Glitter & Gold

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Inzwischen war der große Raum von roten und goldenen Lichtern erhellt. Sie schufen eine irgendwie gemütliche, aber doch auch leicht verruchte Atmosphäre. Ich folgte Marion zur Bar. Dort saß Panther auf einem Barhocker und unterhielt sich mit einem Schrank von einem Mann, vielleicht der Türsteher?

Marion glitt mit einer Eleganz hinter die Bar, die zeigte, dass das ihr Territorium war. Die Bar war aus schwarz lackiertem Holz und sah wahnsinnig edel aus. Über den Regalen mit den Gläsern und dem Alkohol waren Lichter angebracht, die uns in goldenes Licht tauchten. Marion zeigte mir die verschiedenen Flaschen und die Liste, auf die ich gucken musste, wenn ich mir nicht sicher war, was die Drinks kosteten oder wie sie gemacht wurden. Sie fragte, ob ich schonmal einen Cocktail gemixt hätte und als ich den Kopf schüttelte, seufzte sie wieder schwer und beschloss, dass ich heute nur fürs Spülen und das Bier zuständig wäre. Trotzdem war ich furchtbar aufgeregt und meine Finger zitterten, als mich Marion eine Kiste Bier aus dem Kühlraum hohlen ließ. Ich verbarg es, so gut ich konnte, doch Marion fiel es auf und sie legte mir beruhigend eine Hand auf die Schulter.

„Mach dir mal keine Sorgen, das wird schon... Du wirst sehen, die Nacht ist schneller rum, als man denkt", meinte sie und lächelte mich dabei an. Ich lächelte etwas nervös zurück.

Inzwischen war es neun Uhr und der Schrank, Lewis hieß er, hatte mir Marion gesagt, klopfte zweimal auf die Bar und meinte dann: „Also Mädels, ich mach mal auf." Er verließ uns und ich bekam wieder Bauchschmerzen.

Unnötigerweise, wie ich zehn Minuten feststellte, denn es war noch niemand aufgetaucht. Elly schlenderte zur Bar und glitt auf einen Hocker.

„Um diese Uhrzeit ist nie viel los", meinte sie leicht gelangweilt, „es ist noch zu früh. Die meisten gehen erst in eine Bar und kommen dann später hier her." Ich nickte und entspannte mich ein wenig. Etwas verlegen sah ich sie an. Ich wollte mich gern mit ihr unterhalten, doch ich kannte sie ja kaum, und wusste nicht, was ich sagen sollte. Wahrscheinlich hatte ich deswegen keine Freunde, so sozial inkompetent wie ich war...

„Gehst du eigentlich noch zur Schule?", fragte mich Elly und ich war erleichtert, dass sie die Initiative ergriff.

„Ja", sagte ich, „aber ich mache dieses Jahr meinen Abschluss. Und du?" Sie schüttelte den Kopf.

„Nee, ich habe die Schule abgebrochen als ich vierzehn war..." Sie zog den einen Mundwinkel hoch, doch es wurde kein Lächeln.

„Wie alt bist du denn jetzt?", fragte ich.

„Siebzehn...", meinte sie ungerührt. Das schockierte mich. Sie war jünger als ich! Ich hätte sie locker drei Jahre älter als mich geschätzt.

„Warum hast du abgebrochen?", fragte ich nach. Sie zuckte etwas unwillig mit den Schultern.

„Bin mehrmals beim Koksen erwischt worden und da haben sie mich rausgeworfen. Die waren der Meinung, ich wäre ein hoffnungsloser Fall. Deswegen habe ich mir gedacht, es macht keinen Sinn, es an einer anderen Schule nochmal zu versuchen..."

„Und machst du es noch?"

„Was?"

„Na, koksen?", fragte ich. Sie rieb sich beinahe beiläufig mit der rechten Hand über die kleine Nase.

„Ist nicht besonders leicht, davon loszukommen...", sie grinste schief, „und es ist furchtbar teuer, unter anderem deswegen mache ich diesen Job hier überhaupt. Aber falls du mal richtig Spaß haben willst, kann ich dir zeigen womit." Ich hob abwehrend die Hände.

„Nee, danke, lass mal." Sie nickte langsam.

„Ist wahrscheinlich besser, wenn man gar nicht erst damit anfängt. Aber immerhin habe ich mir noch nicht völlig das Hirn weggekokst..." Wieder grinste sie schief.

In dem Moment rief eines der anderen Mädchen nach Elly. Langsam bevölkerte sich der Club. Die nächsten drei Stunden waren noch einigermaßen entspannt. Dann wurde es richtig voll und ich und Marion kamen kaum hinterher mit den Drinks.

Ab und zu bekam ich einen anzüglichen Kommentar und einige der Männer betrachteten relativ ungeniert meinen Körper, doch sie konnten mich nicht anfassen und so ließ es sich einigermaßen aushalten.

Irgendwann hatten wir mal eine kleine Lücke an der Bar und Marion redete mit mir über die Stammgäste.

„Siehst du den Blonden im Anzug? Der bei Annie?", fragte sie mich und ich nickte, „der kommt fast jeden Abend her. Er hat immer viel Geld dabei, also bei dem lässt sich einiges verdienen...", sie schaute mich von der Seite an, „also, falls du irgendwann auch mal tanzt..." Ich zog die Schultern hoch. Der Gedanke behagte mir dann doch eher weniger.

Marion deutete unauffällig auf einen anderen Tisch in einer Nische. Ich sog scharf die Luft ein, als ich sah, wer da saß. Es war Noah, der Anzugträger, der mich dazu gebracht hatte, hier zu arbeiten. Er saß relativ weit hinten im Raum und hatte sich ausgebreitet. Es sah aus, als würde er Bürokram hier machen. Rechts neben ihm saß Panther und schien sich mit ihm zu beraten. Links neben ihm saß eins der Mädels und schlürfte betont unbekümmert einen Martini.

„Das ist Noah Parker. Er ist der Chef hier", meinte Marion, „falls er dich zu sich ruft, widersprich ihm nicht, das kann er nicht leiden. Am besten sagst du gar nichts, was ihm nicht gefallen könnte. Noch besser: fall gar nicht erst auf." Ich blickte sie an und meinte, leise Angst, oder zumindest Vorsicht, in ihren Augen zu erkennen. Ich wusste schon, dass Noah gefährlich war, aber dass sogar Marion vor ihm Angst zu haben schien, machte mir zu schaffen.

So war es eigentlich nicht verwunderlich, dass ich erstmal schlucken musste, als Panther an die Bar kam und sagte, ich solle zu Noah gehen, er wolle mich sehen. Panther blieb an der Bar und so musste ich alleine quer durch den Raum laufen. Ich tat mein Bestes, um nicht zu sehr zu staken und war mir der Augen, die auf mir lagen, nur zu bewusst.

Als ich am Tisch ankam, wagte ich es, kurz aufzuatmen. Unschlüssig blieb ich vor dem Tisch stehen. Noah musterte mich von oben bis unten. Ich fühlte mich unter seinem Blick wie ein dummes Schulmädchen, das vor den Direktor zitiert wird. Unsicher starrte ich auf den Boden.

„Setz dich doch", meinte Noah schließlich und wies auf seine rechte Seite, auf den Platz, wo Panther zuvor gesessen hatte. Schweigend setzte ich mich.

„Also...", Noah zog das Wort in die Länge, er legte seine Fingerspitzen aneinander und lehnte sich leicht nach vorne, „wie gefällt dir dein neuer Arbeitsplatz bisher?" Wäre ich ehrlich gewesen, hätte ich gesagt, dass ich mich in dem Supermarkt wesentlich wohler gefühlt hatte, dass ich fand, dass ich zu wenig anhatte und dass diese verfluchten Schuhe meine Füße folterten, aber ich war mir sicher, dass er das nicht hören wollte.

„Gut...?" Irgendwie klang meine Antwort wie eine Frage und er schien es gehört zu haben. Kurz blickte ich auf. Sein Mund hatte sich zu einem Lächeln verzogen, aber es sah nicht besonders nett aus, eher so, wie wenn ein Hund seine Zähne zeigt.

„Sehr schön", meinte er jedoch nur, „na dann gehen sie wohl mal lieber zurück zur Bar..."


Hey Leute, das wars mal wieder, ich hoffe, es gefällt euch. Tut mir leid, dass gerade nicht mehr so oft Kapitel kommen, aber mein Semester ist wieder in vollem Gange. Würde mich freuen, wenn ihr liked und kommentiert. Schönes Wochenende noch ;)

The dark inside meWhere stories live. Discover now