twenty-third: There is something sexual about it, I can't define

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Meine Welle der Euphorie, Freude und Aufregung brach, als ich den Rotschopf endlich entdeckte. Er saß im Schneidersitz auf den Steintreppen zu einem kleinen Museum, den Blick gen Horizont gerichtet, die Händen in den Taschen seiner Lederjacke vergraben.

Als er den Kopf senkte und mich entdeckte, hatte ich das komische Gefühl, dass er das Lächeln, das sich im selben Augenblick auf seine Lippen schlich, sich hatte verkneifen wollen und irgendwie machte mich das glücklich.

Ich grinste zurück und beschleunigte meine Schritte und versuchte nicht allzu überdreht zu wirken, während ich auf den Rothaarigen zusteuerte.

"Cool, dass das so kurzfristig geklappt hat." Kurz hob er seine Hand, fast so als wolle er mich aus Gewohnheit in einer Umarmung schließen, doch dann ließ er sie wieder sinken und ersetzte die freundliche Geste durch ein Klopfen auf meine rechte Schulter.

Tatsächlich war die Berührung intensiver als ich gedacht hatte, woran sicherlich auch mein rasender Puls mitschuldig war, immerhin freute der sich gerade gemeinsam mit meinem Herz und meinen Mundwinkeln, die schon langsam ein wenig schmerzten darüber, dass der Rothaarige sich augenscheinlich freute mich zu sehen.

"Wie war dein Tag?", versuchte ich schließlich mich im Small Talk und der Rothaarige schien freudig darauf anzuspringen, während ich mich neben ihn stellte und meinen Blick zum mehr richtete.

"Ganz okay, war anstrengend." Er fasste sich nachdenklich ans Kinn, fast so als würde er durch diese Geste einen besseren Bezug zu dieser Erinnerung bekommen. Sein Blick verdunkelte sich währenddessen und kurz huschte ein Schatten über sein Gesicht.

Ich unterdrückte den Impuls nach seiner Hand zu greifen und verschränkte meine Finger, um nichts Unüberlegtes zu tun, was später unangenehm werden konnte. Gerne hätte ich ihn gefragt, was so anstrengend gewesen war, doch ich traute mich nicht, am Ende würde ich die anfängliche gute Stimmung komplett ruinieren.

"Stört es dich, wenn ich eine rauche?" Seine Stimme durchbrach meine Gedankengänge und für eine Sekunde war ich überrascht von dieser Frage, bis mir einfiel, dass Tabak wahrscheinlich eine der harmloseren Dinge war, die der Ältere konsumierte. Also nickte ich und beobachtete mit einer gewissen Faszination wie er eine Packung Marlboro zutage führt und sich eine der mit Tabak und allen anderen möglichen Schadstoffen gefüllte Röllchen zwischen seine Lippen steckte. Für einen kurzen Moment blieben meine Augen an seinen Lippen hängen, die geschwungen die Kippe umschlossen, erst als ich das Feuerzeug klicken hörte und die Flamme aus dem Augenwinkel wahrnahm, riss ich mich wieder von diesem Anblick los.

"Rauchst du schon lange?" Ich wusste, dass es einfach war an Zigaretten, Alkohol und andere Dinge zu kommen, selbst wenn sie einem per Gesetz verboten waren. Und natürlich wusste ich auch wie, nämlich durch ältere Freunde oder Bekannte, die einem entweder etwas besorgten oder sich mit der Kunst des Ausweisfälschens auskannten. Bei uns hieß unser Mittelsmann Liam, zumindest war er derjenige, den Jin anrief, wenn er etwas benötigte, an das er nicht so einfach rankam, das kam aber äußerst selten und nur vor, wenn Tae ihn lange dazu überredete.

Jin hatte Liam bei Instagram kennengelernt und da San Francisco groß, die Welt klein war und Zufälle öfter passierten, als man dachte, kam es so, dass Liam am Stadtrand wohnte und uns mit Substanzen versorgte, wenn wir welche benötigten, gegen einen kleinen Aufpreis natürlich. Und obwohl ich noch nie so ein großer Freund davon gewesen war, Sachen auf illegaler Basis zu tun, so war das ein oder andere Bier dann doch getrunken worden, vor allem auf Partys, denn manche von denen ertrug wirklich nur schwierig, wenn man nichts intus hatte.

"Zwei Jahre", murmelte mein Gegenüber abwesend und blies den Rauch in den sich nun orange färbenden Himmel. Er schien nachdenklich, fast ein wenig nostalgisch und irgendwie fühlte ich mich fehl am Platz.

Ich nickte, einschätzen, ob das lang oder kurz war, konnte ich nicht, dazu hatte ich zu wenig Erfahrung mit dem Konsum von Tabak. Ich wusste, dass meine Mutter früher geraucht hatte, aber damit hatte sie aufgehört, als sie mit mir schwanger geworden war und seitdem war sie nie wieder auch nur in die Nähe einer Zigarettenschachtel gekommen.

"Wenn du magst", kurz hielt er inne biss sich auf die Unterlippe und sprach dann weiter. "kannst du mal probieren."

Er hielt mir den Stummel hin, gut  die Hälfte war schon niedergebrannt. Unschlüssig musterte ich zuerst den Rothaarigen, dann seine Hand, die die Zigarette zwischen Zeige und Mittelfinger eingeklemmt hielt. Die Hinterseite glühte und verströmte diesen typischen Geruch und für einen kurzen Moment fühlte ich mich ziemlich seltsam.

Wissen tat ich nicht warum ich schließlich sein Angebot annahm. Vielleicht tat ich es deshalb, weil ich mich ihm somit ein Stück näher fühlte. Ein Stück Hoseok, ein Stück von seiner Existenz, was ich ihm da gerade entgegennahm.

Es war lächerlich, das wusste ich, aber ich hatte sowieso nichts zu verlieren, außer vielleicht einen Hustenanfall und das war es mir komischerweise wert, auch wenn ich mir ziemlich sicher war, dass es unangenehm werden würde.

Meine Hand zitterte kaum merklich, irgendwie fühlte sich der Moment ein wenig zu intim an. Hoseok, der mich neugierig beobachtete und darauf wartete, dass ich entweder abbrach oder einen Zug nahm, die Kippe, fast schon provokant in meiner Hand und zu guter Letzt ich selbst, der sich einredete, dass das hier irgendwas zu bedeuten hatte.

Der Moment, in dem ich dann endlich den Stummel zwischen meine Lippen schob und einen tiefen Zug nahm, fühlte sich an wie eine weitere Gefühlsexplosion. Durch meinen Kopf schoss lediglich der Gedanke, dass ich gerade passiv den Rothaarigen küsste. Dessen Lippen hatten sich zuvor auch an genau der selben Stelle befunden, wie meine jetzt in diesem Moment und für einen kurzen Augenblick genoss ich es.

Ich genoss Hoseoks interessierten Blick, das Gefühl, dass mir diese Situation gab und das Adrenalin, das durch meine Adern schoss. Ich wusste, dass ich hier etwas tat, was ich wohl sonst nie in meinem Leben tun würde. Ich war langweilig, das illegalste, was ich bis jetzt getan hatte, war vielleicht bis, um zwei Uhr aufzubleiben und zu zocken, obwohl meine Mutter mir zuvor gesagt hatte, ich solle für ins Bett gehen (die paar Flaschen Bier, die ich in meinem kurzen Leben schon getrunken hatte ausgenommen).

Und jetzt stand ich hier, am Meer, neben der Person, die meine Gefühle seit über einer Woche verrückt spielen ließen, sah auf die Weiten des Ozeans und erlebte einen irgendwie komisch sexuellen Moment, der sich allerdings nur in meinem Kopf abspielte, während die Person meiner Fantasien direkt neben mir stand und mich abwartend und irgendwie durchdringend ansah. Und erst jetzt viel mir auf, wie sehr ich diese Situation und das Gefühl mochte, das sie in mir auslöste. Das konnte noch heiter werden.






Summertime Madness | JiHopeOù les histoires vivent. Découvrez maintenant