Kapitel 1

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Das Herz in meiner Brust hämmert aufgeregt gegen meine Rippen, als ich vor der angelehnten Tür zu unserem Wohnzimmer stehen bleibe. Der Geruch nach Kaffee und teurem Aftershave steigt mir in die Nase, als ich einen tiefen Atemzug durch diese nehme und die Luft anhalte, ehe ich sie langsam durch den Mund wieder ausatme, um mich selbst zu beruhigen.

Gedämpft nehme ich die Unterhaltung meines Vaters mit unserem Gast wahr. Dieser Gast ist nicht nur irgendein Geschäftspartner meines Vaters, sondern mein zukünftiger Ehemann.

Bei dem Vertrag, welchen sie miteinander geschlossen haben, geht es um eine riesige Summe Geld, die die Firma meines Vaters vor dem Zusammenbruch und unsere Familie vor der Insolvenz bewahren soll. Doch zum Tausch dafür, hat der Finanzierer meines Vaters unsere Vermählung verlangt.

Mein Vater stellt seine Firma über sein eigen Fleisch und Blut und verkauft seine einzige Tochter an einen Mann, den ich bis heute noch nie zuvor gesehen habe.

Wenn meine Mutter nicht wäre, hätte ich in dem Moment, als ich es erfahren habe, reißaus genommen, um dieser bevorstehenden, erzwungenen Ehe zu entfliehen.

Jedoch kann ich es einfach nicht übers Herz bringen, sie mit ihm alleine zurückzulassen. Ich weiß, wie aggressiv er werden kann. Auch, wenn meine Mutter es nie zugeben würde, weiß ich, dass es nicht selten vorkommt, dass er sie schlägt. Ich habe die blauen Flecken gesehen, die sie stets versucht vor mir zu verbergen. Ich habe gehört, wie sie geweint hat, während er sie anbrüllte und wie es nach lautem Gepolter schließlich still wurde. Kaum vorzustellen, was er ihr in seiner Rage antäte, wenn ich abhaue und ihn damit in den Ruin treibe.

Zögernd öffne ich die Tür und betrete das Wohnzimmer. Abgesehen von dem Knistern des Kaminfeuers, ist es plötzlich absolut still im Raum. Mit gesenktem Blick laufe ich einige Schritte und streiche dabei den Stoff meines knielangen, weißen Kleides glatt. Nervös bleibe ich einige Meter entfernt von dem schwarzen Ledersofa stehen, auf welchem mein Vater mit meiner Mutter und meinem zukünftigen Ehemann sitzt, welcher mir den Rücken zugekehrt hat.

„Emilia", sagt mein Vater erfreut. „Gerade haben wir uns gefragt, wann du endlich zu uns stoßen würdest" Für einen kurzen Augenblick sagt niemand etwas und ich starre gebannt auf den Rücken unseres Gastes, welcher einen schwarzen Smoking trägt.

„Entschuldigt", erwidere ich und schlucke schwer, als ich dem auffordernden Blick meines Vaters Folge leiste und näher an das Sofa herantrete.

Nun erhebt sich unser Gast und wendet sich mir zu. Mir stockt der Atem. Er ist eindeutig jünger, als ich erwartet habe. Ich schätze ihn höchstens auf Mitte 20. Er hat markante Gesichtszüge und seine braunen Locken sind perfekt gestylt. Seine vollen, herzförmigen Lippen sind zu einem schiefen Lächeln verzogen, doch dieses Lächeln erreicht nicht seine grünen Augen, die mich völlig emotionslos ansehen. Der Ausdruck in ihnen lässt mich erschaudern.

Zögerlich ergreife ich seine Hand, welche er mir entgegenstreckt, um mich mit einem enorm festen Handgriff zu begrüßen. Seine Haut fühlt sich eisig an.

„Ich bin Carlos García. Schön, dich kennenzulernen. Wie ist dein Name?" Ich bin mir sicher, dass Carlos meinen Namen bereits kennt, zumal mein Vater mich vor nicht einmal einer Minuten bei diesem genannt hat.

„Emilia", erwidere ich wortkarg, was unter anderem meiner Aufregung und zugleich Abneigung geschuldet ist, die ich mühsam zu verstecken versuche. Ich möchte meine Hand aus seiner ziehen, zumal wir unsere Hände für meinen Geschmack schon viel zu lange schütteln, doch Carlos hält meine Hand weiter fest und verhindert somit, dass ich mich aus dem Griff befreien kann.

„Wie bitte?", fragt er und nähert sich mit hochgezogenen Augenbrauen meinem Gesicht. Die Kälte, die von seiner Hand ausgeht, kriecht meinen Arm hinauf und läuft mir wie ein eisiger Schauer über den Rücken.

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