thirty-ninth: you are getting better

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Als ich dieses Mal über die Türschwelle trat und Hoseok die Haustür hinter mir schloss, fühlte sich das ganze schon viel vertrauter an, als beim letzten Mal. Der Geruch von Pasta mit Tomatensoße hing in der Luft und nachdem Hobi kurz innegehalten und geschnuppert hatte, rief er in das bis jetzt stille Haus hinein.

"Mina?" Ein paar Sekunden kam keine Antwort, dann schlitterte eine Etage höher ein junges Mädchen um die Ecke, ein aufgekratztes Grinsen auf den Lippen.

"Bevor du was sagts, meine Nudeln kochen nicht über!" Mit flapsigen Schritten kam sie die Treppe hinunter. Die Kapuze ihres Hoodies rutschte währenddessen ein wenig von ihrem Kopf und entblößte ein paar kahle Stellen, schnell rückte sie sie wieder zurecht.

Als sie schließlich unten angekommen war, stellte sie sich vor mir auf und musterte mich.

"Du bist Jimin", mutmaßte sie und ich nickte, ein wenig überfordert mit der Direktheit, die dieses Mädchen an den Tag legte. Als mir Hobi von ihrer Krankheit erzählt hatte, hatte ich mir ein schwaches, dünnes Mädchen mit leeren Augen ausgemalt, aber niemals eine so vor Lebendigkeit sprühende Person.

Ihre gesamte Aura strahlte pure Lebensfreude aus und es war ansteckend.

Plötzlich schnappte sie nach Luft und schloss für einige Augenblicke die Augen, es schien, wie als hätte sie Probleme zu atmen. Sie taumelte ein paar Meter und ließ sich schließlich auf die Treppenstufen sinken, die Hände vor dem Gesicht.

Hobi reagierte sofort, gilt neben sie und griff nach ihrer Hand.

"Du sollst doch langsam machen, das weißt du doch", erinnerte er sie sanft und sie nickte benommen. Es schien, wie als wäre ihr gerade erst eingefallen, dass sie todkrank war und erst jetzt fiel mir auf, dass sie neben Hobi ungewöhnlich blass aussah.

"Weißt du was, ich hab keinen Hunger, ich geh wieder hoch, ja?" Sie erhob sich und obwohl ich erkannte, dass ihre körperliche und mentale Verfassung zu wünschen übrig ließ, lächelte sie mich warm an, ehe sie sich umdrehte und wieder nach oben tapste.

Während ich beobachtete, wie sie nach oben lief und wieder um die Ecke verschwand, fiel mir auf, welche große Ähnlichkeit sie zu Hoseok aufwies. Sowohl vom Äußeren her als auch von ihrer Persönlichkeit, die ich bis jetzt kennengelernt hatte, schien sie das weibliche Äquivalent zu dem Rothaarigen zu sein. Und auch wenn ich es mir nicht erklären konnte, so war ich irgendwie froh, dass die Welt zwei Jung Geschwister besaß, sie machten sie (zumindest für mich) zu einem besseren Ort.

"Ich mag deine Schwester jetzt schon", warf ich in den Raum und ignorierte den besorgten Gesichtsausdruck meines Gegenübers, der noch für einige Sekunden dem jungen Mädchen hinterherblickte, ehe er seine Schuhe auszog und in die Küche ging.

"Das sagen alle über sie, dabei vergessen sie, dass sie ein ziemlicher Dickkopf ist." Er lächelte, während er den Deckel anhob, um in das kochende Nudelwasser zu blicken.

"Hast du Lust auf Nudeln?"


Zehn Minuten später saßen wir zu zweit am Küchentisch, jeder einen dampfenden Teller Pasta vor sich stehen und auch wenn Hobi Mina noch mal gefragt hatte, ob sie wirklich nichts wollte (immerhin hatte sie sie ja für sich selbst gemacht), wohnte sie uns nicht zum Essen bei.

"Plötzliche Appetitlosigkeit ist eines ihrer Symptome", hatte er erklärt, als ich nach dem plötzlichen Sinneswandel seiner Schwester gefragt hatte.

"Kommt manchmal vor, dass sie sich was macht und dann keine Lust mehr drauf hat, dann ist es sehr schwer sie zum Essen zu überreden. Normalerweise würde ich sie dazu zwingen, sie isst nämlich viel zu wenig, da du aber jetzt da bist, lassen wir den Punkt mal aus." Er lächelte, wie als würden ihn all die Tatsachen, die er gerade eben erwähnt hatte, nichts angehen. Trotzdem konnte ich unter dem Lächeln den deutlichen Schmerz darüber erkennen, dass ein wichtiger Mensch in seinem Leben langsam aber sicher vom Tod eingeholt wurde.

Als Hobi aber meinen besorgten Blick bemerkte, erhob er sich, und setzte sich neben mich.

"Ich bin okay, ja? Mach dir keine Sorgen." Sanft legte er seine Arme um meine Schultern und ich erwiderte die freundliche Geste, den Ärger darüber ignorierend, dass ich eigentlich derjenige sein sollte, der ihm Trost spendete, nicht anders rum.

Plötzlich fühlte ich mich unglaublich machtlos (das war ich ja im Grunde genommen auch) und es schien, wie als würde jemand Gewicht auf meinen Schultern ablegen.

"Ich hab dich lieb, Jimin, nicht traurig sein." Er strich mir eine Haarsträhne aus der Stirn und ich drehte mich zu ihm.

"Ich würde so gerne helfen, aber ich weiß nicht wie", erwiderte ich leise und er nickte, wahrscheinlich hatte er erwartet, dass ich das sagen würde.

"Du hilfst, indem du da bist und Zeit mit mir verbringt, mach dir keinen Kopf, okay." Sanft berührte er mich am Kinn und ich drehte meinen Kopf daraufhin in seine Richtung und blickte in seine mitfühlenden Augen. Immer noch war es mir ein Rätsel, wie er in solch einer Situation so stark sein konnte, dass er hier saß und mich tröstete, weil ich traurig darüber war, dass ich ihm nicht helfen konnte.

"Du bist so stark, Hobi", flüsterte ich und nahm sein Gesicht zwischen meine Hände. "Und du bist so wunderschön, egal welche Emotion du gerade verspürst, denn du darfst alles spüren." Jetzt verzogen sich seine Lippen zu einem warmen Lächeln, dieses Mal erkannte ich keinen Schmerz hinter der Fassade, was mich wiederum zum Lächeln brachte.

"Ich danke dir so sehr, dass du das sagts Shorty. Das bedeutet mir wirklich alles. Ich habe noch nicht oft so jemanden getroffen wie dich." Kurz schien er seinen eigenen Gedanken nachzuhängen, die wiederum schmerzvoll wirkten, dann kehrte er in die Gegenwart zurück und zog mein Gesicht noch ein Stückchen näher.

"Du bist so wunderbar, ich kann es gar nicht in Worte fassen."

Aber das brauchte er auch gar nicht, denn der darauffolgende Kuss sagte alles und viel mehr, als er hätte sagen sollen. Die Schmetterlinge in meinem Bauch flogen im Zickzack hin und her und meine gesamte Haut überzog eine wohlige Gänsehaut, wie ich sie nur sehr selten spürte. Je näher ich Hobi kam, desto richtiger fühlte es sich an und desto mehr bekam ich Lust auf weiteren, intensiveren Körperkontakt. Die Zeit blieb jedes Mal stehen und es fühlte sich unglaublich an, zu wissen, dass er genau das selbe zu fühlen schien.

Ein wenig außer Atem löste er sich sanft von mir und grinste verschmitzt.

"Du wirst immer besser, Shorty."

"Entschuldige mal!" Beleidigt schlug ich nach ihm, doch er duckte sich weg und griff nach meiner Hand.

"So und jetzt essen wir fertig und dann machen wir deine Aufgaben, okay?"

Summertime Madness | JiHopeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt