Dirty Love

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Um Punkt Acht Uhr betrat ich das Dirty Love. Ich blieb kurz hinter der Tür stehen und wartete, bis sich meine Augen an das schummrige Dämmerlicht gewöhnt hatten. Vor mir lag eine schmale Garderobe, dahinter öffnete sich ein weiter Raum. Im hinteren Teil breitete sich eine lange Bar aus, links und rechts an den Wänden befanden sich kleine Nischen mit Tischen und rot gepolsterten Bänken. Den größten Teil des Raumes nahmen jedoch die Stangen und die um sie stehenden Tische ein. Ich musste schlucken bei dem Gedanken, dass sie mich auch zwingen könnten, an einer dieser Stangen zu tanzen.

Vorsichtig wagte ich mich weiter hinein. Irgendjemand würde mich doch erwarten, oder? Kaum hatte ich diesen Gedanken zuende geführt, öffnete sich auf der anderen Seite des Raumes eine Tür, die ich bislang noch nicht gesehen hatte. Panther trat heraus.

Er bemerkte mich und kam auf mich zu. Ein fieses Grinsen umspielte seinen Mund. Sah er, wie unwohl ich mich fühlte? Oder grinste er wegen etwas anderem?

„Da bist du ja", begrüßte er mich, „komm mit, die anderen Mädels sind auch schon da und machen sich fertig."

Ich folgte ihm durch die Tür. Wir kamen durch einen schmalen Gang in eine Art Garderobe. Hier war alles hell erleuchtet. Überall an den Wänden standen Schminktische und Spinde. An einer Seite waren Kleiderstangen aufgereiht. Drei junge Frauen saßen an Schminktischen, vier andere sahen die Klamotten an den Ständern durch. Eine kleine Dunkelhaarige kam gerade in Unterwäsche aus eine Art Umkleidekabine. Sie sah mich zuerst.

„Leute, Scott ist mit der Neuen da." Die anderen drehten sich um und ich wurde rot unter ihren abschätzenden Blicken. Die Älteste von ihnen schob sich nach vorne. Sie hatte schon einige Fältchen im Gesicht und ich schätzte sie auf mindestens 40 Jahre. Resolut packte sie mein Kinn und betrachtete mich.

„Nicht schlecht", meinte sie schließlich zu Panther, „hübscher Körper und wir wollen mal sehen, was wir mit diesem Gesicht machen können." Ich wusste nicht, ob ich geschmeichelt, beschämt oder beleidigt sein sollte.

Panther verabschiedete sich und schloss die Tür hinter sich.

„Na, dann komm mal mit", meinte die ältere Frau und zog mich weiter in den Raum hinein, „ich bin übrigens Marion." Ich nickte. Die anderen Frauen umrundeten mich und stellte sich nacheinander vor. Als die letzte schließlich ihren Namen sagte, hatte ich den Namen der ersten schon wieder vergessen.

„Ich bin Liz", meinte ich schließlich, meine Stimme war leiser als gewöhnlich, ich fühlte mich ziemlich eingeschüchtert.

„Wir öffnen normalerweise um Neun Uhr, wir haben also noch genug Zeit, dich ein bisschen aufzuhübschen", meinte Marion mit einem wohlwollenden Lächeln zu mir. Und genau damit verbrachten wir die restliche Stunde. Während dieser Zeit kamen noch weitere junge Frauen rein, ich schätzte ihr Alter auf zwischen 16 und 30 Jahren. Sie riefen immer laut einen Gruß in den Raum hinein und gingen dann zuerst zu ihrem jeweiligen Spind.

Marion kümmerte sich um mich, worüber ich sehr dankbar war. Sie behandelte mich nett und ich erlaubte mir die leise Hoffnung, dass vielleicht alles halb so wild werden würde. Zuerst zeigte sie mir den Spind, den ich benutzen durfte. Ich stellte meine Tasche hinein und zog meine Jacke aus. Dann gingen wir zu den Kleiderstangen. Marion betrachtete mich kurz, schätzte meine Kleidergröße und griff dann gezielt nach drei verschiedenen Outfits. Ich betrachtete sie mit Entsetzten.

„Und wo ist der Rest?", fragte ich nach, in der Hoffnung, dass es irgendwo noch mehr Kleiderständer gäbe. Marion lachte auf.

„Sweetie, du gewöhnst dich schon dran. Probier die mal an, dann schauen wir, welches dir am besten steht..." Ich ging in eine der Umkleidekabinen und zog den Vorhang hinter mir zu. Einigermaßen verzweifelt betrachtete ich die drei Sets. Es war kaum mehr als Unterwäsche.

Ich zog sie nacheinander an und ging jedesmal raus, um mich von Marion begutachten zu lassen. Schließlich entschied sie, dass ich eine rote Corsage, einen roten Stringtanga und einen schwarzen Rock, der kaum meinen Hintern bedeckte, anziehen sollte. Passend dazu gab sie mir schwarze Pumps und bekam einen kleinen Nervenzusammenbruch, als sie feststellte, dass ich darin keinen Meter laufen konnte. Wann sollte ich das auch gelernt haben? Sie löste das Problem, indem sie mir etwas weniger hohe Schnürstiefel mit Keilabsatz gab. In denen fiel ich immerhin nicht bei jedem Schritt hin.

Ich fühlte mich trotzdem wie ein junger Storch, als ich zum Schminktisch stakste. Marion trat hinter mich und legte die Hände auf meine Schultern.

„Schminken kannst du dich ja wohl hoffentlich?", fragte sie und zog dabei eine Augenbraue nach oben. Ich zog eine Grimasse und schüttelte den Kopf. Marion seufzte tief. Dann sah sie sich um und rief die kleine Dunkelhaarige herbei, Elly hieß sie, glaubte ich. Marion bat sie mich zu schminken und Elly grinste verschmitzt.

Sie holte schnell ein dunkles Tuch und hängte es über den Spiegel. Dann holte sie eine großen Schminkkoffer und breitete sich aus.

„Du bist heute mit Marion an der Bar, oder?", fragte sie, während sie mir mit einem feinen Schwamm hautfarbene Mousse ins Gesicht tupfte. Ich nickte.

„Dann hast du es gut, an der Bar wird man meistens nur angeglotzt, aber die Typen kommen nicht an einen ran...", meinte sie.

„Übrigens haben wir hier ein paar Regeln", fuhr sie fort und begann, mein Gesicht zu pudern, „also pass gut auf, wenn du keine Probleme bekommen willst. Marion ist die Chefin, hör lieber auf sie. Normalerweise ist sie nett, aber sie kann auch den Drachen rauslassen. Wenn du irgendetwas von den anderen Mädels klaust, wirst du rausgeschmissen." Sie musterte mich kurz ernst. Dann griff sie nach einer Schachtel mit vielen bunten Farben.

„Aber so schätze ich dich eigentlich nicht ein. Und noch etwas: Männer können manchmal echt Schweine sein. Wenn du irgendwie Probleme bekommst, signalisier das einer von uns und wir holen dich von ihm weg. Wir halten hier zusammen, hast du das verstanden?" Ich nickte, erleichtert darüber, dass ich nicht ganz auf mich allein gestellt sein würde.

„Seit wann arbeitest du hier?", fragte ich sie.

„Bald ist es ein Jahr", sie grinste mich schief an, „mach dir keine Sorgen, es ist wirklich auszuhalten. Irgendwann gewöhnt man sich an die Blicke, und immerhin müssen wir nicht mit denen ins Bett steigen..." Sie zog mir vorsichtig das Augenlied runter und malte mir etwas mit einem schwarzen Stift drauf. Sie malte noch eine Weile auf meinem Gesicht rum, lehnte sich dann zurück und betrachtete ihr Werk. Sie grinste selbstzufrieden. Dann stand sie auf und zog das Tuch vom Spiegel. Ich starrte hinein und eine mir völlig unbekannte Person starrte zurück. Ihre Haare fielen in großen Wellen auf ihre Schultern, die hohen Wangenknochen unauffällig betont, ihre Augen waren dunkel umrandet und die Lippen glänzten in einem dunklen Kirschton. Scheiße sah ich gut aus!

„Wow...", murmelte ich und Elly lachte laut auf.

Um fünf vor Neun Uhr rief Marion uns alle zusammen.

„Also Mädels, ihr kennt die Devise, bieten wir den Jungs eine gute Show und immer schön lächeln!" Mit diesen Worten scheuchte sie uns raus.

The dark inside meDonde viven las historias. Descúbrelo ahora