Kapitel 12

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„Wir haben das perfekte Kleid gefunden. Es wird Ihnen sicherlich auch gefallen", teilt Carlos meinem Vater mit, als er mich nach unserem gemeinsamen Abendessen in einer Pizzeria nach Hause fährt und noch auf ein Wort mit meinem Vater mit rein kommt.

„Also lief alles planmäßig ab?", erkundigt sich mein Vater, wobei er mir keinerlei Beachtung schenkt. Mit planmäßig möchte er eigentlich nur wissen, ob ich mich angemessen verhalten habe. Dabei spricht er über mich, als würde ich nicht genau vor ihm stehen. Da ich es jedoch nicht provozieren möchte, dass er mich wieder verprügelt, nehme ich es schweigend so hin und senke meinen Blick.

„Auf jeden Fall", erwidert Carlos und ich spüre seine Hand an meinem Rücken. Ich spüre die Hitze, die seine sanfte Berührung in mir aufsteigen lässt.

„Ehrlich gesagt würde ich morgen gerne mit Emilia etwas unternehmen. Das Wetter ist so schön, da wäre es schade drum, wenn sie den ganzen Tag in geschlossenen Räumen verbringt", wechselt Carlos das Thema und blickt dabei zwischen meinem Vater und mir hin und her.

„Was schwebt Ihnen vor?", erkundigt mein Vater sich interessiert und auch ich sehe Carlos neugierig an. Dass er etwas mit mir machen möchte, überrascht mich zwar nicht, aber ich habe nicht gedacht, dass es so bald sein wird.

„Eigentlich wäre es vielmehr ein kleiner Wochenendtrip", gesteht Carlos meinem Vater, dessen skeptischer Blick zu mir huscht.

Es ist offensichtlich, dass er mir nicht zutraut länger als ein paar Stunden mit Carlos zu verbringen. „Über das Wochenende habe ich keinerlei geschäftliche Verpflichtungen, deshalb habe ich überlegt mit Emilia in das Ferienhaus meines Onkels am Meer zu fahren, um die Tage dort zu verbringen"

„Ich weiß nicht, ob ich das für eine gute Idee halte", gesteht mein Vater skeptisch.

„Wir heiraten in weniger als einem Monat", setzt Carlos an und verschränkt seine Arme hinter seinem Rücken. Er blickt meinen Vater von oben herab an und es gefällt mir. „Ich will Emilia die Möglichkeit geben, mir zu vertrauen und mich an ihrer Seite zu akzeptieren, damit es nicht noch einmal zu einer Situation wie der vor ein paar Tagen kommt. Das war ein Akt der Verzweiflung und ein Zeichen für mich, dass sie für all das hier noch Zeit braucht. Ich bin bereit, sie ihr zu geben. Aber dafür ist es wichtig, dass wir diese Zeit auch miteinander haben."

Es klingt nicht danach, als würde er meinen Vater um Erlaubnis bitten.

Carlos hat recht. Ich bin verzweifelt und ich bin auch nicht bereit, einen Mann zu heiraten, von dem ich nicht einmal weiß, welche Farbe seine Lieblingsfarbe ist oder wann er Geburtstag hat.

An dem Tag, als ich mir das Messer genommen habe, habe ich die Nerven verloren. Ich weiß nicht, ob ich eines Tages dazu fähig bin, Carlos zu verzeihen, dass er mein Leben so aus dem Gleichgewicht bringt. Dennoch gibt er sich im Gegensatz zu meinem Vater wirklich Mühe, es so erträglich wie möglich für mich zu gestalten.

„Sie haben absolut recht", stimmt mein Vater Carlos nach kurzer Überlegung schließlich doch zu, wobei ich in seinen Augen erkenne, dass er Carlos Meinung absolut nicht teilt.

Ich frage mich, wann ihm das Wohlergehen und Glück seiner eigenen Tochter so egal geworden ist. Die Erinnerungen, die ich aus meiner Kindheit an diesen Mann habe, widersprechen dem manipulativen Menschen, der heute vor mir steht. Doch dann überkommt mich dieser erschreckende Gedanke, dass mein Vater mich mein Leben lang manipuliert hat, um mich in dem Glauben zu lassen, ich sei ihm wichtig, nur, um mich am Ende für seine Zwecke zu benutzen.

Er macht kein Geheimnis daraus, sich immer einen Sohn gewünscht zu haben, der eines Tages seine Firma übernehmen wird. Doch durch Komplikationen, die während meiner Geburt aufgetreten sind, konnte meine Mutter nicht mehr schwanger werden und der Traum meines Vaters zerplatzte.

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