Forty-eighth: no big thing, right?

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Als ich Hoseok das erste Mal traf, hätte ich niemals erwartet, dass meine Zuneigung ihm gegenüber so intensiv sein würde. Am Anfang hatte ich geglaubt, ich hätte nur einen kleinen Crush auf einen Jungen, der sich sowieso nicht für mich interessierte, nun ja und jetzt war ich hier.

Ich trat so fest in die Pedale, dass es wehtat und achtete nur bedingt auf den Straßenverkehr, während ich mir den Weg durch die Autos und Menschen bahnte. Es war später Nachmittag, die meisten waren nun auf den Weg nach Hause. Ich unterdrückte die Wut auf meine Umgebung. Niemand konnte etwas dafür, dass ich ausgerechnet jetzt zu dem Menschen fuhr, den ich wie sonst niemanden vermisste und dabei so schnell ans Ziel kommen wollte.

Und als ich dann endlich nach gefühlten Stunden in die richtige Straße einbog und das Haus am Ende der Straße ausmachen konnte, atmete ich erleichtert auf. Ich hatte es fast geschafft, jetzt musste ich nur noch das Herz mit dem kleinen Post-it in den Briefkasten werfen und hoffen, dass Hobi es fand.

Vorgehabt es ihm persönlich zu geben, hatte ich nicht. Immerhin respektierte ich seine Entscheidung voll und ganz, auch wenn es verdammt schwer war. Aber da er nichts davon gesagt hatte, dass er keine Post von mir erhalten wollte, ging ich davon aus, dass das okay war. Zwar konnte ich die Angst seine Grenzen zu übertreten nicht ganz aus meinem Kopf vertreiben, rief mir aber wieder ins Gedächtnis, dass er selber gesagt hatte, dass er glaubte, dass Zwischenmenschliche Beziehungen dazu geschaffen waren, um Grenzen zu überschreiten.

Ich hielt schließlich völlig außer Atem, etwas weiter entfernt von seiner Haustür. Er sollte nicht zufällig mein Fahrrad entdecken, geschweige denn wissen, dass ich hier gewesen war, bevor er das Herz gefunden hatte.

Jetzt, da ich wieder klar denken konnte, begann die Nervosität einzusetzen, was unweigerlich mit meinem schnell schlagenden Herzen einherging. Es pochte so laut und heftig gegen die Innenseite meiner Brust, dass ich Angst hatte, Hobi könne es hören. Dennoch trat ich nach ein paar weiteren Sekunden des Wartens unter Spannung meinen Weg zu der Haustür an, die plötzlich viel weiter entfernt zu sein schien, als noch ein paar Minuten zuvor.

Hoffentlich würde Hoseok durch meine kleine Aktion daran erinnert werden, dass ich für ihn da war, auch wenn er auf Distanz war, hoffentlich würde er nicht vergessen, wie wichtig er mir war.

Kurz hielt ich inne, als ich auf der Fußmatte stand. Am liebsten hätte ich geklingelt und ihm gesagt, wie sehr ich ihn mochte und wie weh es tat, dass er sich nun so von mir distanzierte. Ich hätte ihn geküsst und nicht mehr aufgehört, bis wir beide keine Luft mehr bekamen. Ich wäre da gewesen, hätte ihn aufgefangen, bevor er auf den harten Boden der Realität aufschlug und er sich verletzte. Ich hätte alles getan, was ihm helfen würde.

Doch jetzt stand ich hier, direkt vor seine Tür und traute mich weder zu klingeln, noch das Herz einzuwerfen. Plötzlich kam ich mir unglaublich kindisch vor. Was sollte ihm schon diese blöde Herz aus Stoff helfen? Es würde Mina auch nicht wieder zurückbringen! Ich war so dumm gewesen. Hatte mich von meinem verliebten Körper zu Dingen hinreißen lassen, die weder durchdacht noch lösungsorientiert waren. Aber gab es für dieses Problem überhaupt eine Lösung? Gab es ein Heilmittel, außer die Zeit, die vergehen würde. Die Stunden, Tage und Jahre, die mir durch die Finger rinnen würden, wie der Sand am Strand von San Francisco.

Am liebsten hätte ich mich selbst geohrfeigt. Ich musste sofort hier weg. All das war eine dumme Idee gewesen und ich begriff nicht, wie ich überhaupt hatte glauben können, ich könne helfen. Am Ende war ich ein 17-jähriger Teenager, der nichts ausrichten konnte, schon gar nicht gegen die berechtigten und starken Gefühle eines 19-jährigen, in den ich hoffnungslose verliebt war. Hobi hatte mich nicht verdient. Am besten ich ging jetzt, dann würde unsere Geschichte, die so traumhaft begonnen hatte, vielleicht nicht ganz so dramatisch enden. All das, was wir miteinander geteilt hatten, war sowieso viel zu schön gewesen, um wahr zu sein. Es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis alles zusammenbrach und dieser Moment war genau jetzt.

Ich wollte mich gerade umdrehen und das Haus der Person, für die ich alles getan hätte, hinter mir lassen, als ich plötzlich Stimmen aus dem Inneren des Gebäudes vernahm.

"Meine Eltern kommen in zwei Stunden, bis dahin musst du weg sein, ja?"

Hobi.

Am liebsten hätte ich angefangen zu heulen, warum musste das alles im so emotional sein. Dass er offenbar mit jemanden sprach, realisierte ich erst, als sein Gegenüber antwortete.

"Chill, das sind noch zwei Stunden. Bis dahin können wir ruhig noch mal was machen, meinst du nicht?" Der laszive Unterton in der Stimme ekelte mich an und auch wenn mir die Stimme bekannt vorkam, so konnte ich ihr kein Gesicht zuordnen.

"Du weißt, dass wir in zwei Minuten fertig sein können, wenn du mich nur machen lässt." Ich hätte am liebsten gekotzt. Ich wusste zwar nicht, worum es ging und womit die zwei fertig sein wollten, aber allein schon die Art wie Hoseoks Gegenüber redetet kotze mich an.

Wer auch immer das war, er würde niemand sein, den ich mochte. Konnte Hobi seine Sachen nicht allein machen, ohne die Hilfen von diesem Typen? Ein Seufzer entfuhr mir und ich realisierte erst ein wenig zu spät, dass das unter Umständen ein wenig zu laut gewesen sein könnte.

"Steht da jemand und belauscht uns?" Ich konnte mir vorstellen wie der Rothaarige sich verwundert umblickte und fast amüsierte mich der Gedanke ein wenig.

"Da ist niemand, Hobi, komm mal runter jetzt!"

Ich hatte genug gehört. Ohne darüber nachzudenken, machte ich auf dem Absatz kehrt und lief zurück zu meinem Fahrrad. Sollten die zwei doch ihre Hausaufgaben gemeinsam machen, war mir doch egal, dass Hobi den Typen fragte und nicht mich. War ja keine große Sache, war ja nicht so, dass er seit fast einer Woche nicht mehr mit mir gesprochen hatte und dann mit jemand anderem Zeit verbrachte, wie als hätte es mich und ihn nie gegeben. Nein, mir war das egal, warum sollte es mir auch nicht egal sein?

War ja keine große Sache, oder?


Summertime Madness | JiHopeWhere stories live. Discover now