das vierzehnte Kapitel

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Die Tochter der Yureks würde niemals jemand anfassen. Seine Worten hallten mir immer noch in den Ohren, als hätte er sie vor wenigen Sekunden erst ausgesprochen. Dabei waren bereits einige Stunden vergangen, seit ich Nadal zuletzt gesehen hatte.

Ständig in meiner Nähe befand sich Nadals Vertretung, mit der ich kein Wort gewechselt hatte. Auch sein Name war es nicht wert, gemerkt zu werden. Ihn hinter mir stehen zu wissen brachte mich aber glücklicherweise gewiss nicht so abrupt aus der Rolle, wie es bei Nadal ständig passierte.

Auch, als ich mich mit Raquel über das Samtkleid einer ihrer Gäste unterhielt, wanderten meine Gedanken zu Belluci. Höchstwahrscheinlich war er in der selben Sekunde damit beschäftigt es einer wunderschönen hochgewachsenen Blondine zu besorgen. Von denen hatte ich nämlich unzählige im Baton Rouge gesehen und da ich wohl mit Sicherheit auch vom Äußeren nicht sein Typ zu sein schien, vermutete ich, dass Frauen mit helleren Haaren mehr Glück hatten. Wenn man denn überhaupt von Glück reden konnte.

„Ramòn hat mich vorhin gefragt, wann du denn kommen würdest. Ich glaube, der Typ-" Harsch unterbrach ich Raquel, da ich mir ihre kommenden Worte bereits ausmalen konnte. Dafür hatte ich an dem Abend nicht genug Kraft. „Raquel, dieser Typ kann noch so oft, wie er will nach mir fragen, aber ich werde ihm keine Aufmerksamkeit schenken"

Meine rothaarige Freundin rollte genervt die Augen. Dass sie ständig versuchte den blonden Mexikaner und mich in eine Ecke zu treiben, raubte mir den letzten Nerv. „Natürlich nicht. Vor allem nicht, wenn es da jemand anderen gibt, der in deinen Gewässern schwimmt" Wo zur Hölle hatte sie das denn jetzt? Mein misstrauischer Blick forderte sie dazu auf weiterzusprechen.

„Es heißt, dass du mit dem Schutz von Nadal Belluci gesegnet wurdest" Tief lachte ich auf, ehe ich mir die Strähne aus dem Gesicht streifte und kurz über meine Schulter zu Nadals Kollegen warf, der ihn für den heutigen Abend vertrat.

„Gesegnet? Gott, was denken die Leute denn über ihn?" Raquel verstand die Frage in keinster Weise. Scheinbar war es, ihrem Blick nach zu zuerteilen, schon dumm von mir überhaupt erst zu fragen. „Es ist Nadal Belluci, Pénelope. Dass du wenig über unsere Welt weißt, ist kein Geheimnis, aber so unwissend kannst du nicht sein" Ihre indirekte Beleidigung knallte mir mit voller Wucht gegen meinen Stolz.

„Über euren tägliche Tratsch weiß nichts. Vielleicht weiß ich deshalb nicht, dass ihr den Boden küssen würdet, auf dem ein Mann, wie jeder andere, lief"

Raquel schnappte empört nach Luft, wie sie es jedesmal tat, sobald sie sich angegriffen fühlte. Diese Diskussion erschöpfte mich, weshalb ich mich zu Nadals Kollegen wand, der sich im Gegensatz zu mir hervorragend amüsierte. Lachend stieß er mit anderen Bodyguards dieser Gala an und kippte sich irgendeine gelbe Flüssigkeit den Hals hinunter, als gäbe es kein Morgen.

Seufzend lockerte ich die Schultern und entschied mich dafür auf die Terrasse zu gehen, um mich von all dem Trubel und der Hektik der Gala distanzieren zu können, denn immerhin war es keine Gesellschaft, in der ich mich wohl fühlte. Blicke, die mir deutlich zeigten, wer ich war, schnappte ich bereits den ganzen Abend auf. Die Tochter der Yureks war ich. Mich konnte man nicht so leicht übersehen.

Entweder beobachteten sie mich neugierig, weil ich sonst selten aus der liebevollen, sicheren und heimischen Blase meiner Familie ausbrach. Anderseits gab es auch fast schon neidische Blicke, die ich gekonnt ignorierte, da ich wahrheitsgemäß mit großen Abstand mental über diesen Menschen stand, egal, wie reich sie waren.

Die Tochter des GangstersWhere stories live. Discover now