Der Höhlentroll

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Die Schreie der Orks und das Rütteln an der Tür machen alle nervös, aber wir bleiben stehen. Ich schaue Jedwiga von der Seite her an und sie erwidert meinen Blick, dann schaue ich wieder nach vorne. Ein Ork hat ein Loch in die Tür gehauen und sofort schieße ich einen Pfeil hindurch. Der Ork ist tot, aber schon steht ein neuer an seinem Platz. Aragorn schießt durch ein neues Loch, da wird die Tür eingerissen und die Orks stürmen kreischend herein. Es sind hässliche, verkrüppelte Wesen mit spitzen Ohren und grauer Haut, die mit Waffen angreifen. Augenblicklich schieße ich weitere Pfeile ab und töte eine Reihe von Orks, bevor ich den Bogen wegstecke und zu meinen zwei Dolchen greife. Die Anderen befinden sich bereits im Nahkampf und ich sehe Aragorn aus dem Augenwinkel während ich einem Ork den Kopf abschneide. Hinter mir höre ich die beherzten Schreie der Hobbits, die sich nun ebenfalls in den Kampf stürzen. Doch Jedwiga kann ich auf die Schnelle nicht entdecken und Panik erfasst mich. Was ist wenn sie beim ersten Ansturm überrannt wurde? 'Nein, sie ist eine hervorragende Kämpferin. Im Schwertkampf ist sie jedem überlegen.'
Und tatsächlich, kaum habe ich das gedacht, sehe ich sie gegen drei Orks kämpfen und gewinnen. Ihre flüssigen Bewegungen und kraftvollen Streiche töten jeden Ork der sich ihr in den Weg stellt.
Plötzlich gibt es ein lautes Gebrüll und der Höhlentroll, den ich schon erwähnt habe, bricht durch die Wand gegenüber der Tür und poltert in den Raum. Er ist dreimal so groß wie ein erwachsener Mann und seine Beine und Arme sind so dick wie Baumstämme. Sein kahler, kleiner Schädel mit den winzigen Augen und Ohren dreht sich suchend herum, dann greift er an. Boromir weicht aus und schlägt mit dem Schwert nach dem Bein des Trolls, doch das kümmert den kaum. Ich schieße nach ihm und er dreht sich brüllend zu mir herum. Mit einer Kette schlägt er nach mir und ich springe zur Seite, einen weiteren Pfeil abschießend. Gimli lenkt rufend die Aufmerksamkeit des Untiers auf sich, muss aber springend ausweichen als die Kette den Sarg zertrümmert und Staub aufwirbelt. Der Troll wendet sich einem anderen Opfer zu und greift nun die Hobbits an, die schreiend auseinander laufen. Der Troll fixiert Frodo und Sam, als Jedwiga ihm mit ihrem Schwert ins Bein sticht und dann weghechtet. Für einen Moment ist der Troll abgelenkt und Sam und Frodo nutzen die Zeit um sich zu verstecken. Da ist Aragorn bei ihnen, doch der Troll schleudert ihn auf Seite, sodass der Mensch gegen eine Wand prallt, sich aber sofort wieder aufrappelt.
Der Troll wendet sich nun mir zu, da er die Hobbits nicht findet, und schlägt mit seiner Kette nach mir, bis diese in der Wand steckenbleibt. Sofort nutze ich die Chance und klettere über die Kette auf den Kopf des Untiers, doch mein Pfeil verfehlt das Ziel da sich der Troll wehrt und ich springe ab.
Gimli hackt nach den Beinen des Trolls und dieser wird noch wütender.
Brüllend schlägt er mit seiner Kette um sich und trifft dabei auch seine eigenen Leute, was ihn aber nicht interessiert. Da entdeckt er Frodo und Sam wieder und versucht sie zu erwischen. Sam bringt sich mit einem Sprung in Sicherheit, doch der Höhlentroll verfolgt ihn nicht. Stattdessen versucht er an Frodo, der sich hinter einer Säule verborgen hält, heranzukommen.
Der Strom der Orks hat mittlerweile aufgehört, nun sind wir mit dem Troll alleine und versuchen ihn zu Fall zu bringen. Boromir sticht nochmal nach den Fuß des Trolls, doch da hat dieser Frodo entdeckt und scheucht ihn aus seinem Versteck. Der Troll treibt ihn in eine Ecke und will ihn gerade packen, da stürmt Aragorn schreiend vor und sticht dem Troll eine Lanze in die Brust. Doch dieser schleudert den Menschen auf Seite und dieses Mal prallt er gegen eine Wand und bleibt bewusstlos liegen.
"Jedwiga, bleib bei Aragorn!", rufe ich und schieße einen weiteren Pfeil nach dem Troll. Plötzlich ertönt ein Schrei von Sam.
"Frodo!"
Der Troll hat die Lanze gepackt und Frodo direkt in die Brust gerammt. Der kleine Hobbit schließt stöhnend die Augen und sackt in sich zusammen, doch bevor der Troll erneut angreifen kann, schlägt Gimli mit seinen Äxten in die Kniekehlen des Untiers. Mit einem Brüllen geht er in die Knie und bekommt Schwertstreiche von Boromir und Gandalf ab. Ich ziele nun besser mit dem Pfeil und treffe den Troll so in der Nase, das der Pfeil sich quer durch sein Hirn bohrt und am Hinterkopf wieder hervorkommt. Der Troll hört augenblicklich auf anzugreifen, schwankt ein wenig herum, dann fällt er endlich tot um. Jedwiga hilft Aragorn, der sein Bewusstsein wiedererlangt hat, aufzustehen und dieser stürzt sofort auf Frodo zu, der leblos am Boden liegt. Sam kniet neben seinem Freund und weint, Merry und Pippin stehen traurig daneben und Gimli ist still. Aragorns Gesichtsausdruck ist verzweifelt und ohne Hoffnung und Jedwiga starrt auf den kleinen Körper. 'Sollte unsere Reise schon nach so kurzer Zeit scheitern?'
Plötzlich bewegt sich der Hobbit, hustet und rappelt sich auf. Wie vom Donner gerührt starren alle ihn an, dann macht sich Erleichterung breit.
"Aber wie kann das sein? Der Stoß hätte einen wilden Eber aufgespießt", wundert sich Aragorn und Gandalf lächelt.
"An diesem Hobbit ist mehr dran als das Auge sieht."
Daraufhin öffnet Frodo sein Hemd und zum Vorschein kommt ein Hemd aus Mithrilringen. Gandalf hat davon erzählt, doch ich hatte nicht zugehört, da ich mit Jedwiga leise gesprochen hatte. Zu dieser gehe ich nun auch und berühre sie sanft am Arm.
"Ist alles in Ordnung?"
Sie nickt und wischt sich einen Spritzer schwarzes Blut von der Wange. Ihre Angst ist nun fort, doch sie ist wachsam und angespannt.
"Mir geht's gut."
"Wir müssen weiter", meint da Gandalf und wir eilen sofort aus dem Raum zurück in die riesige Stadt. Von überallher kommen Orks und Bilwisse, kreischend und schreiend. Von der Decke krabbeln sie senkrecht die Säulen hinunter und schließen uns schon bald in einen Kreis ein. Mit gezogenen Waffen und im Lichtkreis von Gandalfs Stab stellen wir uns auf, die Feinde im Blick haltend. 'Das sind zu viele, das schaffen wir nicht!'
Der Kreis zieht sich immer enger um uns und die Lage wird mit jeder Sekunde aussichtsloser. Plötzlich ertönt ein anderes Geräusch, lauter, kräftiger. Ein Brüllen als würden Felsbrocken aneinander schlagen und einen Berg herunterpoltern. Sofort ist es still und die Orks schauen sich wild um, dann flüchten sie mit lautem Geschrei wie Ungeziefer wenn man Licht entzündet. In Rissen im Boden verschwinden sie, krabbeln die Säulen wieder hinauf und rennen weg von uns. Erstaunt schaue ich ihnen hinterher, doch dann bemerke ich, wohin Jedwiga schaut. Ihre Augen sind weit aufgerissen und in ihnen spiegelt sich ein rötliches Licht. Zwischen den Säulen kommt etwas sehr großes, sehr hell leuchtendes auf uns zu und wieder ertönt dieses Grollen.
"Gandalf, ist das etwa ein... ein Balrog?", fragt Jedwiga den Zauberer und dieser lässt den Stab sinken.
"Ja", sagt er leise und seine Stimme klingt plötzlich alt und matt.
"Die Zwerge haben zu tief und zu gierig geschürft und in den Tiefen der Welt etwas geweckt, was dort lange geschlafen hat."
"Lauft!", ruft Aragorn und wir rennen los, nun ungehindert von Orks oder Bilwissen, immer unter der Führung von Gandalf. Im Laufen schaue ich zurück und bemerke dass der Balrog uns folgt. Ein Feuerdämon aus der alten Zeit, geschaffen von Sauron um Mittelerde zu vernichten.
Wir rennen in einen Gang und eilen Treppen hinab, mit dem Wissen dass der Balrog hinter uns ist.
"Weiter, wir müssen es bis zur Brücke schaffen!", ruft Gandalf und wir kommen in eine riesige, rot erleuchtete Halle mit vielen steilen Treppen. Feuer und Stein erwartet uns im Abgrund, und Boromir, der ganz vorne rennt, fällt fast hinunter da er zu spät sieht dass die Treppe abgebrochen ist, doch ich packe ihn und ziehe ihn in Sicherheit. Wir rennen die schmale, steile Treppe nach links weiter runter, doch dann ist mittendrin ein Loch. Mit einem Satz springe ich hinüber und Jedwiga folgt mir sogleich.
"Gandalf!", rufe ich und der Zauberer springt. Jedwiga und ich fangen ihn und verhindern seinen Sturz, dann kommen die nächsten. Boromir und Aragorn werfen die Hobbits zu uns rüber, da diese nicht so weit springen können, doch als Aragorn auch Gimli packen will, wehrt dieser sich.
"Niemand wirft einen Zwerg!"
So springt er alleine, rutscht aber fast ab, hätte ich ihn nicht am Bart gepackt. Doch auch da schreit er.
"Nicht am Bart!"
Ich ignoriere seine Meckerei, als ein Stück von der oberen Treppe abbricht und Aragorn mit Frodo beinahe abstürzen. Nun befinden sie sich zu weit weg zum springen. Oben an der Wand beginnt der Stein zu bröckeln und das Brüllen ertönt wieder. Plötzlich prallen Pfeile an den Stufen ab und Jedwiga beginnt zurückzuschießen bevor die Pfeile ihr Ziel finden. Ich höre das Schreien der getroffenen Orks und denke kurz daran, wie gut es doch ist, dass ich so viel mit Jedwiga trainiert habe.
Die Treppe von Aragorn und Frodo bricht nun auch ab und für einen schrecklichen Moment scheint es so, als würde sie in die Tiefe stürzen.
"Lehn dich nach vorne!", ruft Aragorn dem Hobbit zu und allmählich bewegt sich das Treppenstück in die richtige Richtung. Gerade noch im letzten Moment springen sie, bevor die Treppe in den rot glühenden Abgrund stürzt und an den Felsen zerspringt. Ich halte Aragorn fest und Boromir fängt Frodo, dann rennen wir weiter die Treppe hinunter zur Brücke, die in der Ferne schon zu sehen ist. Jedwiga hält ihren Bogen noch in der Hand und bleibt ab und zu kurz stehen um die Orks in der Ferne in Schach zu halten.
"Komm!", meine ich zu ihr, nehme sie an der Hand und wir eilen den anderen hinterher.

Die Geschichte von JedwigaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt