vierundvierzigste Kapitel

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Ich wollte es nicht wahrhaben, doch es war die grobe Realität. Diese Frau war in meiner Nähe. Die Frau, die ich lange Zeit jede Nacht in meinen Träumen sah, war nun in meiner Nähe. Die Intention meines Kartells war jedoch nicht unsere Versöhnung, denn die war unmöglich.

Die Schnelligkeit meines Herzrhythmus brachte mich um den Verstand, während ich wie gebannt auf das Telefon in der Hand meines Cousins Marcó starrte. Ich redete mir ein, dass meine innere Unruhe nur etwas mit den möglichen Verhandlungen zu tun hat, doch so oberflächlich waren meine Gedanken nicht. Nie. Sie kreisten ständig um diese Frau.

Auch nach gottverdammten drei Jahren.

In vielen Mediatheken strahlte man ihr engelsgleiches Gesicht fast täglich aus, doch ich fragte mich, wie sie mittlerweile in echt aussah. Dabei sollte mich das nicht mal ansatzweise interessieren. Darauf hatte ich kein Recht.

"Man ruft sie gerade", informierte Marcó uns über den Stand des erst begonnen Telefonats. Unser Schiff hatte sich gezielt dem Grenzgebiet der Nuevas genähert, denn wir mussten uns mit ihnen auseinander setzen, um uns auch in Mexiko zu verbreiten. Verträge, die in einem Spind an Bord gesichert waren, würden eine Handelsbeziehung zwischen den Nuevas und den Belluccis ausarbeiten. Sie waren die Nummer Eins in Mexiko und wir in Spanien. Unsere Nationen fühlten sich zu einander verbunden und unsere Organisationen hatten die selben Interessen.

Das war der Grund, weshalb wir sie kontaktierten. Nur das.

"Hola" Das war sie. Ihre Stimme. Penelopé. Ich konnte es nicht vollständig realisieren. Verdammt, wie sehr ich diese Stimme vermisst hatte, obwohl sich ihre Begrüßung viel härter und strengere als früher anhörte. Ich durfte nicht damit beginnen Bezüge zur Vergangenheit zu machen und ihr altes Ich mit der jetzigen Penelopé, welche die Nuevas organisierte, vergleichen. Drei Jahre hatte ich sie nicht Sprechen gehört. Sie erlaubte keine Interviews mit den Journalisten Mexikos.

"Buenos dias, Senora" Marcó zeigte mir seinen gestreckten Daumen, um mir zu verdeutlichen, dass alles nach Plan ging. Puto. Er sollte sich mehr auf das Gespräch konzentrieren, als auf mich.

"Hier ist Marcó Bellucci. Wir haben sehr großes Interesse an einem Gespräch mit Ihnen" Es war still und das eine Weile lang. Fast hätte ich die Geduld verloren und ihm das Telefon aus der Hand gerissen, um sie zu fragen, was zur Hölle denn so lange brauchte.

"Das hätten Sie mir auch sagen können, bevor sie kurz davor sind in unser Gebiet einzudringen" Gottverdammt. Sie hörte sich so unfassbar erwachsen und dominant an. Was wurde nur aus ihr? Ich sah sie hautnah vor mir, wie sie mit verschränkten Armen und zusammengezogenen Augenbrauen über Wege nachdachte uns so schnell wie möglich von sich zu entfernen. Doch auch sie wusste, wie vorteilhaft eine Fusion, eine Allianz wäre. So intelligent war Penelopé.

"Nun, normalerweise laden wir uns nie selbst ein, doch uns sagten Experten, dass Sie nie andere Organisationen zu sich einladen", fuhr Marcó fort. Ich spürte eine Welle der Wut mich einnehmen. Diese Situation war so absurd. Wie sie antwortete, wie Marco sprach, wie ich darauf wartete, dass sie uns ein Ja schenkte und wie wir die Nuevas doch eigentlich überhaupt nicht brauchten. Wieso taten wir das? Wieso musste mich mein Vater auf diese gottverdammten Plan bringen?

Auch ohne die Nuevas wären wir stark genug, um in Spanien weiterhin Großmacht zu bleiben. Uns gehörte dort jedes einzelne zentrale Institut und dafür hatte ich die letzten drei Jahre viel gearbeitet. All die elendigen Politiker und Beamten hatten sich den Bellucis zugewendet, nachdem sie von der ehemaligen Regierung seit der Wirtschaftskrise vor drei Jahren vergessen wurden.

Die Tochter des GangstersWhere stories live. Discover now