungslos schaue ich auf den Körper der Elbe, die ich am meisten in meinem Leben geliebt habe, hinab und sehe nun auch den enthaupteten Ork neben ihr. An der Klinge seines Schwertes glänzt frisches, rotes Blut, das Blut von Jedwiga.
"Lego-", will Aragorn mich ansprechen, doch hält inne als er Jedwiga sieht. Ich drehe mich zu ihm um.
"Sie ist tot."

Die Geschichte von JedwigaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt