Kapitel 5

17.4K 433 34
                                    

Gedankenverloren rühre ich mit meinem Löffel in meinem heißen Kakao herum.

Das Rührei, welches Barbara zum Frühstück gemacht hat, schmeckt köstlich, jedoch habe ich kaum Appetit.

Der Vorfall auf Nicks Geburtstagsfeier liegt nun fast eine Woche zurück. Seitdem habe ich auch von Carlos nichts mehr gehört. Eigentlich ist es mir bloß recht so, denn abgesehen davon, dass ich ihn nicht heiraten möchte, ist mir die Sache, die zwischen uns vorgefallen ist, äußerst peinlich.

„Bist du krank, Liebes?", fragt meine Mutter besorgt, als ihr auffällt, dass ich das Frühstück kaum angerührt habe. Ihre Frage reißt mich aus meinen kreisenden Gedanken.

Überrascht sehe ich meine Mutter über den langen Tisch hinweg an. „Nein", erwidere ich kopfschüttelnd und umschließe meine Tasse mit beiden Händen, um meine kühlen Finger zu wärmen. „Ich habe nur nicht so viel Appetit", füge ich schulterzuckend hinzu und nippe an meinem noch immer heißen Kakao.

„Emilia", mischt mein Vater sich in unser Gespräch ein.

Er legt seine aufgeschlagene Zeitung vor sich auf den Tisch, um mich anzusehen. Sein Anblick lässt die Haare auf meinem Nacken zu Berge stehen.

Ich hasse ihn. Ich hasse es, wenn er meinen Namen sagt. Ich hasse es, wenn er mich ansieht. Ich hasse es, seine Stimme zu hören.

„Ich habe gestern Abend mit Carlos telefoniert", erzählt er mir, während sich seine Augen wieder auf die vor ihm ausgebreitete Zeitung fokussieren.

„Oh", mache ich und rutsche nervös auf meinem Stuhl hin und her. „Was wollte er?"

„Er möchte heute Nachmittag Zeit mit dir verbringen", teilt mein Vater mir beiläufig mit, während er in seiner Zeitung umblättert. Hin und wieder hebt er den Blick und sieht mich an. „Henry wird dich heute nach dem Mittagessen zu ihm nach Hause fahren"

Carlos möchte, dass ich zu ihm nach Hause komme, um Zeit mit mir zu verbringen? Ganz alleine? Ohne meinen Vater? „Ich möchte keine Zeit mit ihm verbringen", spreche ich meine Gedanken laut aus. Tief in mir habe ich noch immer diesen kleinen Funken Hoffnung, dass mein Vater einsieht, was für einen großen Fehler er begeht.

Doch statt Einsicht, macht sich Wut auf seinem Gesicht breit. Mit der Faust schlägt er auf den Tisch. Sowohl meine Mutter, als auch ich zucken erschrocken zusammen. „Du wirst dich nicht wieder daneben benehmen, hast du gehört?", knurrt mein Vater sofort, als hätte er bloß damit gerechnet, dass ich gegen an spreche.

Ich sehe meine eingeschüchterte Mutter an, wie sie mit gesenktem Blick neben meinem Vater sitzt und auf seine geballten Fäuste starrt. Ich möchte nicht, dass sie meinetwegen Angst haben muss.

„Ja, natürlich werde ich mich benehmen, Vater", versichere ich dem Mann mittleren Alters mit leiser Stimme und senke nun ebenfalls meinen Blick. Ich frage mich, was Carlos wohl für den heutigen Tag geplant hat. Immerhin kennen wir uns kaum und er weiß nicht, wo meine Interessen liegen. „Worauf muss ich mich denn einstellen?"

„Das hat er nicht gesagt, aber du solltest dich natürlich von deiner besten Seite präsentieren und dir etwas Hübsches anziehen", sagt mein Vater mit einem bekräftigenden Nicken.

Natürlich.

Immer soll ich mich hübsch anziehen, nett lächeln und möglichst wenig sagen. Für meinen Vater bin ich nicht mehr als eine Marionette, an deren Fäden er bloß ziehen muss, damit alles nach seinen Plänen verläuft.

„Dann suche ich am besten schon mal etwas zurecht", sage ich und nehme einen letzten Schluck von meinem Kakao, ehe ich meinen Vater ansehe. „Darf ich aufstehen?"

Make me love you Where stories live. Discover now