Kapitel 27

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Schützend halte ich mir die Arme vor das Gesicht, während mein Vater immer wieder auf mich einschlägt und eintritt.

Ich öffne meine Lippen, um zu schreien, doch es kommt kein Ton heraus.

„Du bist eine Enttäuschung", sagt er.

Immer wieder tritt er mir heftig in die Rippen, bis ich keine Luft mehr bekomme. Ein letzter Tritt lässt mich laut aufschreien.

Schweißgebadet reiße ich meine Augen auf, aus denen mir unaufhaltsam Tränen über meine Wangen strömen. Die Schmerzen in meinen Rippen erscheinen mir stärker den je und das Atmen fällt mir schwer, weshalb ich mich panisch aufsetze. Das Herz schlägt mir schnell gegen meinen sich unregelmäßig hebenden und senkenden Brustkorb.

„Es war nur ein Traum..", rede ich mir selbst ein und versuche an etwas Beruhigendes zu denken. Sofort denke ich an jene Nacht im Strandhaus, als ich ebenfalls einen schlechten Traum gehabt habe und Carlos mich beruhigt hat, indem er mir ein spanisches Wiegenlied vorgesungen hat, welches er von seiner Mutter kennt. Der Druck in meiner Brust löst sich auf und auch mein Atem und mein Herzschlag beruhigen sich allmählich wieder.

Mit geschlossenen Augen nehme ich einen tiefen Atemzug durch die Nase und halte die Luft an, um bis zehn zu zählen, ehe ich die Luft langsam durch den Mund wieder entweichen lasse. Als auch der Schmerz wieder nachlässt, wische ich mir die Tränen aus dem Gesicht und lege mich wieder hin.

Mindestens eine halbe Stunde wälze ich mich unruhig herum, bis ich mich in meinem Bett aufsetze und die Nachttischlampe einschalte. Einen Augenblick bleibe ich regungslos an der Bettkante sitzen, ehe ich mich erhebe und auf die Tür zugehe. Leise öffne ich sie und verlasse das Zimmer, um nach unten in die Küche zu gehen und mir ein Glas Wasser zu holen. Dabei meide ich es eines der Lichter einzuschalten und versuche möglichst leise zu sein, um niemanden zu wecken.

In der Küche angekommen nehme ich mir ein Glas aus dem Hängeschrank und fülle es mit Wasser.

„Emilia?", ertönt Carlos Stimme hinter mir.

Erschrocken zucke ich zusammen und lasse dabei fast mein Glas fallen. Ich wirbele herum und erblicke die schemenhaften Umrisse von Carlos, der mit hinter dem Rücken verschränkten Armen im Türrahmen steht.

„Du hast mich erschreckt", werfe ich ihm vor und lege mir eine Hand an mein rasendes Herz.

„Tut mir leid", antwortet er leise. Obwohl ich sein Gesicht in der Dunkelheit nur schemenhaft erkennen kann, höre ich am Klang seiner Stimme, dass er grinst. „Warum bist du wach?"

„Ich habe schlecht geträumt", erwidere ich und stelle das leere Glas in die Spüle, ehe ich mich wieder zu Carlos umdrehe, der sich mir nähert und nur wenige Schritte von mir entfernt stehen bleibt. „Und du?"

„Ich auch", gesteht Carlos mir.

„Oh", mache ich bloß, da ich nicht weiß, was ich sagen soll. Am liebsten würde ich ihn natürlich fragen, was er geträumt hat. Aber genau wie ich würde er bestimmt nicht darüber reden wollen, weshalb es mir nicht zusteht nachzufragen.

Offensichtlich weiß Carlos ebenso wenig, was er sagen soll, weshalb er ein Glas aus dem Schrank nimmt und sich schweigend neben mich stellt, um es mit Wasser zu füllen.

Ich wende mich ihm zu und platziere meine Hand an der Küchentheke. Carlos scheint denselben Gedanken zu haben und als unsere Finger sich streifen, erstarren wir beide für einen kurzen Augenblick und sehen uns an.

Der Mond taucht die Küche in ein sanftes Licht. Allmählich haben meine Augen sich mit den Lichtverhältnissen vertraut gemacht, sodass ich Carlos Gesicht nun ein wenig besser erkennen kann. Seine Augen sind auf mich gerichtet und seine Lippen leicht geöffnet.

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