Kapitel 92 - Kopfzerbrechen - Teil 1

380 57 7
                                    

Makara war gerade dabei seine Fähigkeiten zu trainieren, als einer der Goblinschamanen um eine Audienz bat.

Genervt von der Unterbrechung, fuhr sich Makara mit den Händen über sein Gesicht und bestellte den Schamanen anschließend hinein. Es brachte alles nichts. Seine Konzentration war jetzt sowieso hin und solange er die Goblins noch für seine Quest brauchte, sollte er sich lieber gut mit den Viechern stellen.

Ein Goblin mittleren Alters trat ein. Ein außergewöhnliches Exemplar, wenn man daran dachte, dass dank seiner Zaubertränke, die meisten Goblins des Stammes nur wenige Wochen oder gar Tage alt waren. Wahrscheinlich gehörte dieser Schamane zu den ersten Goblins, über die er damals die Kontrolle erlangt hatte.

Ein langer Stab mit einem feuerroten Juwel mit dunkler Mitte und dreckige Lederfetzen, die als Kleidung dienten und auf denen sich allerhand Schriftzeichen wiederfanden, rundeten mit seinem Alter das Bild zum Schamanen ab.

„Was gibt es?", fragte Makara, bemüht das Ganze möglichst schnell hinter sich zu bringen.

„Mein Meister...", zollte der Schamane ihm Respekt und ließ sich schnell auf die Knie nieder, ehe er fortfuhr: „Meine Schwestern und Brüder haben vor kurzem eine Störung der Elementarenergien hier im Höhlensystem gespürt. Wir fürchten, dass sich jemand unbemerkt Zugang zu unseren Lagerstätten verschafft hat."

„Hmmm...", gab Makara nachdenkend von sich. Es gefiel ihm gar nicht, was er hier hörte. Seit Tagen musste er hier in diesen dreckigen Höhlen ausharren und darauf warten, dass er endlich genug Kreaturen angesammelt hatte, um angreifen zu können. Ausgerechnet jetzt, in der Nacht vor seinem geplanten Angriff auf das Dorf Belu, schlich sich jemand in sein Lager?

Das konnte doch kein Zufall sein...

„Weißt du, was sie wollen?", fragte er den Schamanen schnell.

„Nein, mein Meister...", schüttelte der Goblin ergeben den Kopf und wagte es nicht ihn anzusehen.

„Wäre ja auch zu schön gewesen...", murrte Makara leise.

„Mein Meister, bitte verzeiht diesem unwürdigen Diener, dass er euch nicht verstehen konnte..."

„Schon gut, dir ist verziehen", antwortete Makara prompt, dem diese ewig langen Ergebenheitsbekundungen tierisch auf die Nerven gingen und rief einen seiner Leibwächter hinein.

„Sorge sofort darum, dass Krieger dorthin geschickt werden, wo die Schamenen diese Störung verspürt haben und lasst das gesamte Höhlensystem durchsuchen!"

„Wie mein Meister wünscht!", erwiderte die Leibwache enthusiastisch und hastete hinaus.

„Du kannst ebenfalls gehen, seid weiter so wachsam", verabschiedete Makara dann auch den Schamanen, welcher sich sogleich daran machte den Raum zu verlassen. Natürlich begleitet von sich wiederholenden Verbeugungen.

Seufzend wandte sich Makara ab und wollte sich gerade wieder seinen Fähigkeiten widmen, als ein lautes Knallen ihn herumfahren ließ.

Der Schamane war zitternd vor dem Ausgang der Höhle stehen geblieben und sein zu Boden gefallener Stab war offensichtlich für das laute Knallen verantwortlich.

„Was ist?!", verlangte Makara wütend zu wissen.

Doch der Schamane schien noch neben sich zu stehen, denn er drehte sich nur unheimlich langsam um, während seine Augen irritierend milchig weiß geworden waren und irgendetwas zu betrachten schienen, was sich nicht hier in der Höhle befand.

„Einer unsere Tarsteine..."

„Ja?!", wurde Makara ungeduldig, als er ahnte, dass ihn die Neuigkeiten keinesfalls gefallen würden.

„Irgendein Wesen... hat einen unserer eroberten Tarsteine an sich genommen! Mein Meister, ihr müsst... ihr müsst irgendetwas unternehmen. Die beiden Tarsteine sind für uns Schamanen enorm wichtig, um unsere Kräfte rasch entwickeln zu können...", gab der Schamane mit zittriger Stimme verzweifelnd von sich.

„Was für ein Wesen?", herrschte Makara seinen Schamanen an.

„Es ist nicht klar... Erst habe ich die Anwesenheit von Felsgnomen verspürt... Da ist so viel Erdelementarmacht... Aber ich glaube es ist ein Mensch..."

„Fuck!", knirschte Makara mit den Zähnen und rannte sofort hinaus und schrie seine verbliebenen Leibwachen an: „Macht euch sofort in die unteren Höhlen auf. Irgendein Mensch hat einen der Tarsteine an sich genommen! Findet diesen Eindringling und bringt ihn um! Los!"

Die Goblins seiner Leibwache zuckten vor Schreck zusammen, ehe sich ihre Gesichtszüge zu mordlüsternen Fratzen verzogen und sie unter lautem Geschrei in verschiedenen Gängen verschwanden.

Grimmig betrat Makara erneut seine Räumlichkeiten und scheuchte den Schamanen hinaus. Er war wütend, verdammt wütend.

Allerdings mehr auf sich selbst, als auf seine Goblins... Er hatte von Anfang an gewusst, dass seine Quest nicht gerade einfach werden würde. Immerhin war der Schwierigkeitsgrad mit [A] angegeben worden. Soweit er wusste, war er der erste Spieler, der kurz davor stand eine solch schwere Quest zu erfüllen. Die Belohnungen die ihn erwarteten, ließen ihm schon seit Tagen das Wasser im Munde zusammenlaufen...

Andererseits musste es da ja auch irgendwo einen Haken geben... Und dieser Haken war weit größer als ihm lieb war... Seine geheime Berufsklasse war ein zweischneidiges Schwert... Er musste morgen siegreich sein, koste es was es wolle! Ein Unterliegen seinerseits wäre ein Rückschlag, den er noch Monate später spüren würde...

Also hatte er sich von Anfang an gefragt, was ihn im Angesicht seiner dreitausendkopfstarken Armee noch aufhalten konnte?

Die Antwort war ganz einfach gewesen.

Andere Spieler...

Deswegen hatte er sich extra in diese Höhlensysteme zurückgezogen, um sich so unangreifbar wie möglich zu machen und seine mächtigsten Diener an den Höhlenausgängen positioniert. Wohlgemerkt erst nachdem er sämtliche Gänge kontrolliert und darauf überprüft hatte, ob sich irgendwo noch versteckte Zugänge befanden. Aber anscheinend hatte irgendein Spieler trotzdem noch einen Weg hinein gefunden.

„Du glaubst, dass du mich mit dem Raub eines Tarsteins aufhalten kannst?", murmelte Makara leise vor sich hin. „Da muss ich dich enttäuschen. Du bist viel zu spät dran."

Sich selbst bestätigend, nickte er fleißig und checkte kurz sein Charakterprofil. Seine Spielzeit war so gut wie um. Er konnte sich auch einfach ausloggen. Seine Goblins würden diesen Bastard schon finden.

„Morgen...", murmelte er. „Morgen mache ich euch alle fertig. Selbst, wenn du heute mit dem Tarstein entkommen solltest. Das wird nichts mehr ändern."

Dann loggte er sich aus.



Teil 1/2!

Bis Sonntag!

RiBBoN

Die Legende vom Elementflüsterer - Band 1 + 2Where stories live. Discover now