das achtundvierzigste Kapitel

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Wollte sich mich etwa herausfordern? Ihre ständigen Blickkontakte mit einem blonden Schnösel, der seinen Autoschlüssel so protzig wie möglich auf den Tisch gelegt hatte, provozierten meine innere Kontrolle und Ausgeglichenheit.

"Willst du wirklich nichts essen?", fragte Raoul sie, den ich tatsächlich immer mehr leiden konnte. Er ähnelte vom Verhalten Marco, was auf Dauer anstrengend wird. Sie überlegte kurz und nahm dann doch die Speisekarte in die Hand. Was würde sie bestellen? Tamale, wie das Lieblingsgericht ihrer Mutter?

"Ich nehme einmal den Vorspeisenteller" Der ekelerregende Mann von Kellner starrte ihr wieder länger als nötig auf die Lippen, statt in die Augen. Dieser Bastard. Hat er denn keine Erziehung genossen? Meine Wut blendete meine Augen vor dem Einfluss Penelopes Präsenz.

"Und die Tamales" Wären wir nicht in der Situation, die uns beide prägte, hätte ich in mich hinein gelächelt, doch die Zeiten waren vorbei. "Macht die Küche gerade Urlaub, oder wieso warten wir seit zwei tagen auf unser Essen?" Plötzlich riss der Kellner seinen Kopf zu mir und wand sich entschuldigend zum Gehen ab. Penelope rollte bloß genervt über meine Worte die Augen. Undankbare Schlange.

Neben mir saß eine bildhübsche Frau, die weitaus mehr Erfahrung und Wissen als jede Andere vor ihr besaß und ganz genau wusste, was ich wollte und was nicht und das in jeglicher Hinsicht.

Trotzdem konnte ich mich nur schwer zusammenreißen um Penelope nicht zu fragen, warum sie ihre gottverdammten Augen nicht von dem Typen am Nebentisch lösen konnte. Was ging mich das an? Nichts. Ich war der Mann, der sie freigegeben hatte, obwohl mir Ihre Augen vor drei Jahren das Licht auf eine andere Zukunft gezeigt hatten.

Mittlerweile konnten mir die Vorfälle an diesem bestimmten Abend nicht unwichtiger sein, denn ich hatte alles erreicht, was ich mir jemals vorgenommen hatte. Ich schlief mit wem ich will, gab so viel Geld aus, wie ich will und rauchte so viel ich will, ohne die leise Stimme neben mir zu hören, die mich daran erinnerte, dass es ungesund war.

Ab und zu hörte ich diese Stimme im Kopf, wenn ich es einer abgehobenen teuren Millionärstochter in meinem Penthouse an der Südküste besorgte.

Lamia dürfte sich darüber niemals beschweren. Niemals. Keine einzige Sekunde kam mir in den Sinn mich jemals für mein Leben rechtfertigen und das würde ich auch nicht für sie tun. Für niemanden. Doch Lamia wagte es nie auch nur ein Kommentar zu meinem Leben neben ihm abzugeben.

Sie brauchte mich. Manchmal hatte ich das Gefühl, als sei sie süchtig nach mir und immer wenn ich so empfand, sagte ich ihr ab und rauchte ein Zigarette um mich daran zu erinnern, dass mir keine Frau mehr jemals gewachsen sein könnte.

Dafür hat sie meinen Kopf und meine Prinzipien zu sehr gefickt.

Bis unsere Gerichte kamen unterhielt sich Penelope mit Marco und Raoul abwechselnd und jedesmal wenn einer von den Beiden frei zum Sprechen war, zog Lamia ihre Aufmerksamkeit auf sich. Währenddessen wanderten Penelopes Augen nur wenige Sekunden zu mir. Was sah sie, wenn sie mich ansah? Wen sah sie? Und zu wem war sie geworden?

Nachdem die Gerichte den Tisch erreichten, bekam Penelope ihren Teller als Letztes und als auch sie endlich die eindringlichen Blicke bemerkte, riss sie ihm den Teller eigenhändig weg und deutete mit dem Kopf eine Bewegung an, die ihn wegscheuchte.

Die Tochter des GangstersWo Geschichten leben. Entdecke jetzt