Ein Tag zu zweit

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Einige Zeit später laufe ich aufgeregt zum Speisesaal, in neuem Gewand und gebadet, und kann meinen Gang kaum ruhig halten, so sehr freue ich mich.
Da ruft mich leise eine mir wohlbekannte Stimme und mein Herz geht auf. Ich schaue nach oben rechts und erblicke Jedwiga, die in einem wunderschönen dunkelroten Kleid mit schwarzen Stickerein auf einem Weg über mir steht. Ein Lächeln breitet sich auf meinem Gesicht aus und ich gehe schneller zu der Stelle, an der sich die beiden Wege treffen. Dort erwartet mich Jedwiga auch schon und begrüßt mich mit einem Kuss.
Dann gehen wir mit ineinander verschränkten Händen den Weg entlang zum Speisesaal.
Die ganze Zeit über liegt ein glückliches Lächeln auf meinem Gesicht und mein Gang ist fröhlich und beschwingt. Jedwiga schaut mich von der Seite her an und lacht leise. Ihre Augen leuchten und auch sie sieht glücklich aus.
Gemeinsam betreten wir den Speisesaal, in dem sich bereits Goldon befindet, und ich will mich neben Jedwiga setzen, doch als sie Goldon sieht, erstarrt sie und bleibt stocksteif stehen. Besorgt versuche ich ihren Blick aufzufangen, aber sie starrt nur auf Goldon, der sie seinerseits erstaunt mustert.
"Was ist, geht es dir nicht gut?", frage ich sie.
"Doch, es geht mir gut. Ich dachte nur... nicht so wichtig."
Endlich setzt sie sich wieder in Bewegung, aber ihr Blick meidet nun den von Goldon und ich spüre, dass sie angestrengt über etwas nachdenkt.
Mein Freund verfolgt mit leicht zusammengekniffenen Augen ihre eleganten Bewegungen und wirft mir dann erst einen Blick zu.
Erst als ich meine Hand aus der von Jedwiga löse, um ihren Stuhl für sie zurückzuziehen, bemerkt er unsere verschränkten Finger überhaupt. In seinen Augen spiegelt sich nun Erstaunen und auch eine Frage, aber er lässt sich nichts anmerken. Stattdessen neigt er respektvoll den Kopf vor Jedwiga und wartet bis ich mich ebenfalls gesetzt habe.
Wir sitzen Goldon direkt gegenüber, doch Jedwiga starrt auf ihren Teller. Vorsichtig greife ich unter dem Tisch nach ihrer Hand, lehne mich zu ihr herüber und flüstere in ihr Ohr:
"Was ist denn los?"
Sie schaut mich an und schüttelt unmerklich den Kopf. Aber ich lasse nicht locker und lege fragend den Kopf schief.
Das bringt sie zum lächeln, da räuspert sich Goldon und schaut mich auffordernd an.
"Ach ja, Jedwiga, das ist Goldon, ein alter Freund von mir. Goldon, das ist Jedwiga, mit ihr bin ich zusammen."
Bei Goldons Namen schaut Jedwiga meinen Freund kritisch an und wirkt dann erleichtert.
"Alter Freund?", fragt dieser belustigt und hebt eine Augenbraue. Ich grinse und beginne etwas zu essen.
"Ihr seid die Tochter von Elrond aus Bruchtal, nicht wahr?", fragt Goldon höflich.
"Ja, in der Tat. Verzeiht mein Verhalten von gerade eben euch gegenüber."
"Schon vergessen. Darf ich fragen warum ihr euch so verhalten habt?"
Ich hebe überrascht beide Augenbrauen, denn so höflich und zurückhaltend habe ich Goldon noch nie erlebt.
"Ich verwechselte euch mit jemand anderem, da ihr ihm sehr ähnlich seht", antwortet Jedwiga mit fester Stimme und nimmt sich ein Stück Brot.
Ihre Haltung ist aufrecht und sie  wirkt absolut ruhig und gefasst, aber ich kenne sie mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass etwas sie beschäftigt und sie herausfinden will was es ist.
"Orlindas hieß er. Kennt ihr ihn vielleicht?"
Bei dem Namen horcht mein Freund auf und auch ich werde hellhörig.
Jedwiga hat mir von diesem wirklich unangenehmen Elben erzählt und ich weiß, dass dieser Elb ihr unheimlich ist.
"Orlindas, Sohn von Kilian?", fragt Goldon vorsichtig nach und Jedwiga nickt.
"Sein Vater beliefert den Hof meines Vater regelmäßig, aber ansonsten habe ich noch nie Kontakt zu ihm gehabt. Allerdings war ich in Bruchtal als er ebenfalls dort war. Ich kann mich allerdings nicht entsinnen euch dort gesehen zu haben."
"Orlindas war nur ein einziges Mal in Bruchtal, und das war zu der Zeit, als ich gerade nach Bruchtal gekommen war. Er sprach mich auf dem Bankett an, da müsst ihr doch auch anwesend gewesen sein."
Doch Goldon schüttelt den Kopf.
"Ich war nicht eingeladen. Wahrscheinlich weil mein Benehmen öfters grenzwertig gewesen ist, besonders auf Feiern und Banketten."
Er lächelt verschmitzt und Jedwiga entspannt sich ein wenig.
Das restliche Frühstück reden wir freundlich miteinander, aber danach trennen sich unsere Wege.
"Vielleicht sehen wir uns heute Abend ja noch mal", meint Goldon lächelnd und lässt uns danach alleine, bevor ich ihm eine Antwort geben kann. Jedwiga nimmt meine Hand und schaut mich erwartungsvoll an.
"Und, wohin gehen wir?"
Ich lächle.
"In den Wald, zu einem Ort, an dem wir ungestört sind."
Mit diesen Worten machen wir uns auf den Weg zum Haupttor und verlassen den Palast.
Die Wachen nicken uns nur noch respektvoll zu, anstatt uns neugierig hinterherzublicken, denn mittlerweile haben sie erkannt, dass wir zwei zusammen sind.
Wir überqueren die Brücke und ich führe Jedwiga sofort nach rechts, also nach Westen, den Fluss entlang.
Die Sonne scheint warm vom Himmel herab, allerdings sind weit im Osten dunkle Wolken zu sehen. Jedwiga schaut besorgt in diese Richtung, aber ich beruhige sie.
"Die Wolken werden höchstwahrscheinlich nach Süden ziehen oder sich vorher ausregnen, wenn sie überhaupt hierher kommen. Du musst dir keine Sorgen machen."
"Ich weiß, es ist nur..."
Ich schaue sie aufmerksam an und bleibe stehen.
"Ja?"
"Ach nichts."
Sie lächelt mich an und lehnt sich dann sanft gegen mich. Ich löse unsere Hände auseinander um meinen Arm um ihre Taille zu legen und sie legt ihren Arm an meine Hüfte. Dann gebe ich ihr einen Kuss auf die Stirn und wir gehen langsam weiter.
"Komm schon, wohin gehen wir?", fragt sie mich mit einem leicht ungeduldigen Unterton in der Stimme, doch ich grinse nur.
"Warte nur ab. Das letzte Mal hat dir die Überraschung doch auch gefallen, oder etwa nicht?"
Bei dem Gedanken an die Lichtung, auf der wir uns das erste Mal geküsst haben wird mir ganz warm ums Herz und ich beginne zu lächeln.
"Schon, aber ich weiß gerne was auf mich zukommt."
"Kann ich gut verstehen, aber nein, ich werde es dir nicht sagen."
Jedwiga schaut mich von der Seite her an, doch ich widerstehe der Versuchung sie anzusehen.
"Na gut."
Ich grinse und führe sie weiter den Weg entlang, den wir gehen. Das Rauschen des Flusses begleitet uns, allerdings wird er immer schmaler und kleiner. Er hat immernoch eine enorme Kraft, aber wir nähern uns deutlich dem Ort seines Ursprungs.
"Gehen wir zu seiner Quelle?", fragt sie mich.
"Naja, nicht ganz, nein."
Da kommen wir an eine Stelle, an der der Fluss sich am Fuße eines kleinen Wasserfalls zu einem Teich staut und ich bleibe stehen, damit Jedwiga in Ruhe alles betrachten kann. Sie hat die Augen vor Erstaunen weit geöffnet, und auch ihr Mund steht leicht offen. Sanft lege ich ihr zwei Finger unters Kinn und sie klappt ihren Mund wieder zu.
"Sonst kommen noch die Fliegen herein", meine ich liebevoll zu ihr und streiche mit den Fingern über ihre Wange. Sie lächelt, wendet den Blick aber nicht von dem Anblick um sie herum ab.
Um den Teich stehen rundherum Bäume und es ist angenehm kühl hier. Moosbewachsene Steine liegen am Ufer und das kristallklare Wasser spiegelt das Sonnenlicht, was durch die Blätter darauf fällt. Es herrscht eine angenehme und friedliche Stimmung, Vögel zwitschern in den Ästen über uns und die Sonne malt helle Flecken auf den Boden und Jedwigas Kleid.
Nach einer Weile kann sie sich von dem Teich losreißen und sieht mich stattdessen mit großen Augen an.
"Es ist wunderschön hier", sagt sie, leise und ehrfürchtig, so als wolle sie die Ruhe dieses Ortes nicht stören.
Dann tritt sie ganz nah an mich heran, sodass ihr wundervoller Duft mir in die Nase steigt, schlingt ihre Arme um meine Taille und küsst mich sanft auf den Mund. Sofort schlägt mein Herz schneller, ich lege meine Arme um sie und ziehe sie enger an mich, während ich ihren Kuss erwidere. Etwas erwacht in mir, ein Verlangen, welches ich noch nie gespürt habe. Erst bin ich erschrocken, doch dann lasse ich es zu.
"Würdest du etwas neues mit mir ausprobieren wollen?", frage ich sie schließlich flüsternd und sie schaut mich erst irritiert an. Dann erkennt sie, was ich meine und nickt zaghaft.
"Solange es immer eine Möglichkeit gibt umzukehren."
"Natürlich. Vertraust du mir?"
"Immer."
Mit diesen Worten küsst sie mich und ich sinke mit ihr auf das weiche Gras unter uns.

Hallo, ich bin es nochmal ^^
Vielen, vielen Dank für all die tollen Kommentare und Votes! Und auch dafür, dass diese Geschichte schon 1,04 K Reads hat!!! Das ist echt der Hammer, ich hätte nie gedacht, dass ich das mal schaffen würde! Danke <3 Digitale Umarmung für euch alle. Fühl dich geknuddelt!
Bis bald

Die Geschichte von JedwigaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt