54.Tamora

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Schon einige Monate waren, sie und Richard nun ein Paar. Tamora fühlte sich geliebt und glücklich wie nie zu vor, dennoch überkamen sie immer öfter die Erinnerungen, die sie bisher erfolgreich hatte verdrängen können. Vor allem jedes Mal, wenn sie Jonathan erblickte, kroch das Schuldbewusstsein wieder in ihr hoch. Diese schreckliche Tat, mit der alles begann ...Ihr Zwillingsbruder Tom und sie waren schließlich in gewisser Weise daran Schuld, dass er alles verloren hatte. Zwar wirkte der sympatische Lockenkopf zu meist glücklich und ausgeglichen, doch gab es hin und wieder Momente, in denen sie ihm kaum in die Augen blicken konnte. Wenn er still dasaß, auf seine gefalteten Hände starrte und über irgendetwas nach zu grübeln schien. Tam ging fest davon aus, seine Brüder und der ehemalige beste Freund und Berater Alexander, wären der Grund. John musste sich unsäglich viele Sorgen um sie alle machen und die Zeit, in der er noch glücklich als König im Schloss regierte, schmerzlich vermissen. 

Es lag dem Mädchen so sehr am Herzen, diese Sache noch einmal mit ihm zu besprechen, reinen Tisch zu machen. Jonathan war ihr nicht böse, gab ihr keine Schuld an der hinterhältigen List, und doch fühlte sie sich schäbig und konnte sich selbst nicht vergeben. Schließlich handelte es sich hierbei durchaus um keine kleine Angelegenheit, die beide Seiten so einfach wegstecken konnten. Trotzdem zögerte sie, da der ehemalige König Englands andererseits so glücklich in der Beziehung mit David wirkte. Wie schwer musste es für ihn gewesen sein, die Liebe zu einem Mann einzugestehen. Etwas ... für das er zuvor furchtbar bestraft wurde. Sollte sie ihn jetzt an all die unangenehmen Dinge erinnern, indem sie ihm ihre eigenen Sorgen aufdrängte? Vielleicht bestand ja doch die Chance, dass all die nachdenklichen Augenblicke, dem Magier galten. In diesem Fall, wäre es wirklich unpassend. 


Tamora seufzte tief, worauf hin sie einen besorgten Blick seitens Richards erntete. „Ach Richie, warum ist alles so kompliziert? Wir verstecken unsere Vergangenheit voreinander, ... warum? Nur du und ich können miteinander offen reden", merkte sie an, sah am Ende des Satzes jedoch schon wieder zuversichtlich auf ihren Geliebten und lächelte leicht. Was würde sie ohne ihn nur machen? Richard zwinkerte ihr keck zu und nahm seine Gitarre auf. Sie hockten beide auf einem Baumstamm, um den Eulen zu lauschen, die sich im Dunklen in ihrer eigenen Sprache Geschichten zu erzählen schienen. Darunter mischten sich leise die ersten Klänge eines selbst komponierten Liedes und Richards sanfte Stimme:

Wherever you are

I'm telling you, tonight, tonight 

You are my angel, Wherever you are, I always make you smile, 

Wherever you are I am always by your side ...

Sie genoss seinen Gesang und die Melodie. Diese Worte hatte sie nun benötigt, sie nahmen ein wenig Last von ihren Schultern, ließen ihre Gedanken für eine Weile verstummen. Musik war ein Wunder, etwas Magisches, so wie David es immer sagte. Die kleinsten, auch noch so normal erscheinenden Dinge, besitzen eine Kraft, einen Zauber ... und vor allem Magie. Sie steckt überall, in Worten, Melodien, Sätzen, allem was von Herzen kommt. Daran zweifelte Tam keine Sekunde. Auch jetzt, dieser Augenblick, angeschmiegt an Richard war einer dieser Momente, eine Nacht, die sie so wie viele andere, niemals vergessen würde.

Am nächsten Morgen erwartete sie eine Überraschung. Als Tamora aufstand, um das Frühstück für die Truppe zu richten, wurde sie bereits erwartet. Der Magier hockte vor dem Wagen und streichelte Zirze, die glücklich schnurrend um seine Beine strich. Er sah müde aus, als er aufblickte und zaghaft lächelte. „Guten Morgen Tamora. Wäre es möglich, ein paar Minuten mit dir zu sprechen? ... Aber vielleicht nicht hier", fragte er mit einer leisen rauen Stimme, nahm ihre Hand und zog sie sanft mit sich. Sie war erstaunt über seine plötzliche Forschheit, doch ahnte, in welche Richtung die folgende Unterhaltung führen würde. Erst als sie auf der anderen Seite des Lagers eine passende Sitzmöglichkeit gefunden hatten, sah Tam den großen blonden Mann fragend an: „Und David? Worüber möchtest du mit mir reden? Betrifft es Jonathan?" Er nickte nur leicht auf ihre Vermutung hin. „Ja ... richtig. ... Ich würde gerne mehr über ... deine Beziehung ... ehm, ... damalige Beziehung zu ihm erfahren. ... Manchmal habe ich den Eindruck, ihn unschlüssig zu sehen. Es bedrückt ihn etwas und es muss mit seiner Vergangenheit zusammenhängen. Er will nicht darüber sprechen und ... ich will ihn auch nicht drängen, ... nur ... ich liebe ihn, wie ich noch keinen Menschen zuvor geliebt habe und ich habe Angst ... Angst ihn zu verlieren." Ein schweres Seufzen entkam ihm. Er sah niedergeschlagen aus, traurig, hilflos, nicht leicht erkennbar hinter seinem üblichen Pokerface. Doch als Frau spürte sie es und er tat ihr leid. Wie sollte sie ihn ermutigen, wo sie die ganze Wahrheit über Jonathan wusste? 

„Zwischen uns gab es nie eine richtige Beziehung", begann sie leise und bemerkte sofort seinen verwirrten Ausdruck im Gesicht. „Ja, es stimmt ... das ganze war eine unglückliche Situation, eine Nacht in der gefeiert und viel getrunken wurde ... Aber versteh es nicht falsch ... Ich habe ihn verführt."
Es war nichts gelogen, nur einiges ausgelassen, um den ehemaligen König zu schützen. „Was ich dir mit Bestimmtheit sagen kann, ... seit ich ihn kenne, und das ist eine lange Zeit, ... gab es nie jemanden an seiner Seite. ... Darum freue ich mich jetzt für ihn, ... dass er dich ...", sie stoppte und sah in Davids besorgte Augen. „Du meinst ... eh ... ich meine ... er meint ... es ernst mit mir? ... Warum zögert er dann mir seine Sorgen mitzuteilen, ... gibt es einen Weg, wie ich ihn unterstützen kann? Bitte Tamora ... sag mir was ich tun kann", flehte er eindringlich und blickte sie erwartungsvoll an. Eine Weile war es still. Tamora überlegte fieberhaft, für den Magier die richtigen Worte zu finden. „David, ... ich bin mir sicher, er wird sich dir gegenüber irgendwann offenbaren. Hab Geduld, ... liebe ihn so, ... WIE er ist und WER er ist. So ... wie bisher ..." Sie lächelte aufmunternd und bekam ein dankbares Nicken zurück.

David David, du sagst ihm ja auch nichts über deine Vergangenheit XP Na gut, irgendwann kommt so und so alles raus.^^

I was King (Deutsche Version)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt