Wieder vereint

2.2K 112 14
                                    

Zielstrebig führe ich uns zum Arbeitszimmer meines Vaters durch die hellen Gänge von Bruchtal. Die Sonne scheint warm zu den vielen Fenstern herein und ein frischer Wind weht den Geruch von Blumen und Wald zu uns.
Während wir laufen, erzähle ich Legolas ein paar Dinge über die Geschichte von Bruchtal und wir reden über manche der schönen Bauten.
Schließlich kommen wir zu Elronds Arbeitszimmer, dessen Tür nur leicht angelehnt ist. Ich klopfe zweimal und drücke dann vorsichtig die Tür auf.
"Ada?"
"Ich bin hier hinten! Kommt ruhig herein."
Wir folgen seiner Aufforderung und betreten das Zimmer.
Der Geruch nach Büchern, Tinte und Kerzenwachs umgibt uns und ich erinnere mich an meinen Traum, in dem ich mit meinem Vater gesprochen habe. Ein Lächeln bildet sich auf meinen Lippen, da kommt Elrond durch eine andere Tür, die zu seiner privaten Bibliothek führt, zu uns.
"Setzt euch doch. Ich wollte mit euch sprechen, einerseits über die Geschehnisse in Mittelerde, andererseits auch über euch."
Wir lassen uns gemeinsam auf drei Stühlen nieder und Elrond lehnt sich zurück.
"Vor einigen Tagen kamen hier vier Halblinge und ein Mensch an. Arwen hat sie bei den Trollhöhen gefunden. Einer von ihnen wurde durch eine Morgulklinge verletzt, aber es wird ihm bald besser gehen."
"Eine Morgulklinge? Ich dachte, diese Waffen gäbe es in der lebenden Welt nicht mehr?"
"Das ist richtig, normalerweise existieren sie nur in der Totenwelt. Aber die neun Ringgeister von Sauron sind wieder zurück."
Sofort wird Legolas hellhörig, während ich nicht viel von dem verstehe, was mein Vater sagt. Ich weiß nur, dass Morgulklingen die Kraft haben, denjenigen, den sie verwunden, in die Welt der Geister hinüberzuziehen und deswegen sehr gefährlich sind.
"Und wer sind diese Halblinge?", frage ich neugierig nach.
"Frodo Beutlin, er wurde verletzt, Samweis Gamdschie, Meriadoc Brandybok und Peregrin Tuk. Frodo ist der Neffe von Bilbo."
Ich nicke, Bilbo habe ich ja schon einmal kennengelernt.
"Und wer hat jetzt den Einen Ring gefunden?"
"Genaugenommen war es Bilbo, der ihn fand, aber er gab ihn an Frodo weiter und nun ist er hier. Wir müssen entscheiden was mit ihm geschieht, das ist der Grund weshalb auch du hier bist, Legolas Grünblatt."
Der Angesprochene nickt langsam und mein Vater lässt seinen Blick zwischen uns hin und her wandern.
"Es wird wahrscheinlich eine Gemeinschaft geben die den Ring zerstören soll. Aber es wird sich noch zeigen, was letztendlich entschieden wird."
Sein Blick bleibt an meiner linken Hand hängen, wo der Ring immernoch an meinem Ringfinger steckt. Ein Lächeln breitet sich auf dem Gesicht meines Vaters aus, als er auch an Legolas' linker Hand einen Ring entdeckt.
"Es freut mich das zu sehen."
Legolas schaut mich liebevoll an und greift nach meiner Hand. Ich lächle ihn an.
"Danke Ada."
Da klopft es an der Tür und ein Elb tritt ein. Er verneigt sich kurz in meine und Legolas' Richtung, dann richtet er sich mit ernster Stimme an meinen Vater.
"Herr Elrond, dem Halbling geht es wieder schlechter."
Augenblicklich ist mein Vater auf den Beinen und geht zur Tür.
"Verzeiht, aber da muss ich nachsehen. Bis heute Abend."
Dann sitzen wir auch schon alleine im Zimmer und Elrond ist weg.
"Und was machen wir bis dahin?", fragt Legolas mich und hebt fragend eine Augenbraue. Ich lehne mich zu ihm und gebe ihm einen kurzen Kuss auf den Mund.
"Wie wäre es mit einem Spaziergang durch Bruchtal? Ich könnte dir alles zeigen wenn du magst und wir wären den ganzen Tag zusammen."
"Mhm, das hört sich gut an", murmelt er und küsst mich sanft. Ich löse mich von ihm und stehe auf.
"Dann komm", meine ich mit einem Lachen und strecke ihm meine Hand entgegen. Er ergreift sie lächelnd, steht auf und folgt mir aus dem Arbeitszimmer heraus zurück auf den Gang. In einem gemütlichen Tempo schlendern wir durch Bruchtal, während ich ihm alles erkläre und seine Fragen beantworte.
Ich bin stolz auf mein Zuhause, obwohl nicht ich es war, die es erbaut hat. Doch Legolas das Tal zu zeigen und das Leuchten in seinen Augen sehen zu können, reicht mir schon vollkommen aus.
Schließlich kommen wir auf einen sonnigen Balkon mit wundervoller Sicht auf den Fluss, der an Bruchtal vorbeifließt und die Bäume dahinter. Auf einer weißen Bank sitzt ein kleines, runzeliges Männchen mit weißem, krausen Haar und großen, behaarten Füßen. Es hat ein rotes Buch auf dem Schoß und schreibt mit einer Feder konzentriert etwas hinein. Als wir auf den Balkon treten schaut es auf und ich erkenne ihn.
"Bilbo? Bilbo Beutlin aus dem Auenland?", frage ich ihn und er kneift erst die Augen zusammen, doch dann scheint er mich zu erkennen und seine Miene hellt sich auf. Er ist alt geworden seit ich ihn das letzte Mal sah.
"Jedwiga! Es ist lange her dass ich dich das erste Mal gesehen habe, aber meine Augen haben dich nie vergessen."
Ich lache leise und Legolas wirft mir einen fragenden Blick zu.
"Ach ja, Bilbo, das ist Legolas, er ist mein Verlobter. Er ist der Sohn von König Thranduil, ich glaube den hast du schon kennengelernt."
"Das ist richtig", antwortet Bilbo und seine Augen glitzern fröhlich.
"Ich war damals derjenige, der die Zwerge aus ihren Zellen gelassen hat", sagt er mit einem Zwinkern zu Legolas. Dieser grinst und Bilbo lacht.
"Mein Vater war sehr erbost darüber. Den ganzen Tag lang hat er geschimpft", erzählt Legolas und ich muss bei dieser Vorstellung grinsen.
"Ja, ich traf ihn in den Ruinen von Thal, vor der Schlacht. Er sah wirklich nicht erfreut aus", meint Bilbo und klappt das Buch zu.
"Wie geht es dir?", frage ich ihn.
"Soweit ganz gut, aber das Alter macht sich bemerkbar", meint er lachend und ich lächle. Wir plaudern noch eine Weile lang, bis Legolas plötzlich einen Arm um meine Taille legt und mich zu sich zieht.
"Ich sehe schon, euch geht es gut zusammen. Wann wird denn die Hochzeit sein?"
Bei dieser Frage schauen Legolas und ich uns an.
"Ich... darüber haben wir noch gar nicht nachgedacht."
Da lacht Bilbo.
"Vielleicht macht ihr das mal, aber am besten nach der Sache, die hier vor sich geht."
Legolas streicht mir liebevoll übers Haar und ich lehne meinen Kopf gegen seine Schulter.
"Jedwiga, Legolas! Da seid ihr endlich. Wo habt ihr denn gesteckt?"
Ich drehe mich erstaunt herum und sehe Arwen auf uns zu kommen.
"Arwen! Dir auch einen schönen Tag", meine ich lachend und Arwen grinst. Sie begrüßt Bilbo kurz, dann hakt sie sich bei mir ein und zieht mich vom Balkon.
"Tut mir leid Bilbo, Legolas, aber ich muss sie eben entführen!"
Der weißhaarige Hobbit winkt nur milde lächelnd ab, aber Legolas wirkt etwas überrumpelt und schaut uns verwirrt hinterher.
"Keine Sorge, meine Liebe. Es war schön dich noch einmal wiederzusehen, Jedwiga", meint Bilbo.
"Finde ich auch!", rufe ich ihm noch zu, dann zieht Arwen mich aufgeregt weiter, bis wir in ihren Raum kommen und sie die Tür hinter uns schließt.
"Entschuldigung dass ich dich einfach so von den beiden weggezogen habe, aber ich wollte dich unbedingt alleine sprechen. Legolas hätte mich für verrückt erklärt", plappert sie aufgeregt und schaut mich strahlend an.
"Und jetzt erzähl, in deinem Brief hast du dich ja so unglaublich kurz gehalten. Als ich den gelesen habe, konnte ich es erst nicht glauben."
Ich lächle sie sanft an und nehme ihre Hand.
"Arwen, ganz ruhig. Was ich dir in dem Brief geschrieben habe ist wirklich passiert! Er hat mir wirklich einen Heiratsantrag gemacht!"
Ihre Augen werden groß, dann fällt sie mir stürmisch um den Hals.
"Oh Jedwiga! Ich freue mich ja so für dich."
"Danke", krächze ich, da meine Schwester mich so fest drückt, dass ich kaum Luft bekomme. Als sie das bemerkt lockert sie ihre Umarmung und ich atme erleichtert auf.
"Ich freue mich wirklich sehr für dich", wiederholt sie mit leuchtenden Augen.
"Ich hätte das niemals gedacht, ich meine, du warst früher ja immer so... du weißt schon. Aber das ist wundervoll!"
Sie nimmt meine Hände und bemerkt den Ring an meiner linken Hand.
"Du musst mir alles erzählen!", fordert sie und zieht mich zu ihrem Bett, wo wir uns hinsetzen.
Da beginne ich zu erzählen, von dem was sich vor knapp einer Woche erst ereignet hat und Arwen hört mir gespannt zu.
"Und was hat Vater dazu gesagt?"
"Er freut sich für uns, genauso wie du."
"Das glaube ich nicht, ich freue mich viel mehr für euch!"
Wir lachen gemeinsam bis meine Schwester schließlich energisch aufsteht und mich ebenfalls auf die Füße zieht.
"So, jetzt gehst du aber wieder zu deinem Liebling zurück, sonst wird der noch eifersüchtig."
Lachend lasse ich mich von ihr zur Tür und auf den Gang schieben.
"Na gut, ich gehe ja schon. Bis heute Abend."
Mit einem Winken laufe ich wieder zu dem Balkon zurück, auf dem ich Legolas gelassen habe.

Die Geschichte von JedwigaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt