Das einundsechzigste Kapitel

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Es beginn damit, dass er langsamer lief, als früher. Einige Nächte konnte er nicht schlafen, weil er Probleme bekam mit dem Atmen. Immer wenn es so war, fuhr ich beruhigend über seine Brust. Sein Gesicht wurde blasser, die Augenringe dunkler und der Körper schmaler.

Wenn er mich umarmte, konnte er nicht mehr so fest zudrücken. Es fehlte ihm an Kraft.
Die einst so starken Arme ließen nach.

"Sieh mich nicht so an", flüsterte er rau in meine Halsbeuge. "Ich liebe dich" Meine Stimme sollte ihn stärken, doch es fühlte sich nur an, als würden uns diese Worte daran erinnern, was uns bevor steht.

Seine Organisation übertrug er per Unterschrift an Marco, der still weinend vor unseren Augen zusammenbrach, nachdem auch er es erfuhr. Meine Eltern besuchten uns öfter. Wir lachten viel und ehrlich, vor allem als wir das Kinderzimmer strichen und einrichteten.

Nadal war immer noch so provokant und herrisch, wie in den letzten Jahren auch, nur zeigte er es immer seltener. Oft verbrachten wir den ganzen Tag, indem wir in unseren Armen auf der großen Couch lagen und den Himmel betrachteten, bis er dunkel wurde.

In diesen Momenten dachte ich über Nadal und mich nach. Unsere Geschichte. Alles fing so verdammt unschuldig an. Niemals hätte ich an diesem bestimmten Tag gedacht, dass der atemberaubende Mann, der im maßgeschneiderten Anzug und dem steinharten Gesicht neben meinem Vater saß, mein das Herz jemals so zum Leben erwecken konnte.

Eines Abends hörte ich ihn laut im Bad husten. Ich wünschte, ich wäre nicht Nachsehen gegangen, denn der Anblick seines müden Gesichts, welches über dem Waschbecken hing und nach unten auf die Blutspur gerichtet war, zerriss mich innerlich.

Ich nahm seine Hand und lief mit ihm in unser Bett. "Es tut mir so leid", flüsterte er, als ich mich in seine Arme legte. "Entschuldige dich nie wieder" Breit lächelte ich ihn an. "Du bist genau so schön, wie du es schon immer warst"

Nadals Augen weiteten sich provokant. "So hast du ganz am Anfang aber nicht gedacht. Zumindest hast du es nicht zugegeben", sprach er. Das waren die guten Momente. Die in denen er locker sprechen konnte, ohne Schmerzen zu haben, die er mir ohnehin so selten zeigen wollte.

"Hätte ich es direkt zugegeben, wärst du nicht an mir dran geblieben", murmelte ich und küsste seine Brust vorsichtig. "Ich werde für immer an dir dran bleiben, Penelopé" Ein leises Versprechen war es, das er mir da machte. "Und sonst niemand" Mit diesen Worten flüsterte ich ihm ein Versprechen zu.

Nadal verstand sofort. Als ich ihn mir so ansah, wollte ich weinen. Er war so lebendig und strahlend wachsam gewesen früher. Sein Gesicht verlor an Farbe und seine Augen waren zwar gefüllt mit Liebe, doch sie wirken so unfassbar erschöpft und müde. Müde von all den schlaflosen Nächten, in denen er vor Schmerzen stöhnend aufstand, sich immer wieder an die Brust fasste und eines Nachts sogar vor meinen Augen auf dem Weg zum Bad zusammenbrach. Das würde ich niemals vergessen. Es hatte mich traumatisiert.

"Penelopé" Mein Herz, es würde mit ihm aufhören zu Schlagen. "Nein, Nadal. Niemals. Du wirst sowas nicht von mir verlangen können. Niemals werde ich jemanden nochmal lieben. Dazu bin ich doch gar nicht mehr in der Lage"

Ich schrie beinahe, weil ich mich plötzlich so panisch fühlte. "Das ist nicht möglich. Es gibt kein nach dir. Denn es endet niemals" So eingeengt von all den Tatsachen, denen ich nicht in die Augen sehen wollte.

Die Tochter des GangstersWhere stories live. Discover now