Ist es echt?

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Doch leider endet dieser Moment nach einiger Zeit, da ich gähnen muss und Legolas mich daraufhin amüsiert ansieht.
"Na, was war das denn?", neckt er mich und betrachtet beinahe liebevoll mein Gesicht. 'Ist das jetzt gespielt oder echt?' Mittlerweile bin ich vollkommen verwirrt von dieser ganzen Scheinbeziehung, doch gleichzeitig weiß ich eine Sache ganz sicher: ich habe mein Herz an den Prinzen des Düsterwaldes verloren. Und ich habe keine Ahnung was das für mich bedeutet, ob das nun gut oder schlecht ist.
In mir tobt ein Sturm, ein Kampf um die Vorherrschaft in meinem Geist. Liebe oder Vorsicht? Freude oder Hass? Trauer oder Glück?
"Ich bin nur müde, sonst nichts."
Legolas schmunzelt und schiebt mich sanft von seinem Schoß, damit er aufstehen kann.
"Vater, wir entschuldigen uns."
Thranduil nickt wohlwollend und Legolas nickt der Frau knapp zu. Auch ich verabschiede mich von den beiden, dann nimmt mich Legolas wieder an der Hand und wir gehen zu meinem Zimmer.
Doch als ich mich schon von ihm vor meiner Zimmertür verabschieden will, kommt er einfach mit hinein.
"Hey, Legolas, was soll da-"
Da legt er einen Finger an die Lippen und schließt die Tür hinter sich.
"Es ist uns jemand gefolgt. Deshalb dachte ich mir, dass ich zu dir mit ins Zimmer komme."
Er zwinkert mir vielsagend zu und ich erröte, als ich begreife, wonach das aussieht.
"A-aber...", stammele ich und schaue ihn nicht an. Da lacht er leise.
"Keine Sorge. Ich gehe gleich wieder, damit keine Gerüchte aufkommen. Aber es hat etwas gebracht!" 
Er strahlt mich an und das Leuchten in seinen Augen ist wieder zu sehen.
"Das ist gut", meine ich nur und er stutzt bei meinem Ton.
"Ist irgendetwas? Du hast ganz wenig gesagt, seit wir in den Speisesaal gekommen sind. Ist es wegen dieser... Scheinbeziehung?"
Besorgt schaut er mich an und in seinem Blick liegt so etwas wie Angst. Doch ich schüttele den Kopf.
"Nein, das nicht. Ich finde das... äh, ich bin einfach nur müde. Es waren anstrengende Tage und ich bin ja noch nicht wieder ganz gesund."
Sofort entspannt er sich und seufzt erleichtert.
"Und ich dachte schon du wärst sauer. Ich übertreibe es doch nicht, oder?"
Auf diese Frage weiß ich keine Antwort und schaue ihn nur wortlos an. Dann schüttele ich langsam den Kopf.
"Nein", hauche ich beinahe lautlos, doch da klopft es an der Tür.
"Herein", rufe ich etwas lauter und die Heilerin, die nach mir sehen soll, öffnet die Tür.
Als sie Legolas bei mir sieht, bleibt sie erst verblüfft stehen, doch dann fasst sie sich wieder.
"Guten Abend Herr Legolas. Guten Abend Herrin Jedwiga."
Er nickt ihr lächelnd zu, dann beugt er sich zu mir herunter und flüstert mir ins Ohr:
"Ich hole dich morgen früh so gegen Mittag ab. Gute Nacht."
Dann spüre ich seine Lippen flüchtig auf meiner Wange, bevor er sich umdreht und zur Tür läuft. Ein letztes Mal dreht er sich zu mir herum und lächelt. Ich lächle zurück und er verlässt den Raum.
Die Heilerin schaut mich warm an.
"Wir machen schnell, dann könnt ihr gleich wieder zu ihm."
Ich senke lächelnd den Kopf und erröte. Die Heilerin fängt schnell an und geht mit mir ins Bad, und nach zwanzig Minuten sind wir fertig.
Sie verabschiedet sich lächelnd und geht aus dem Zimmer hinaus. Einen Moment lang stehe ich wie betäubt im Raum, bis ich mich bewege und mich ins Bett lege.
Erst glaube ich nicht, dass ich werde einschlafen können, doch dann übermannt mich der Schlaf.

Ich bin diesmal in Bruchtal und im Arbeitszimmer meines Vaters. Dieser steht am Fenster und scheint mich nicht zu bemerken.
"Ada?"
Da dreht er sich zu mir um und lächelt sanft.
"Jedwiga, meine Tochter."
"Ist das hier ein Traum?", frage ich ihn, weil es mir zu real vorkommt.
"Gewissermaßen ja, aber nicht ganz. Ich habe Kontakt zu dir aufgenommen."
"Und warum hast du das nicht schon vorher gemacht?"
"Da brauchtest du es noch nicht, aber jetzt benötigst du meinen Rat."
Ich muss einen Moment lang überlegen, doch dann fällt es mir wieder ein.
"Ja, das stimmt. Ich weiß nicht was ich tun soll."
Elrond hört mir aufmerksam zu und unterbricht mich nicht.
"Ich habe hier, im Düsterwald, den Prinzen kennengelernt, und es scheint fast so, als würde ich... ihn lieben."
"Wo liegt dann das Problem?", fragt Elrond mit einem Lächeln und ich verdrehe die Augen.
"Ada, wie soll ich es ihm sagen?"
"Mag er dich denn auch?"
"Nun ja..."
"Meinst du, er wird deine Liebe erwidern?"
"Ja, aber-"
"Dann ist es doch klar."
Elrond geht auf mich zu und legt mir beide Hände auf die Schultern.
"Wenn es der richtige ist, dann sag es ihm. Morgen hast du dafür eine perfekte Gelegenheit."
"Ist es denn in Ordnung für dich?"
"Solange du glücklich bist, ist mir alles recht."
Ich will noch etwas sagen, doch da verblasst der Traum auch schon und ich versinke in traumloser Dunkelheit.

Am nächsten Morgen wache ich auf und bleibe erstmal im Bett liegen. 'Ich muss es ihm sagen, sonst werde ich noch verrückt.' Da klopft jemand an die Tür, doch wartet nicht bis ich antworte sondern kommt sofort herein. Es ist die Heilerin.
"Auf auf! Der Prinz wünscht, dass ihr zur Mittagszeit fertig seid und ihr habt nur noch eine Stunde!"
Sie scheucht mich energisch aus dem Bett und hört gar nicht auf meine Proteste. Schnell versorgt sie meine Wunde und gibt mir noch einmal etwas gegen die Schmerzen, obwohl meine Schulter nicht mehr wehtut und ich den Arm wieder bewegen kann.
Nachdem ich gebadet und mich umgezogen habe, wuselt die Heilerin aus meinem Zimmer hinaus und lässt mich verdattert auf dem Bett sitzen. 'Was war das?' Da klopft es an der Tür und ich erhebe mich sofort.
Nach meiner Antwort öffnet sich die Tür und Legolas tritt herein, ein strahlendes Lächeln auf den Lippen.
"Guten Morgen", begrüßt er mich und schließt die Tür hinter sich.
Dann kommt er zu mir und nimmt mich in den Arm. Überrascht murmele ich eine Begrüßung in sein Hemd zurück und er lacht. Langsam lässt er mich los und grinst mich schief an.
Seit er mit mir diese Scheinbeziehung führt, wirkt er um Jahre jünger, viel lebhafter und auch schöner.
"Wie hast du geschlafen?"
"Gut, danke der Nachfrage. Und du?"
"Auch gut. Hast du Hunger?"
Ich nicke und wir verlassen mein Zimmer in Richtung Küche. Diesmal greife ich nach seiner Hand und wir laufen wieder Händchen haltend nebeneinander her. In der Küche ist wieder Feala, die bei unserem Anblick anfängt zu strahlen. Sofort macht sie uns etwas zu essen und wir setzen uns an den Tisch.
"Legolas."
"Hm?"
"Was machen wir heute?"
"Mein Vater hat für heute Abend ein Fest geplant, zu dem wir selbstverständlich eingeladen sind. Es beginnt zwei Stunden vor Sonnenuntergang, wir haben also noch Zeit für andere Dinge."
Ich nicke langsam und lächle Feala zu, die uns etwas zu essen hinstellt.
"Bitte sehr. Lasst es euch schmecken."
Sie dreht sich herum und widmet sich wieder ihrer Arbeit. Schweigend essen Legolas und ich das Essen.
Als wir fertig sind führt mich Legolas durch die Höhle zum Haupttor.
"Wo gehen wir denn hin?", frage ich ihn mit einem Lächeln. Doch er schaut mich nur von der Seite her an und grinst.
"Das wirst du schon früh genug sehen."
Damit gehen wir schweigend weiter, und auch als wir aus dem Tor hinausgehen, lässt Legolas meine Hand nicht los, und ich auch nicht.
Man könnte wirklich glauben, dass der Prinz und ich ein Paar sind.'Und vielleicht sind wir das ja ab heute Abend auch. Wenn ich mich traue.' Mit diesem Gedanken folge ich Legolas durch den Wald, bis wir zu einer wunderschönen grünen Lichtung kommen, die allerdings weit von unserer Trainingslichtung entfernt ist. Mit vor Staunen großen Augen löse ich mich sanft von Legolas und trete ehrfürchtig auf die Wiese.
Die hohen Bäume um die Lichtung herum lassen das Sonnenlicht durch die Blätter scheinen und malen Flecken auf den Boden und die Umgebung. Der Wind rauscht in den Wipfeln und Vögel singen um uns herum. Lachend drehe ich mich auf der Wiese im Kreis, ohne dass ich weiß warum ich das tue.
Da steht Legolas neben mir, lacht ebenfalls und wir stehen nebeneinander auf der Lichtung und schauen hoch in die Baumkronen. Und da weiß ich, dass dies der richtige Moment ist, um es ihm zu sagen, aber die Worte wollen nicht kommen. Also schweige ich weiterhin.

Die Geschichte von JedwigaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt