Out of the darkness

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Vater tauchte auch am Wochenende nicht auf. Ich begann zu überlegen, ob ich mir Sorgen machen müsste. So lange war er schon seit Ewigkeiten nicht weg gewesen. Normalerweise ließ er sich zumindest einmal in der Woche blicken. Ich hatte bis heute keine Ahnung, wo er den Rest seiner Zeit verbrachte und es war mir auch ziemlich egal. Seit sechs Jahren war er immer seltener zuhause.

Als der Gedanke kam, jagte er mir trotzdem einen Schauer über den Rücken. Der Gedanke war gefährlich. Es war nur ein einziger Satz: Was, wenn er tot in irgendeiner dreckigen Ecke liegt? Der Gedanke erfüllte mich gleichzeitig mit Furcht und Hoffnung. Ich schämte mich für die Hoffnung, die ich hatte. Was war ich nur für eine Tochter? Wie furchtbar war ich, dass mich der Gedanke an den Tod meines Vaters mit Hoffnung erfüllte. Ich schämte mich so sehr, dass ich diesen Gedanken in die hintersten Ecken meines Gehirns verbannte und mir verbat, nochmal daran zu denken.

Den Freitagnachmittag verbrachte ich bei Ryan. Wir hatten uns entschieden die Charakterisierung des Protagonisten in der Teamarbeit zu machen, was bedeutete, dass wir das gesamte Buch lesen mussten. Ryan war ein schnellerer Leser als ich, doch immer wenn wir danach über die Kapitel diskutierten, merkte ich, dass ich genauer las. Ryan übersprang auch öfter mal einen ganzen Satz und dann fehlte ihm diese Information. Wir waren bis sieben Uhr abends mit dem Thema beschäftigt und mir fiel wieder einmal auf, wie gut wir zusammenarbeiten konnten.

Als ich mich verabschieden wollte, hielt Ryan mich länger in seiner Umarmung fest als sonst. Auch ich genoss seine Nähe. Er seufzte, als er mich schließlich losließ. Ich sah in seine Augen, vielleicht wollte er mich wieder küssen? Doch er machte keine Anstalten. Das entmutigte mich. Seit dem einen Kuss vor den Weihnachtsferien hatte er nicht mehr so gewirkt, als wolle er mich gerne küssen. Auch hatten wir jedes Gespräch darüber vermieden. Ich hätte auch gar nicht gewusst, was ich hätte sagen sollen.

Wir hatten so lange gebraucht, uns zu verabschieden, dass ich mich schließlich beeilen musste, um rechtzeitig um acht beim Dirty Love zu sein. Als ich um halb eins eine kurze Pause machte und mich in den Hinterhof setzte, vibrierte mein Handy.

Ich vermisse dich

Ryan! So etwas hatte er noch nie geschrieben. Mein Herz flatterte kurz. Was sollte ich nur zurückschreiben? Eine gefühlte Ewigkeit saß ich dort und überlegte. Schließlich rang ich mich doch zu einem kurzen Ich dich auch durch. Sobald ich es abgeschickt hatte, fühlte ich mich dumm. Mir war eingefallen, dass Ryan mit Kyle und Ian unterwegs war. Wenn nun einer von ihnen sich Ryans Handy ausgeliehen hatte und sich einen Spaß mit mir erlaubte?

Ich wollte gerade wieder aufstehen und wieder rein gehen, als mich eine Stimme zurück hielt.

„Ich hatte schon Angst, du würdest nicht zurückschreiben..." Erschrocken drehte ich mich um und sah, wie Ryan sich aus dem Schatten löste. Meine Augen wurden groß.

„Wie lang stehst du schon da?", wollte ich wissen. Er zuckte mit den Schultern.

„Nicht besonders lange", er kam näher. Ich zog meine Jacke enger um mich. Ich hatte sie wegen der Kälte angezogen, doch nun war ich froh, sie zu haben. Ich schämte mich wegen der Kleidung, die ich trug, ich sah aus wie eine billige Nutte. Ryan lächelte mich trotzdem an.

„Warum bist du hier?", fragte ich, „ich dachte, du wolltest mit deinen Jungs was machen?"

„Wir waren zusammen in der Stadt, aber ich bin nicht besonders lange geblieben", er musste schmunzeln, „wie gesagt, ich habe dich vermisst." Er senkte die Augen im Angesicht dieses Zugeständnisses, doch mir zauberte es ein Lächeln auf die Lippen. Auch ich trat einen Schritt auf ihn zu. Vielleicht war jetzt der Moment gekommen? Ryan blickte wieder auf.

„Eigentlich wollte ich damit bis Sonntag warten, aber ich kann nicht mehr..." Mit diesen Worten schloss er den Abstand zwischen uns. Seine linke Hand nahm sanft meinen Kopf, mit der rechten umschlang er meine Taille. Wie von selbst schlangen sich auch meine Arme um seinen Körper. Sein Gesicht kam immer näher und ich beugte mich vor, bis unsere Lippen sich berührten.

Diesmal war es nur ein kurzer Kuss, Ryan beugte sich wieder leicht zurück, sodass er in meine Augen sehen konnte. Mein Herz pochte und ich war überzeugt, dass meine Wangen furchtbar rot sein mussten. Doch meine Augen strahlten. Auch Ryans Augen fingen an zu strahlen und erneut küsste er mich. Zuerst war unser Kuss sanft und zärtlich, doch schon bald begannen wir beide, mehr zu wollen und unser Kuss wurde fordernder.

Plötzlich ging die Tür hinter mir auf. Erschrocken wich ich vor Ryan zurück und drehte mich gleichzeitig um. Elly stand in der Tür, sie wurde von hinten von dem Licht aus dem Flur beschienen, was ihr ein etwas überirdisches Aussehen gab. Verunsichert zog ich die Schultern hoch.

„Liz, du solltest langsam wieder reinkommen, bevor Scott merkt, dass du schon ganz schön lange Pause machst", meinte sie trocken, warf einen letzten Blick auf Ryan und ging wieder rein. Ich drehte mich wieder zu ihm.

„Ich muss rein...", sprach ich das Offensichtliche aus. Er nickte langsam.

„Wir sehen uns Sonntag?" Seine Stimme war rau.

„Sonntag", bekräftigte ich.

Gerade als ich mich umdrehen wollte, hielt mich Ryan nochmal am Arm fest und bevor ich wusste, was er tat, hatte er mir noch einen letzten Kuss gestohlen.

„Ich kann es kaum erwarten", flüsterte er.

Ich sah ihm nach, als er sich umdrehte und wieder in die Schatten abtauchte, als wäre er dort geboren. Mein Herz klopfte heftig und meine Lippen fühlten sich geschwollen an. Auch ich konnte es kaum erwarten.

Hey Leute, wollte mich mal bei euch bedanken. In den letzten Tagen sind die Reads echt schnell hochgegangen und es gibt immer einige, die fleißig voten und kommentieren. Ich freue mich wirklich sehr über jeden Vote und jeden Kommentar, aber auch wenn du ein stiller Leser bist, der nicht so oft votet freue ich mich über euch. Ich hoffe sehr, es gefällt euch auch weiterhin ;)

The dark inside meWhere stories live. Discover now