Kapitel 66

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„Carlos", sage ich, als ich das zukünftige Zimmer unseres Sohnes betrete.

Sofort hält der junge Mann inne, der gerade dabei ist die hellblaue Farbe an die Wand zu streichen. Er legt die Farbrolle ab und dreht sich zu mir um.

„Ist es soweit?", fragt er panisch und blickt zwischen meinem Gesicht und meinem Bauch hin und her, der mittlerweile so groß ist, dass ich das Gefühl habe bald zu platzen.

Der errechnet Geburtstermin ist erst in ein paar Tagen, dennoch kann es durchaus sein, dass es jeden Augenblick losgeht, da ich seit ein paar Wochen bereits immer mal wieder leichte Übungswehen verspürt habe und die Bewegungen unseres Kindes deutlich zurückgegangen sind. Auch mein Bauch senkt sich bereits deutlich.

„Falls du ausnahmsweise mal das Abendessen meinst, ja", erwidere ich mit einem Grinsen auf den Lippen und lege meine Arme um seinen Nacken.

„Tut mir leid", seufzt Carlos und lacht nervös.

Lächelnd hauche ich ihm einen Kuss auf die Lippen. „Ist schon okay.. aber keine Sorge. Ich werde dir schon deutlich zu verstehen geben, wenn es losgeht", versichere ich meinem Ehemann.

Es wäre gelogen, wenn ich behaupten würde, dass ich nicht ein wenig aufgeregt vor der Geburt bin. Immerhin ist dies mein erstes Kind und abgesehen von all den unheimlichen Erzählungen habe ich keine Ahnung, was genau auf mich zukommen wird.

Angst vor der Geburt selbst und den damit verbundenen Schmerzen habe ich keine mehr. Mittlerweile freue ich mich einfach auf den Augenblick, in dem wir Leonardo endlich in unseren Armen halten können.

Zufrieden sehe ich mich in dem Kinderzimmer um. Carlos hat es tatsächlich geschafft heute mit dem Streichen fertig zu werden. Die Farbe ist wundervoll und passt perfekt zu den hellen Möbeln, die wir gewählt haben und die Carlos gemeinsam mit Lucian aufgebaut hat, während Sofía, Kat und ich zusammen die ersten Strampler und Windeln gekauft haben.

„Gefällt es dir?", möchte Carlos wissen, wickelt eine Strähne meiner braunen Haare um seinen Finger und klemmt sie hinter mein Ohr.

„Es ist alles perfekt", gebe ich zurück und lächle ihm zu.

Carlos erwidert mein Lächeln und platziert seinen Zeigefinger unter meinem Kinn, um es leicht anzuheben. Er sieht mir tief in die Augen. „Ich liebe dich so sehr, weißt du das?", flüstert Carlos. Statt auf eine Antwort zu warten, schließt er die kleine Lücke zwischen uns, um mich zu küssen.

Ganz sanft und liebevoll. Während sein Zeigefinger noch immer unter meinem Kinn ruht, platziert Carlos seine andere Hand an meinem Rücken und drückt mich vorsichtig an sich.

„Das Essen wird kalt", erinnere ich Carlos daran, dass ich ursprünglich hier bin, weil ich ihn zum Abendessen holen wollte und löse mich von seinen vertrauten, weichen Lippen.

„Stimmt", antwortet er und wirft einen Blick auf die Farbrolle, den offenen Farbeimer und die mit kleinen Farbklecksen versehene Unterlage. „Das räume ich einfach nach dem Essen weg", entscheidet Carlos und folgt mir aus Leonardos nun fertigem Zimmer.

Jetzt ist alles für ihn bereit und ich sehne mich nach dem Moment seiner Geburt. Ich habe es genossen schwanger zu sein, doch mittlerweile ist mein Bauch so groß und schwer, dass ich weder lange sitzen, noch stehen oder liegen mag. Alles ist ungemütlich und ich habe ständig Schmerzen.

Während Carlos sich noch die Hände wäscht, begebe ich mich bereits ins Esszimmer und setze mich an den gedeckten Tisch, wo ich auf Carlos warte, der nicht lange auf sich warten lässt.

„Belleza, du hast Post bekommen", teilt Carlos mir mit und betritt mit einem großen Umschlag in der Hand das Esszimmer.

„Von wem?", möchte ich wissen und betrachte mit zusammengezogenen Augenbrauen den Umschlag.

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