Edoras

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Schon bald kommen wir in Edoras an, bringen unsere Pferde in die Ställe und Diener des Königs weisen uns einigen Zimmern zu, damit wir und waschen und umziehen können. Am Abend soll ein Fest stattfinden, zum Gedenken an die Toten, aber auch zum Feiern unseres Siegs in Helms Klamm.
Jedwigas Zimmer liegt leider sehr weit von meinem entfernt, was wahrscheinlich daran liegt dass sie eine Frau ist. Ich verabschiede mich für die paar Stunden von ihr und schließe die Tür zu meinem Zimmer. Hinter einer Trennwand wurde eine hölzerne Wanne mit heißem Wasser gefüllt und ich beschließe ein Bad zu nehmen um den Dreck und die Strapazen der Reise von meinem Körper zu waschen.
Das heiße Wasser fühlt sich angenehm an und ich seufze unwillkürlich vor Wohlbehagen als ich mich hineingleiten lasse. Während ich so daliege denke ich an Jedwiga, die Schlacht, Gandalf und die Zukunft der Gefährten. 'Wo Frodo wohl gerade ist?' Meine Gedanken schweifen aber auch zurück nach Hause und mit einem sehnsüchtigen Gefühl sehe ich meine Heimat vor meinem inneren Auge. Die grünen Wipfel der Bäume, die Äste, auf denen ich so oft durch den Wald gelaufen bin, die Wiesen auf den hellen Lichtungen und der Fluss, der rauschend durch das Königreich fließt.
Doch schließlich wasche ich mich und steige aus der Wanne, in der das Wasser nun kalt geworden ist. Gerade bin ich dabei mich anzuziehen, als es an der Tür klopft und diese geöffnet wird. Ich hebe überrascht den Kopf, als sich plötzlich zwei Arme von hinten um mich schlingen und jemand sich an mich schmiegt. Erleichtert merke ich dass es Jedwiga ist und muss lächeln als sie ihre Wange gegen meinen nackten Rücken lehnt.
"Ich wollte mich gerade anziehen", sage ich sanft, aber da hält Jedwiga mich noch mehr fest.
"Ne", murmelt sie und ich seufze, muss aber grinsen.
"Schatz, ich trage kein Hemd", versuche ich es erneut und spüre wie Jedwiga langsam ausatmet.
"Egal."
'Das war nicht die Antwort die ich erwartet habe.'
"Bitte?"
Nun seufzt Jedwiga und lässt mich los, sodass ich mir mein Hemd überziehen kann.
"Danke", sage ich lächelnd und drehe mich zu ihr herum. Mein Atem stockt bei ihrem Anblick, es ist schon ewig her dass ich sie zuletzt im Kleid gesehen habe, und auch wenn dieses hier einfach nur weiß ist, sieht sie wunderschön darin aus. Ihre Haare hat sie lediglich mit zwei Strähnen nach hinten gebunden und sie scheint ebenfalls gebadet zu haben. Ein Lächeln umspielt ihre Lippen und ihre blauen Augen schauen mich wach und voller Leben an. Wortlos trete ich auf sie zu und küsse sie auf die Lippen, ganz sanft und behutsam. Sofort erwidert sie den Kuss und ich ziehe sie mit einer Hand an der Taille näher zu mir. Doch schon kurz darauf müssen wir uns voneinander lösen, denn das Fest beginnt bald.
Hand in Hand gehen wir die Gänge entlang und ignorieren die Blicke der Menschen, die uns entgegen kommen.
"Wie sieht so ein Fest der Menschen aus?", fragt Jedwiga mich und ich zucke mit den Schultern.
"Ich war noch nie auf einem, aber ich habe gehört sie seien laut und, wenn man genug getrunken hat, auch lustig. Aber ansonsten weiß ich es auch nicht", antworte ich, da betreten wir die Festhalle. Es sind viele Tische und Bänke aufgestellt worden, große Fässer stehen bereit und Fackeln tauchen den Raum in warmes Licht. In der Mitte des Raums wird ein Schwein an einem Spieß über einem Feuer gebraten und der Geruch erfüllt die Luft. Viele Menschen sitzen bereits mit Bierkrügen in der Hand an den Tischen und unterhalten sich leise. Ich lehne mich an eine verzierte Säule und lege beide Arme um meine Verlobte, als Théoden in den Saal kommt. Er setzt sich auf seinen Thron und seine Wache stellt sich neben ihn. Eówyn tritt mit einem goldenen Kelch in der Hand vor den Thron und reicht ihn ihrem König mit gesenktem Haupt. Langsam nimmt er ihn in die Hand und schaut ernst nach vorne, dann steht er auf und alle anderen erheben sich ebenfalls, während Eówyn wegtritt. Théoden hält den Kelch vor sich und beginnt mit fester Stimme zu sprechen.
"Heute Nacht gedenken wir all denen, deren Blut vergossen wurde um dieses Land zu schützen. Heil den glorreichen Toten."
Alle heben ihre Krüge und grüßen mit einem lauten "Heil!" zurück. Dann trinken alle und ich entdecke Aragorn ganz vorne in der ersten Reihe. Auch er hat einen Krug in der Hand und trinkt, anders als Jedwiga und ich. Dennoch senke ich den Kopf und verabschiede die gefallenen Soldaten auf meine Weise, da beginnt das Fest. Es wird gesungen, gelacht, gegessen und getrunken, und es herrscht eine lebendige Atmosphäre. Die Luft pulsiert förmlich vor Leben und wohin man blickt sieht man Spaß in den Gesichtern der Menschen. Da kommen Gimli und Éomer zu uns und der Zwerg grinst in seinen Bart hinein.
"Er sieht nicht so aus als würde er viel aushalten", meint er zu Éomer und dieser nickt zustimmend.
"In der Tat."
Verwirrt runzele ich die Stirn und lasse Jedwiga sanft los.
"Vielleicht ja doch. Komm", fordert Gimli mich auf und ich folge ihm, nachdem ich mich vergewissert habe, dass Jedwiga nichts dagegen hat. Der Mensch und mein Freund führen mich zu einem Tisch, neben dem ein gewaltiges Fass steht. Mir wird von Éomer ein Krug voller Bier gegeben und er reicht auch Gimli einen.
"Keine Pausen. Kein Spucken", erklärt er und ich schaue mir den Krug in meiner Hand an.
"Es ist also ein Trinkspiel?", frage ich nach und der Zwerg antwortet bevor er beginnt zu trinken.
"Der letzte der steht gewinnt!"
Und schon verschwindet sein Gesicht in dem Krug und er trinkt, während ich an dem Krug schnuppere. Es riecht anders als der Wein meines Vaters, und ich nehme einen Schluck.

Jedwiga P.O.V.

Ich beobachte wie Gimli und Legolas das Trinkspiel beginnen und grinse. Mein Verlobter ist ein Hochelb, und Hochelben werden von Bier und anderen alkoholischen Getränken nur sehr schwer beeinflusst. Aber anscheinend weiß der Zwerg das nicht.
Das Gesicht von Legolas während er das Bier in einem Zug wegtrinkt, ist einfach zu komisch, und ich kann mir ein Lachen nicht verkneifen. Da schaut er zu mir und grinst, bevor er den nächsten Krug trinkt. Schnell wird es mir zu langweilig bei diesem Spiel zuzuschauen und ich entferne mich von dem Tisch. Ich bahne mir einen Weg durch die Menge und entdecke Aragorn, der ebenfalls durch den Raum geht. Bis ihm Eówyn über den Weg läuft. Grinsend wende ich mich von den beiden ab und sehe, wie Merry und Pippin gerade auf einen Tisch klettern um ein Trinklied anzustimmen. Beide haben einen Bierkrug in der Hand und beginnen auch noch zu tanzen, was von den Umstehenden begeistert gefeiert wird.
Plötzlich legt mir jemand eine Hand auf die Schulter und ich zucke zusammen.
"Keine Sorge, ich bin es", sagt da die tiefe und ruhige Stimme von Gandalf und ich drehe mich zu ihm um. Der weiße Zauberer sieht mich warm an und lächelt leicht.
"Gandalf!", sage ich erfreut, aber gleichzeitig bekomme ich einen Kloß im Hals. Ich habe, seit er zurückgekehrt ist, noch immer nicht mit ihm gesprochen.
"Wie kann ich dir helfen?", frage ich nach und er mustert mich eingehend.
"Indem du mir sagst wie es dir geht", antwortet er und ich lächle.
"Sehr gut!"
"Wirklich?"
'Worauf will er denn hinaus?'
"Ja...", sage ich nun unsicher. Da winkt Gandalf ab und lächelt beruhigend.
"Später. Jetzt ist keine Zeit für Sorgen!"
Doch in seinen Augen sehe ich dennoch Sorge aufblitzen, komme aber nicht dazu ihn danach zu fragen. Wir reden noch eine Weile lang miteinander, bis Gandalf sich verabschiedet und geht. Ein wenig verdutzt bleibe ich stehen, denn das kam unvermittelt. Da umarmt mich jemand von hinten und ich fühle seine Lippen an meinem Ohr. Es ist Legolas, aber er wirkt doch etwas angetrunken.
"Und, hast du gewonnen?", frage ich ihn und drehe den Kopf, da küsst er mich. Überrascht erwidere ich den Kuss, bis er ihn beendet und ich mich zu ihm herumdrehen kann. Er schmeckt nach dem Bier das er getrunken hat.
"Ja, habe ich. Gimli ist einfach umgefallen", meint er grinsend und küsst mich erneut, aber dieses Mal verlangender. Seine Hände ziehen mich enger an ihn und ich schnappe nach Luft.
"Du solltest nichts mehr trinken", keuche ich, doch Legolas erstickt meine Worte und ich schließe seufzend die Augen. Ich spüre worauf der Kuss hinauslaufen wird und auch Legolas weiß das.
"Was dagegen wenn wir gehen?", fragt er mich und ich schüttele außer Atem den Kopf.
"Nicht im geringsten."
Da nimmt er mich an die Hand und wir schlängeln uns durch die Menge zur Tür. Wir schlüpfen auf den Gang und suchen uns einen ruhigen Ort an dem wir ungestört sind.

Die Geschichte von JedwigaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt