Kapitel 58

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Nachdem Carlos und ich gestern noch auf dem Friedhof gewesen sind, hat er sich den ganzen restlichen Tag über zurückgezogen. Er ist sogar ohne etwas zu essen schlafen gegangen, weshalb ich mir ein wenig Sorgen um ihn gemacht habe, doch ich habe schnell eingesehen, dass das wohl Carlos Art sein muss, mit seinen Gefühlen umzugehen.

In letzter Zeit zeigt Carlos in meiner Gegenwart immer mehr, was er fühlt, doch so am Boden zerstört wie gestern habe ich meinen Verlobten noch nie gesehen. Allein der Gedanke daran, wie bitterlich er geweint hat, wie viel Schmerz über den Verlust seiner Mutter er noch immer verspürt, jagt mir einen Schauer über den Rücken.

Aber ich bin auch froh. Froh darüber, dass er seine Emotionen nicht länger vor mir verbirgt und stolz darauf, dass er es nach all den Jahren über sich gebracht hat, diesen für ihn schwierigen Schritt, das Grab seiner Mutter zu besuchen, zu wagen.

„Belleza" Carlos Stimme holt mich wieder zurück ins Hier und Jetzt. Sofort hebe ich den Blick und richte ihn auf meinen Verlobten, der mir gegenüber am Tisch sitzt und sein Handy in der Hand hält. „Du wirkst nachdenklich.."

„Ich habe mich nur gefragt, wie es dir geht", erwidere ich und mustere ihn prüfend. Seine vollen Lippen formen sich zu einem Lächeln, ehe er seine Hand über den Tisch hinweg nach meiner ausstreckt.

„Mir geht es gut", erklärt Carlos mir und streichelt zärtlich mit seinem Daumen über meinen Handrücken. „Danke"

„Für was?", hake ich nach.

„Für gestern", erwidert Carlos, wobei er seine grünen Augen nicht von meinen abwendet. „Ich weiß nicht, ob ich das ohne dich jemals getan hätte, aber ich bin froh, dass ich es getan habe. Es fiel mir schwer, aber mir geht es besser. Ich fühle mich erleichtert.. befreit."

Für einen Moment schweigen wir beide.

„Ich liebe dich", fügt er schließlich hinzu.

Ein Lächeln bildet sich auf meinen Lippen und als Carlos sich meinem Gesicht über den Tisch hinweg allmählich nähert, um mir einen Kuss auf die Stirn zu hauchen, schließe ich meine Augen. „Und wie geht es dir, mi vida?"

„Mir geht es auch gut", erwidere ich und nicke bekräftigend.

Carlos lässt meine Hand los und richtet seine grünen Augen zurück auf das Handy, welches er noch immer in seiner anderen Hand hält und auf das gerade eine Nachricht eingegangen ist.

„Sieht so aus als müsste ich später nochmal in die Firma", teilt Carlos mir mit. Er wirft seinen Kopf in den Nacken und rutscht ein wenig auf dem Stuhl herunter. Ein genervtes Seufzen entweicht seinen vollen Lippen, ehe seine Augen wieder auf mich treffen. Seine Gesichtszüge werden weicher. „Am liebsten würde ich den Tag mit meiner wunderschönen zukünftigen Ehefrau verbringen"

„Davon wirst du noch etliche Tage haben", erwidere ich und lächle meinem Verlobten zu.

„Ich kann es kaum erwarten", schwärmt Carlos und richtet sich wieder auf dem Stuhl auf. Er greift nach seiner Tasse und stürzt den Rest seines Kaffees herunter, ehe er sich erhebt. „Ich fahre am besten gleich los, damit ich schnell wieder zu Hause bin"

„Fahr vorsichtig", bitte ich ihn. Die Straßen sind nass, denn es regnet bereits den ganzen Morgen wie aus Eimern.

„Natürlich", erwidert Carlos und greift nach meinen Händen, um mich vom Stuhl nach oben zu ziehen. Er schlingt seine Arme um meine Taille und zieht mich an seinen Körper. Mit den Fingern streicht er mir das Haar aus dem Gesicht, wobei seine Fingerspitzen sanft über meine Haut fahren. „Ich würde nicht riskieren einen Unfall zu bauen, wenn meine schwangere Verlobte zu Hause auf mich wartet"

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