Kapitel 80 - Veraltete Technik - Teil 2

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Was folgte, waren doch tatsächlich acht endlose Minuten, in denen sich Bei En Rui in der Anerkennung der Presse suhlte. Anstatt der veranschlagten zwei Minuten, nahm er sich alle Zeit der Welt, um die Fragen der Reporter so elegant zu umgehen, dass er nicht eine konkrete Zusage machen musste.

Für Bahe war es schlicht weg beängstigend zu sehen, wie leicht er die Reporter an der Nase herum führte. Und das Schlimmste an der ganzen Tatsache war, dass sich mit jeder Minute Bahes eigene Anspannung verstärkte, während er sich krampfhaft darum bemühte sein Lächeln aufrecht zu erhalten. Er wollte diese verdammte Pressekonferenz nur noch hinter sich bringen.

„Immer schön weiter lächeln", raunte ihm Han Ning zu, der neben ihm stand.

„Ich weiß!", zischte Bahe mies gelaunt, zwischen seinen, zu einem Lächeln verzogenen, Lippen hervor.

„Nun, dann kommen wir jetzt zu meinem wohl zurzeit prominentesten Klienten!", erklärte Bei En Rui mit vielsagender Betonung und wandte sich Bahe zu. „Würdest du zu mir treten?"

„Los, nach vorne mit dir", flüsterte Han Ning, als er Bahe für einen Moment zögern sah.

„Natürlich", sagte Bahe lautstark mit einem Lächeln als er sich schließlich überwand und neben Bei En Rui auf das Podium trat.

Das folgende Blitzlichtgewitter war heftig und ließ ihn mehr als nur einmal blinzeln, um irgendetwas vor sich erkennen zu können. Direkt danach brandeten ihm eine Vielzahl von Fragen entgegen.

„Hat Bei En Rui sein Versprechen wirklich erfüllt?"

„Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit der Kanzlei Chen Law Firm empfunden?"

„Ganz China rätselt wer Sie sind! Wollen Sie uns nicht Ihre Geschichte mitteilen?"

„Wobei konnte Ihnen Bei En Rui behilflich sein?"

Bei En Rui hob beschwichtigend die Hände und meinte: „Bitte, bitte! Mein Klient wird eine Erklärung abgeben, die all Ihre Fragen klärt. Lassen Sie Ihn dafür zu Wort kommen."

Anschließend zog er sich ein wenig zurück und gab Bahe mit einer Geste zu verstehen, dass er vor die Mikrofone treten sollte.

Ein zweites Mal blendeten ihn zahlreiche Blitzlichter, ehe er sich all der Reporter mit Kameras und Mikrofonen vor sich bewusst wurde. Mit einem Mal wurde seine ganze Kehle trocken und er musste sich räuspern, ehe er überhaupt einen Ton herausbrachte.

„... Hallo", fing er schließlich an. „Ich hatte das große Glück von der Chen Law Firm vertreten zu werden und ich kann Ihnen sagen, dass die Probleme meiner Familie glücklicherweise vollständig gelöst werden konnten. Worum es genau ging, möchte ich aus persönlichen Gründen hier nicht nennen und ich bitte Sie alle dies zu akzeptieren. In diesem Zusammenhang hat mir die Kanzlei außerdem dazu geraten meinen Namen nicht zu nennen. Mir ist bewusst, dass die Öffentlichkeit sehr an meiner Geschichte interessiert ist, aber ich möchte Sie wirklich eindringlich bitten, akzeptieren Sie unsere Entscheidung. Meine Familie musste lange Zeit unter großem Druck leben und eine Masse an Reportern wäre jetzt einfach fehl am Platz. Vielen Dank."

Damit trat er einen Schritt zurück und deutete eine Verbeugung an. Was natürlich erneut einen Ansturm an Fragen mit sich brachte.

„Wären Sie zu einem Exklusivinterview bereit?"

„War es wirklich Bei En Rui, der Ihnen geholfen hat, oder doch nur ein anderer Anwalt der Kanzlei?"

„Die Öffentlichkeit will Ihre Geschichte aber unbedingt erfahren! Geben Sie uns wenigstens eine grobe Vorstellung Ihrer Probleme!"

„Ist es nicht vielmehr so, dass Sie ein bezahlter Schauspieler sind? Wie sollen wir uns darauf verlassen können, dass Sie die Wahrheit sagen, ohne dass wir irgendeine Tatsache zum Nachprüfen haben?!"

„Genau! Bei En Rui, ohne vorgelegte Beweise können Sie und der Junge so ziemlich alles behaupten!"

Bahe ignorierte die Fragen und wandte sich ab, ohne Bei En Rui eines Blickes zu würdigen. Wahrscheinlich brannte der Kerl innerlich vor Zorn. Aber Bahe war es egal. Soweit es ihm sein Gewissen ermöglichte, war er einen Kompromiss eingegangen. Mit einem  Seufzen stellte er sich wieder neben Han Ning und beobachtete wie Bei En Rui darum bemüht war, die Wogen zu glätten, die sein kurzer Auftritt hinterlassen hatte.

„Gut gemacht", merkte Han Ning an. „Du hast ihm keine Wahl gelassen."

„Was meinst du?"

„Haha, jetzt tu doch nicht so", grinste Han Ning, der sich offensichtlich bemühte nicht zu hämisch drein zu blicken. „Vor der Öffentlichkeit zu behaupten, dass die Kanzlei dir davon abgeraten hat, deinen eigenen Namen zu nennen... Bei En Rui kocht bestimmt innerlich vor Wut, dass er nicht wie geplant mit deinem Fall angeben kann!"

„Pah, als ob er wirklich alles erzählt hätte, jetzt wo dieser Mai Ping Lun an ihm dran ist", warf Bahe mürrisch ein.

„Sicherlich hätte er den Fall abgemildert umschrieben, aber dein Name und die furchtbare Situation mit deiner Mutter wäre bis ins kleinste Detail ausgeschlachtet worden", entgegnete Han Ning. „Aber wieso habe ich das Gefühl, dass du dir das bereits gedacht hast?"

Jetzt musste Bahe zum ersten Mal wirklich grinsen und sagte nur: „Keine Ahnung was du meinst..."

„Ja nee, ist klar", sagte Han Ning leise, während sein ganzer Körper vor unterdrücktem Lachen zuckte.

Nach und nach schaffte Bei En Rui es schließlich die unzufriedene Reportermeute zu besänftigen und verabschiedete sich schließlich von der Pressekonferenz.

„Na, endlich ist es vorbei", bemerkte Han Ning und gab Bahe zu verstehen, ihm zu folgen. Bahe war hinter Han Ning kaum aus dem Konferenzraum getreten, als ihn eine kalte Stimme von hinten anwies: „Bei En Rui möchte mit Ihnen noch ein kurzes Gespräch führen. Warten Sie hier."

Han Ning verzog die Miene: „Scheinbar will er dich nicht gänzlich unbeschadet davon kommen lassen, Bahe. Mach dich auf was gefasst."

„Hmmm...", nickte Bahe nervös. Ihm war klar, dass er Bei En Rui gerade ziemlich in Bedrängnis gebracht hatte. Vielleicht nicht der beste Schachzug, den er hätte machen können. Aber dieser Arsch verdiente es nicht anders.

Angespannt lief er umher und sah sich ein Bisschen im Raum um. Ein paar Pflanzen vor einem Fenster und einige fest installierte Sitzgelegenheiten. Es war ein schlichter Vorbereitungsraum, nichts Besonderes. Auch, wenn er sich wünschte, dass es hier etwas gab, was ihn von dieser unangenehmen Situation ablenkte. Schließlich setzte er sich am Rand auf die bepflanzte Fensterbank, um so die Fußgänger auf der Straße beobachten zu können.

„Du hast echt Nerven, dass muss ich dir lassen!", erklang Bei En Ruis Stimme voll unterdrücktem Zorn.

Bahe atmete einmal tief durch und drehte sich dann um. Diesmal musste er standhaft bleiben. Er konnte sich nicht immer herum schupsen lassen.


Teil 2/2! :)

Damit wäre mein Wochenpensum geschafft, wenn auch fernab meiner geregelten Update-Zeiten.

Vielleicht kommt Morgen der Teil von letztem Sonntag. Kann aber noch nichts versprechen.

RiBBoN

Die Legende vom Elementflüsterer - Band 1 + 2Where stories live. Discover now