thirtieth: try it out

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Der Bus kam mit einem zischenden Geräusch vor uns zum Stehen und keine zwei Sekunden später glitten die Türen mit einem lauten Geräusch auf. Ein paar Leute stiegen aus, wir stiegen ein.

"Warum? Was hat RED mit ihrem Scheiß über uns" Hoseok setzte sich an einen Fensterplatz und ich blieb zerknirscht daneben stehen, legte meine Hand auf die Stange, die senkrecht aus dem Boden ragte.

RED hatte gestern Nacht um fünf einen Blogeintrag gepostet, indem sie überwiegend über mich und Hobi schrieb und es machte mich fertig, obwohl ich ganz genau wusste, dass es das nicht sollte. Es sollte mir genauso am Arsch vorbeigehen, wie dem Rothaarigen, der jetzt einladend auf den Sitz neben sich klopfte.

Wenigstens hatte sie nicht mitbekommen, dass es gestern einen unangenehmen Moment für Hoseok gegeben hatte und das war das wichtigste. Er schien sogar schien ziemlich gelassen, als er den Blick aus dem Fenster richtete und kurz darauf einen Arm um meine Schultern legte.

"Macht dir nichts draus, Shorty", trällerte er und grinste so breit, dass ich ihm über seine Aussage nicht böse sein konnte. Er wusste nicht, wie sehr ich es hasste Kontrolle zu verlieren, vielleicht würde ich das irgendwann mal erwähnen, aber gerade war ich zu beschäftigt damit RED zu hassen.

"Weißt du warum mir das so egal ist, was RED schreibt?" Er drehte sich zu mir und drückte mich an sich, fast so als wolle er mich davon abhalten, wegzulaufen.

"Weil sie mir niemals meine Gespräche und Gefühle nehmen kann. Sie wird nie mit genauer Sicherheit sagen können, was ich denke oder fühle oder was wirklich passiert ist. Sie wird nie erfahren was gesehen ist heute Nacht, das wissen nur wir, sie kann nur spekulieren und interpretieren." Sichtlich Zufrieden mit seinem kurzen Monolog klopfte er mir auf die Schulter und löste sich dann sehr zu meinem Bedauern wieder von mir. Jede Berührung des Rothaarigen fühlte sich an wie ein Kompliment oder eine warme Dusche nach einem harten Tag, alles, was er tat, steigerte mein Selbstwertgefühl.

Tatsächlich hatte er recht, mit dem, was er gesagt hatte und auch wenn ich mich noch nicht ganz damit anfreunden oder den Gedanken in mein eigenes Mindset übertragen konnte, so glaubte ich zu verstehen, was er mit seinen Worten gemeint hatte.

"Probiers' einfach mal aus, vielleicht hilft es ja und wenn du weiteres Life-Coaching brauchst, ruf mich an, ja?" Grinsend formte er ein Telefon mit den Fingern und hielt sie sich ans Ohr. Lächelnd lehnte ich mich in meinem Sitz zurück und kramte meine Kopfhörer aus der Tasche. Dieser Junge war einfach nicht zu übertreffen, weder in seinen Worten, noch in seinen Taten.

✗✗✗

"Moooooment mal, hier ist was gewaltig faul." Man konnte Taehyung hören, bevor man ihn sehen konnte und ich versuchte so gut es ging, mein dämlich-süßes Grinsen zu unterdrücken, um ihm nicht noch mehr Grund zu geben, zu glauben, dass etwas ganz ausschlaggebendes passiert war.

Hoseo- sorry Hobi und  ich hatten gemeinsam den entspanntesten Schulweg gehabt, den ich mir vorstellen konnte. Gemeinsam hatten wir auf der sonst so eintönigen und langweiligen Busfahrt Musik gehört, gelacht und geredet und ich hatte mich die ganze Zeit so unglaublich gut und wertgeschätzt gefühlt. Es war fast wie ein unglaublich unrealistischer Traum, indem jede Farbe heller, jede Berührung intensiver und jedes Lächeln breiter war.

"Seit wann bist du früher da als wir, was zur Hölle, Jimin?" Mit einem lauten Plumpsen ließ mein bester Freund sich auf den Stuhl neben mir fallen und faltete abwartend die Hände. Ich wusste, er erwartete, dass ich sofort mit der Sprache rausrückte, aber dieses Mal würde er mich fragen müssen.

Grinsend senkte ich den Blick auf meine Spanisch-Vokabeln. Frau Suena fragte heute aus und ich hatte wirklich keine Lust nichts zu können, wenn ich dran genommen wurde - ich hasste das Gefühl ausgeliefert zu sein. Wenn man es genau nahm, hasste ich fast alles, was mit Schule zu tun hatte.

"Bitte, erzähl's mir, RED ist keine vertrauenswürdige Quelle." Ein Schnauben entfuhr mir und jetzt blickte ihn doch an. Aus braunen und zutiefst neugierigen Augen musterte er mich, er wusste, dass ich es ihm erzählen würde und deshalb hielt er mich so fest im Blick, dass er keine einzige Bewegung von mir verpassen würde.

"Na das hoffe ich doch", erwiderte ich leicht beleidigt und verschränkte die Arme, als Jin zu uns trat. Mit einem Blick erfasste er die Situation und hockte sich uns gegenüber.

"Ich wills tatsächlich auch wissen, Jim", provozierte er mich mit wackelnden Augenbrauen. Er wusste, dass ich diesen Spitznamen hasste und leider  so sehr, dass man mir mit der Erwähnung alle möglichen Informationen entlocken konnte.

"Na gut", gab ich mich schließlich geschlagen und schlug das Buch zu, die Vokabeln konnten warten, brachte jetzt sowieso nichts mehr.

"Ich hab mich gestern mit ihm getroffen", eröffnete ich meinen beiden Freunden schließlich und ich konnte förmlich sehen, wie die beiden ein aufgeregtes Quieken unterdrücken musste. Jetzt war ich froh, dass Hoseok mich nicht wie angeboten zu meiner Klasse begleitet hatte, denn vor ihm hätten sie noch weniger Halt gemacht, als vor mir und ich bezweifelte, dass der attraktive Rothaarige bereit für einen solch intensiven Fragen-Hagel gewesen wäre, wie die beiden ihn unweigerlich veranstaltet hätten.

"Und?" Wenn er gekonnt hätte, hätte Tae mir meine Informationen aus den Händen gerissen und sie für sich behalten. Seine Augen funkelten ungeduldig und wenn ich nicht bald Klartext reden würde, würde er sauer werden, hatte ich schon mal erlebt, das war nicht sonderlich angenehm gewesen.

Also begann ich zu erzählen. Ich ließ nichts aus und stellte die Dinge richtig, die RED verdreht hatte. Lediglich die Tatsache, dass Hobi eine Panikattacke in meine Anwesenheit gehabt hatte, schluckte ich herunter. Es ging niemanden was an, zumal mich der Rothaarige heute Morgen auf dem Weg noch gebeten hatte, diesen kleinen Zwischenfall möglichst wenig zu verbreiten.

Ich konnte es verstehen, wirklich. Denn ich war mir ziemlich sicher, dass RED eine Riesen-Sache daraus machen würde und dass Hoseok dann kurzerhand zu dem "Psycho" wurde, als den er sich gestern bezeichnet hatte. Natürlich war das völlige Bullshit. Nur weil man eine harte Zeit durchmachte, war man kein Psycho, aber das konnte ich wohl kaum der ganzen Schule erklären, wenn es erstmal raus war.

Ich schwor mir, dass Hoseok Geheimnis bei mir sicher war. Um jeden Preis würde ich versuchen ihn zu unterstützen und vor unwissenden Blicken zu schützen. Ich würde ihn beschützen und ihm zeigen, dass ich da war, wenn er mich brauchte und ich hätte auch nicht anders gedacht, wenn ich gewusst hätte, in welche Situation mich dieses eine kleine Versprechen noch bringen würde, ganz im Gegenteil.

Summertime Madness | JiHopeWhere stories live. Discover now