69.Jonathan

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Es war eigenartig, aber man merkte förmlich, wie sich die Stimmung in der Magiertruppe anspannte, nach dem David, Tom das Leben gerettet hatte. Schon drei Tage nach dem Biss war der verletzte Mann wieder auf den Beinen, Dank des großen blonden Mannes. Es war eine gruselige Erfahrung zu sehen, wie der Magier genau wusste welche Aktionen und Heilsäfte ihre Wirkung taten. Vor allem Tom und Richard schienen verschreckt, da langsam aber sicher, die wahren „Kräfte" ihres Freundes ans Licht kamen. Im Volksglauben bezeichnete man es als „Hexerei" und dies wurde vielleicht vor hundert Jahren, vor allem bei Frauen, schwer bestraft. Man verbrannte sie am Scheiterhaufen. Kräutersammler, Leute die Blumen im Winter großzogen, mit Tieren sprachen oder mit und in der Natur lebten, verfolgte man.

Keiner von uns hatte gewusst, dass David diese Fähigkeiten besaß. Seine Vergangenheit blieb immer ein Rätsel, genau wie meine. Darum änderte sich unserer Beziehung auch nicht. Mein Respekt vor ihm war noch größer geworden, ebenso meine Liebe. Ich war sein Freund und er war von Anfang an mein „Magier" gewesen, somit konnte mich so eine „Trankmix-Eskapade" nicht abschrecken.

Es war wieder Abend geworden, wir überquerten bereits gestern die Grenzen zu Schottland. In den nächsten Tagen besuchten wir dort die erst Stadt. Ich war aufgeregt, denn es sollte sich einiges an unserer Show ändern. Ich könnte mich bei den Aufführungen endlich zeigen, denn hier kannte mich niemand und es war nun schon eine ganze Weile ein brennendes Anliegen von mir, mich öffentlich zeigen zu können. Ja, eigentlich stand ich auch gerne im Mittelpunkt des Geschehens und es frustrierte mich, nie wirklich ein Lob zu bekommen.

Schon eine Weile lang wartete ich ungeduldig auf Davids Rückkehr. Er wollte noch einmal Toms Fuß versorgen und die vielen Fläschchen und Schachteln im Wagen sortieren. Doch dauerte mir dies schon ein wenig zu lange und ich wurde zappelig. „DAVID! WO BLEIBST DU! Komm schon und mach morgen weiter." Rief ich in Sing-Sang-Stimme. Daraufhin hörte ich ihn lachen. „Jonathan, wann wirst du es lernen ... sei nicht so ungeduldig. ... Ich komme ja schon." Und tatsächlich öffnete sich die Tür des Wagens und der Blonde stieg herunter. Er legte seine Arme um meine Schulter und schmiegte sich zärtlich an mich. 

„Danke John, ich bin dir so dankbar, dass du nicht nachfragst und ..." er brauchte es nicht auszusprechen, ich wusste was er meinte. „Es ist gut so wie es ist, du wirst es mir erzählen, wenn du bereit bist", murmelte ich liebevoll in seine Brust. Mein Freund ließ ein zufriedenes Seufzen hören. Ich befreite mich leicht aus seinem Griff und sah in seine Augen. Ein tiefes Braun glänzte mir entgegen. In ihnen sah ich Liebe, Zuneigung, Vertrauen und Verlangen, aber auch Furcht und selbst wenn ich sie nicht zuordnen konnte, wusste ich nur zu gut, wie ich ihm seine Anspannung nehmen konnte. Mit einem verführerischen Grinsen beugte ich mich nach vor und küsste ihn neckisch. Immer nur kurz, um sein Verlangen zu steigern, bis er ungeduldig wurde, meinen Kopf umfasste, so dass ich nicht mehr zurückweichen konnte. „Oh meim liebm ... ws hamst dvor?" nuschelte ich, bekam jedoch keine Antwort, nur noch intensiveren Kontakt unserer Lippen. Ein kurzes Aufflackern meiner Sorgen, nicht bei ihm bleiben zu können, erstickte ich mit meinem schweren Atem. Hitze stieg in mir auf und ich schwelgte nur in seiner süßen Liebkosung. Diese Augenblicke, von denen ich nur hoffen konnte, sie nie in meinem weiteren Leben vermissen zu müssen. Nie!

„Ich werde jede Hürde nehmen, jeden Stein zerschmettern, den sie uns in den Weg legen. ... Das schwöre ich dir, John. Es gibt kein Leben mehr für mich ... ohne dich", hauchte er in mein Ohr und zog mich an sich. Die folgenden Geschehnisse sind nicht in Worte zu fassen, da sie wahrscheinlich das Papier entflammen würden. Darum ...

Danach lagen wir entspannt nebeneinander, kurz vor dem Einschlafen. Ich lächelte in seine Richtung, es war für mich absolut keine Selbstverständlichkeit, dass er mich so liebte wie ich war und David immer für mich da sein würde. 

„Du David? Was wäre, wenn ich ein sehr einflussreicher Mann bin?" fragte ich vorsichtig. Von dem Magier kam nur ein belustigendes Schnauben, wie erwartet. „Hmm, ... es würde für mich keinen Unterschied machen. Aber hey, du hast noch nicht mal Zirzi im Griff, also ...", meinte er liebevoll. „Ehh? ... Nein ich meine doch ..." ich brach den Satz ab, es machte einfach keinen Sinn darüber zu reden. Meine Liebe zu diesem Mann war zu groß, als dass ich an eine Trennung überhaupt denken konnte. Es war so viel mehr wert als alles andere. „Stört es dich, wenn ich ein wenig singe?" Dies tat ich nicht oft, es war einfach in Situationen, in denen ich ein Licht brauchte. Durch Gesang konnte man viel mehr vermitteln, ehrlich und aufrichtig. David schmunzelte, was ich als Einverständnis auffasste. Ich schnappte mir Richard Gitarre, die am Wagen lehnte und setzte mich auf eine Stufe des Einstieges. „Hast du einen besonderen Wunsch? Nein warte, ... ich weiß schon ..." Dann begann ich zu spielen, zuerst zaghaft, bald jedoch wurde ich sicherer. Die Worte glitten leicht über meine Lippen:

Wasted Nights

Must be something in the water
Feel like I can take the world
Throw the weight up on my shoulders
Cause I won't even feel the burn

Don't be afraid to dive
Be afraid that you didn't try
These moments remind us why
We're here, we're so alive

Let's live like we're immortal
Live just for tonight
We'll think about tomorrow, yeah
When the sun comes up
Cause by this time tomorrow
We'll be talking 'bout tonight
Keep doing what we want, we want, we want
No more wasted nights

Es war ein altes Lied, welches mir unsere Mutter schon vorsang und meinte sie hätte es von unserer Großmutter erlernt. Gerade weil es mich an die Vergangenheit erinnerte, brach ich beim Singen fast in Tränen aus. Doch auch unter Davids Augen erkannte ich feuchte Spuren. Irgendetwas bahnte sich an, etwas uns beiden nicht gefallen würde, dieses Gefühl schlich sich tief in mein Bewusstsein, bevor ich mich an meinen Freund drückte und in seinen starken Armen einschlief.  

I was King (Deutsche Version)Dove le storie prendono vita. Scoprilo ora