34°

8.2K 315 10
                                    

Luca weicht schockiert ein paar Schritte zurück.

Ich stehe da, überrascht von meinen eigenen Worten, die so endgültig zwischen uns im Raum hängen.

»Es tut mir leid«, entfährt es mir leise.
Es fühlt sich an, als stünde ich am falschen Ort, gefangen in einem Moment, der mir nicht gehört. Ohne ein weiteres Wort drehe ich mich um und fliehe vor ihm, getrieben von der stummen Bitte, dass er mir diesmal nicht folgt.

Heiße Tränen bahnen sich ihren Weg über meine Wangen, ein Anblick, der mir merkwürdig egal ist. In der Vergangenheit hätte mich der Gedanke, von anderen in so einem verletzlichen Zustand gesehen zu werden, zutiefst gestört. Doch jetzt, in diesem Moment, ist mir die Meinung anderer gleichgültig.
Ich konzentriere mich darauf, nicht über meine eigenen Füße zu stolpern, während ich mich durch die dicht gedrängte Menge presse, sehnsüchtig nach dem Ausgang und der Dunkelheit strebend, die jenseits der Casino-Lichter auf mich wartet.

Draußen schlägt mir die kalte Nachtluft entgegen und lässt mich augenblicklich frösteln; ein unangenehmes Gefühl der Reue durchzuckt mich, keine Jacke mitgenommen zu haben.

Wie konnte ich nur so naiv sein zu glauben, dass Luca und ich jemals zu einem normalen Umgang miteinander zurückfinden könnten? Die Idee, dass wir diesmal ohne Annäherungsversuche und Konflikte auskommen könnten, war einfach zu gut, um wahr zu sein.

Die Erkenntnis, dass ich den Rest des Abends unmöglich nach Hause gehen kann, durchfährt mich schmerzlich. Luca wird dort auf mich warten, bereit, das Gespräch zu suchen, das ich gerade so verzweifelt gemieden habe. Doch die Vorstellung, ihm gegenüberzutreten, mich seinen Fragen und der eigenen Zerrissenheit zu stellen, ist unerträglich.

Plötzlich erscheint mir die Idee, Jason anzurufen, als einziger Ausweg. Er scheint die einzige plausible Lösung zu sein, der einzige Ort, an dem niemand nach mir suchen würde. In diesem Moment der Verzweiflung realisiere ich, wie sehr ich ihn brauche.

Das Smartphone, sicher verstaut im Gürtel an meinem Oberschenkel, wird in einer hastigen Bewegung hervorgeholt. Mit zitternden Fingern navigiere ich durch die Kontakte, bis ich auf Jasons Namen stoße. Ohne zu zögern, drücke ich auf den Anrufbutton und halte mir das Gerät ans Ohr. Die Sekunden bis zur Verbindung dehnen sich unerträglich, bis schließlich Jasons Stimme durch die Leitung bricht.

»Lola?« Sein Tonfall, ruhig und fest, bietet einen Kontrast zu dem Sturm der Emotionen in mir.

Ich öffne meinen Mund, um zu antworten, doch anstelle von Worten entweicht mir nur ein ersticktes Schluchzen.

»Verdammter Wichser«, flucht er auf der anderen Seite, sowie andere, unverständliche Worte.

»Wo steckst du Babe? Ich bin maximal in zehn Minuten da«, sagt er entschlossen. Im Hintergrund nehme ich das Geräusch einer zufallenden Autotür und den Start eines Motors wahr.

Tief einatmend, versuche ich, meine Fassung wiederzuerlangen, um ihm eine klare Antwort zu geben. »Ich bin draußen, vor dem Jacks. Bitte, beeil dich, Jason.«

Meine zitternde Stimme verrät mehr als nur die Kälte, der ich ausgesetzt bin.

»Bleib genau da, wo du bist. Rühr dich nicht von der Stelle«, drängt Jason mit Nachdruck am Telefon, bevor er die Verbindung beendet.

Ich nicke automatisch, obwohl er mich nicht sehen kann, umklammere mein Telefon fester und versuche, mich gegen die Kälte zu schützen, die jetzt mein geringstes Problem zu sein scheint.
In meiner Brust fühlt sich alles so schwer an, als hätte jemand ein Bleigewicht hineingelegt.
Die Schmerzen eines gebrochenen Herzens übertreffen alles, was ich mir jemals vorstellen konnte.
Es ist anders dieses Mal, intensiver und tiefer, ein Schmerz, der jede vorherige Verletzung in den Schatten stellt.
Die Last, die ich so lange zu verbergen versucht habe, zerbricht und hinterlässt einen Haufen Scherben um mich herum.
Jeder Atemzug scheint mühsamer, das Pochen meines Herzens unerbittlich.

GangbattleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt