das dreißigste Kapitel

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Nach wenigen Minuten wurde ich von einem pechschwarzen Wagen direkt vor der Haustür abgeholt. Ich hörte Nael den Fahrer darüber informieren, dass er nach Hause gehen würde. Wohin auch sonst. In mein Zimmer würde dieser Mann es nicht mehr schaffen.

Als ich im Anwesen ankam, bekam ich die längsten und festesten Umarmungen, die ich jemals gespürt hatte. "Dios mio, wenn dir was zugestoßen wäre", murmelte meine Mutter gegen meine Stirn, als sie meine Rücken streichelte. Selbst Adnan umarmte mich und das war dann doch mal eine große Ausnahme für meinen Bruder. Wenn wir uns berührten, dann nur weil wir uns schlugen.

Mein Herz ging auf, als ich die Sorge in ihren Augen sah. Gleichzeitig fühlte ich mich schlecht dafür, denn ich wollte nicht der Grund für ihre Angst sein. Wir setzen uns zusammen ins Wohnzimmer, als uns die Bediensteten Tee brachten. Adnan und ich lagen beide im Arm unserer Mutter, die sich mittlerweile beruhigt hatte. Mein Vater saß auf seinem Königssessel aus schwarzem Samt, als er sein Glas entgegennahm.

"Padre, wenn ich gewusst hätte, dass sie so dicht an uns dran waren, dann wären wir niemals so lange bei Marta geblieben", versuchte ich meinem Vater zu erklären, wie leid es mir tat, sie in solch eine schreckliche Lage gebracht zu haben. Die Angst um das eigene Kind ist eine, die ich niemandem wünschte. Mein Vater schnalzte mit der Zunge und schüttelte den Kopf mit geschlossenen Augen, als wäre er sauer über meine Wortwahl.

"Das ist meine Schuld, Angel. Die Sinaloas sind uns aus den Händen gerutscht und dagegen hätten wir früher angehen sollen, denn dann hätten sie sich so etwas nicht getraut. Sie respektieren uns nicht"

Damit hatte er nicht ganz unrecht und das wussten wir alle. "Der Sohn der Belluccis, ein Wunder", fügte er plötzlich nachdenklich hinzu, als er die Hände ineinander verschränkte.

Ich hoffte, dass er das Thema wechseln würde und am liebsten hätte ich ihn unterbrochen, doch das dürfte ich niemals.

"Er hat so schnell wie kaum jemand vor ihm in einer Gefahrensituation reagiert. Die Art wie er dich selbst während dem Schussaustausch unverletzt ins Auto bringen konnte, war beeindruckend. Dieser Mann ist wie ein Joker für die Nuevas"

Aber auch nur für die Nuevas. Ich nickte zustimmend, um mir nichts ungewöhnliches anmerken zu lassen. "Du hast so Recht. Gerade deswegen solltest du ihn bei dir in der Zentrale einsetzen und nicht als einfachen Personenschützer, oder?", versuchte ich meinen Plan Nadal von mir zu entfernen durchzusetzen, doch alleine beim Anblick des Gesichtsausdrucks meines Vaters wusste ich, wie hoffnungslos dieser Plan war.

"Penelopé, ich habe diesen Mann eingestellt, weil ich wusste, dass er der Beste in diesem Gebiet ist. Einen besseren Personenschützer, als ihn werde ich nicht finden und deshalb wird er nicht seine Position ändern. Wieso schlägst du so etwas vor? Versteht ihr euch nicht?"

Ich hab mich noch nie mit jemandem so seltsam nicht verstanden, aber das Thema war beendet. "Ich finde ihn bloß sehr trocken. Das macht so ziemlich alles sehr anstrengend, nur deshalb hatte ich das vorgeschlagen"

Schulterzuckend antwortete ich auf den wachsamen Blick meiner Mutter, die auf mich herabsah, während ich auf ihrer Brust lag und Annan sich an ihre Schulter gelehnt hatte. Ich hatte ihren Duft vermisst, obwohl ich eine bloß so kurze Zeit weg war.

"Du musst lernen auch mit solchen Menschen umgehen zu können", sprach sie. Sie wusste etwas. Ich sah es in ihrem aufmerksamen Blick und ihrer Stimme. Meine Mutter war nicht dumm, um Gottes Willen, nein. Und blind war sie auch nicht.

Die Tochter des GangstersOnde as histórias ganham vida. Descobre agora