das dreizehnte Kapitel

12.3K 431 136
                                    

P

„Achte auf deinen Ton, wenn du mit mir sprichst, Pénelope" Nadals schneidende Stimme mahnte mich und ich nahm diese Mahnung leider ernst, da ich mich in einem kompletten Stresszustand befand.

„Was ist dein Problem?" Mein Vater war mein Problem, doch das würde ich ihm niemals erzählen. Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Familie gingen niemanden etwas an, auch nicht Nadal, egal, wie sehr mein Vater ihn mochte.

Es war die einfache Loyalität, die ich meiner Familie entgegenbringen musste, weshalb ich Nadal nicht erzählen würde, dass mein Vater ein Problem mit dem Verlauf meiner beruflichen Karriere hatte. Ich war lange nicht mehr minderjährig, deshalb sollte ich wohl langsam für mich selbst entscheiden dürfen und dass er einer anderen Meinung war, brachte mich zum Austicken.

„Das geht dich überhaupt nichts an", zischte ich gestresst und ließ meinen Kopf in den Nacken fallen. Bald wurde es Zeit für Raquels Feier, doch ich konnte mich auf Grund der Diskussion mit meinem Vater nicht entspannen. Zumal es nicht Nadal war, der mich zum Pavillon meiner Freundin brachte, sondern sein unbekannter Kollege, von dem ich noch nie etwas gehört hatte.

„Fahr' endlich los", forderte ich ungeduldig, als Nadal etwas auf seinem Telefon zu Tippen begann. Er packte das Lenkrad fester, so dass seine Knöchel weiß hervortraten. Fühlte er sich immer so rasant provoziert, oder lag es tatsächlich nur an meiner Art? Als jemand, der ständig in der Nähe von Menschen war, sollte er doch besser mit seinen Empfindungen umzugehen wissen, als sich bei den Worten einer jungen Mexikanerin jedesmal aufs Neue auf die Spitze seiner Selbstbeherrschung treiben zu lassen.

Plötzlich überkam mich ein Gefühl des Stolzes, welches ich selbst nicht realisieren und ernst nehmen konnte und durfte. Es war absurd und vielleicht auch etwas widersprüchlich, doch es schmeichelte mich, dass ich die Person war, die Nadal Belluci derart aus der Fassung bringen konnte, auch wenn es eine negative Art war und nicht die, wie beim vorherigen Abend.

„Steig aus" Abrupt riss mich der so kühle und fast schon dauerhaft distanzierte Mann aus meinen verbotenen Gedanken, als er mit dem Kopf zu unserem Anwesen nickte. „Los, ich habe zu tun", fügte Nadal drängend hinzu, da ich nicht gleich reagierte. Schnaubend packte ich meine Tasche und warf meine Haare über die Schultern, um mich dann zum Türknauf vorzubeugen. „Natürlich hast du das"

Mit einem Handgriff zog mich Nadal am Arm bestimmend wieder auf den Sitz und blitzte mich so herausfordernd an, dass ich für einen Moment vergaß, was ich wenige Sekunden zuvor gesagt hatte. Ich versuchte es, ja, ich versuchte es mit aller Kraft, doch ich konnte vergeblich rein gar nichts aus diesen so markanten und strengen Gesichtskonturen lesen.

Es war, als hätte er jegliche Emotion und Menschlichkeit hinter dieser so eiskalten Fassade versteckt und durch sein sehr aussagekräftiges Verhalten deutete er mir an, dass ich mit großer Sicherheit die letzte Person wäre, die hinter diese Fassade schauen könnte, selbst wenn ich es mehr als alles andere auf dieser Welt wollen würde. Er würde es mir niemals gestatten. Niemals.

„Sprich laut und deutlich, wenn du mir was zu sagen hast" Die schneidende Stimme, der intensive Blick über mein ganzes Gesicht und die plötzliche Nähe, die mir eine Gänsehaut bescherte, all das zusammen, fühlte sich an, als würde mein Kopf vor so vielen Sinneseinflüssen jeden Moment platzen.

Würde ich es denn versuchen? Würde ich das Risiko eingehen, all meine Kraft aufzubrauchen, nur um mich auf ein solch gefährliches Spiel mit diesem Mann, der Verlangen, eine unbekannte Lust und einen immer stärker werdenden Drang in mir weckt, welches ich zuvor noch kein einziges Mal gespürt hatte, einzulassen?

Die Tochter des GangstersWhere stories live. Discover now