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Die ersten Sonnenstrahlen des Morgens dringen durch die Fensterscheibe des Wagens und beleuchten mein müdes Gesicht. Während ich mich im Halbschlaf zur Seite drehen will, stoße ich unerwartet auf ein Hindernis. Langsam wende ich meinen Blick dorthin und finde einen tätowierten Arm, der mich fest umschließt. Meine Augen folgen dem Arm hinauf zum friedlich schlafenden Gesicht von Jason. Der Anblick seiner entspannten Züge bringt mich dazu, mich nicht aus seiner Umarmung zu lösen, aus Angst, diesen Moment der Stille zu unterbrechen.

Ich rücke näher an ihn heran, da die Rückbank unseres alten Wagens kaum genug Platz für uns beide bietet. Jede kleine Bewegung könnte mich aus dem Auto rutschen lassen. Fast unbewusst beginne ich, mit den Spitzen seiner dunklen Haarsträhnen zu spielen, die ihm lässig ins Gesicht fallen.

»Lola«, murmelt er mit einer Stimme, die von Schlaf benommen ist, und zieht mich instinktiv noch näher an sich.

»Tut mir leid«, entgegne ich leise und ziehe meine Hand zurück, doch er schüttelt nur den Kopf, als wollte er sagen, dass es in Ordnung ist.

»Guten Morgen«, sagt er mit einem leichten Grinsen und versucht gleichzeitig, seine Augen vor dem grellen Licht zu schützen.

»Morgen«, erwidere ich und setze mich etwas aufrechter hin.

»Wir sollten wirklich langsam hier wegkommen«, seufzt er, und ich nicke zustimmend. Nach einer Nacht im Auto sehne ich mich nichts mehr, als in mein eigenes Bett zu fallen und richtig auszuschlafen.

Die Rückbank, die uns als Schlafplatz diente, war bei Weitem nicht so bequem, wie ich sie in Erinnerung hatte. Früher, als Kind, teilte ich diesen Platz oft mit Tyler auf unseren Familienfahrten nach Nevada, um unsere Großeltern zu besuchen. Damals passten wir beide leicht hinein, doch jetzt kann ich kaum meine Beine ausstrecken, ohne anzustoßen.

Jason richtet sich auf, zieht mich mit sich hoch und fährt sich durch sein zerzaustes Haar. Ein tiefes Gähnen entflieht ihm, bevor er seine Snapback aufsetzt, was ihm ein jugendlich-verschmitztes Aussehen verleiht.

»Hast du eine Idee, wie wir von hier wegkommen?« frage ich, während ich noch einmal seine Nähe genieße. Unsere Smartphones sind beide leer, und bisher ist kein einziges Auto auf dieser abgelegenen Landstraße vorbeigekommen.

Jason dehnt sich noch einmal gründlich und schaut dann nachdenklich in die Ferne. »Es ist kurz vor sieben, der Berufsverkehr sollte langsam beginnen, aber ich bin mir nicht sicher, ob auf dieser Landstraße viel los sein wird«, überlegt er, während er die Tür öffnet und aussteigt.

Ich folge ihm nach draußen, ziehe die Jacke enger um meine Schultern und genieße den kühlen Morgenwind. Die frische Luft ist ein krasser Gegensatz zur stickigen Atmosphäre im Wagen und belebt meine Sinne. Ich atme tief ein und lasse den Blick über die weite Landschaft schweifen.

Jason und ich strecken uns neben dem Wagen und setzen uns auf die Motorhaube.

Die kurze Nacht hat uns beiden nicht ausreichend Ruhe gegönnt, und so stehen wir etwas wackelig auf unseren Beinen.

Nach einer Weile des Schweigens, in der wir die Ruhe und die aufgehende Sonne genießen, schlägt Jason vor: »Hast du morgen etwas vor?« Seine Stimme ist weich, seine dunklen Augen fixieren mich mit einer Intensität und streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

»Nein, nichts geplant«, antworte ich, immer noch ein wenig benommen von der vergangenen Nacht.

»Gut, dann entführe ich dich morgen. Wir fahren in die Stadt«, sagt er und es klingt eher wie ein Versprechen als eine Frage.

Plötzlich unterbricht das laute Hupen eines Fahrzeugs unsere Unterhaltung. Ein Abschleppwagen hat sich uns genähert und hält mit quietschenden Bremsen neben uns an. Der Fahrer, ein Mann in einem blauen Overall, lehnt sich aus dem Fenster.

»Guten Morgen, braucht ihr Hilfe?«, ruft er freundlich.

Jason nickt und tritt vor. »Ja, wir haben eine Panne. Könnten Sie uns nach Lakewood bringen?«, fragt er, während ich ihm dankbar zusehe, wie er die Details unserer Rettung klärt.

Ich bleibe einen Moment allein zurück, während die Männer den Wagen vorbereiten. Es dauert nicht lange, und wir sitzen beide im Abschleppwagen, bereit, endlich nach Hause zu fahren.

»Ich freue mich so auf mein Bett«, seufze ich erleichtert, als der Wagen sich in Bewegung setzt.
Der Heimweg zieht sich, doch meine Müdigkeit lässt nach und ich schaue nach draußen, beobachte, wie die vertraute Landschaft an uns vorbeizieht.

Die Fahrt scheint endlos, aber ich bin zu erschöpft, um sie vollständig wahrzunehmen. Als wir schließlich meine Straße erreichen, steige ich aus und verabschiede mich von Jason.

»Sehen wir uns morgen?«, frage ich, um sicherzugehen.

»Natürlich. Ich hole dich ab. Ich melde mich später bei dir«, versichert er mir und zwinkert, bevor er mit dem Abschleppwagen davonfährt.

Ich schaue ihm nach, bis der Wagen um die Ecke biegt und aus meinem Blickfeld verschwindet. Dann gehe ich zum Gebäude und schließe die Haustür auf.

Ich schaue ihm nach, bis der Wagen um die Ecke verschwindet, dann gehe ich zum Gebäude und schließe die Haustür auf. Emelie steht bereits im Flur und begrüßt mich mit einem warmen Lächeln.

»Ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr zurück«, sagt sie, während ich meine Schuhe ausziehe.

»Es gab ein kleines Problem«, erkläre ich knapp.

Emelie nickt, vermutlich ahnt sie, dass Jason involviert war, aber sie fragt nicht weiter nach.

»Ich habe gerade Pancakes gemacht. Sie sind noch warm, falls du etwas essen möchtest«, bietet sie an und weist mit einer Handbewegung zur Küche.
Sie verwendet diese Ablenkung geschickt, um das Thema zu wechseln.

Trotz des verlockenden Angebots lehne ich ab. »Danke, aber ich bin wirklich zu müde. Ich denke, ich lege mich noch etwas hin.«

Emelie zieht eine Augenbraue hoch, akzeptiert aber meine Entscheidung. »In Ordnung. Lass mich wissen, wenn du später etwas brauchst.«

Ich nicke und mache mich auf den Weg ins Badezimmer. Der Spiegel zeigt mir ein müdes Gesicht, das die Spuren einer langen, unruhigen Nacht trägt. Meine Augen sind leicht gerötet, und die zu große Jogginghose, die ich noch immer trage, erinnert mich daran, wie hastig und ungeplant die letzten Stunden verlaufen sind.

Nachdem ich mir das Gesicht mit kaltem Wasser abgespült habe, um die Müdigkeit zu vertreiben, schlüpfe ich aus Jasons Kleidung und werfe sie auf den Wäschekorb.

Noch ein letzter Blick in den Spiegel, und ich verlasse das Badezimmer, um in mein Schlafzimmer zu gehen. Das Bett sieht unglaublich einladend aus, und der Gedanke, mich unter die Decke zu kuscheln, ist fast zu verlockend, um zu widerstehen.

Die Matratze gibt unter meinem Gewicht nach, als ich mich hinlege. Ich ziehe die Decke hoch bis zum Kinn und schließe die Augen. Die Erschöpfung übermannt mich schnell, und ich spüre, wie ich an der Schwelle zum Schlaf schwanke.

Ein paar Stunden Ruhe werden mir guttun, um die Ereignisse der vergangenen Nacht zu verarbeiten und Kräfte zu sammeln für das, was noch kommen mag.

Jasons Einladung für den nächsten Tag hallt in meinem Kopf nach, während ich in einen friedvollen Schlaf sinke.

GangbattleWhere stories live. Discover now