The dark inside me

Das Referat

Am Freitag wachte ich mit Bauchschmerzen auf. Typisch für mich, war ich vor dem Referat furchtbar aufgeregt. Vor schriftlichen Prüfungen ging mir das nicht so, doch sobald ich mich vor die Klasse stellen musste, bekam ich ganz schwitzige Hände und mein Brustkorb schien sich zu verengen. Ich hatte immer das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen und mein Herz pochte bei jedem Schlag gegen meine Rippen.

Da war es auch keine besonders große Hilfe, dass ich mit dem beliebtesten, gutaussehendsten und gleichzeitig berüchtigtsten Schüler (Ryan, für alle die noch nicht drauf gekommen sind) vor der Klasse stehen würde.

Ryan sah mich beunruhigt an, als ich weiß wie ein Bettlaken in den Biologieraum kam.

„Hey, ist alles in Ordnung?", fragte er. Ich versuchte mich an einem Lächeln.

„Ja, schon ok. Ist nur die Aufregung, das ist normal bei mir", brachte ich heraus. Er hob eine Augenbraue.

„Krass, ich hätte nie gedacht, dass ausgerechnet du unter Prüfungsangst leidest..." Ich runzelte die Stirn und wollte gerade fragen, wie er das meinte, als Mr. Brown, unser Biolehrer, den Raum betrat. Er breitete sich in der ersten Reihe aus, schaute auf seinen Plan und bat Ryan und mich nach vorn.

„Keine Sorge, das wird schon." Ryan klopfte mir aufmunternd auf die Schulter, während wir nach vorn gingen. Mir fiel wieder ein, dass ich ja eigentlich sauer auf ihn war und wollte erst etwas bissiges antworten, doch verkniff es mir dann stattdessen. Es war vermutlich nicht besonders schlau, vor dem Referat unseren Streit wieder aufzuwärmen.

Als wir vor der Klasse standen, flatterte mein Magen. Ich atmete einmal tief durch und fummelte den Stick in den Computer, der mit dem Beamer verbunden war. An der Wand hinter der Tafel erstrahlte die erste Seite unserer PowerPoint.

Populationsökologie

Referat von Ryan Parker und Elisabeth Brooks

Darunter ein Bild von einer Gruppe Lemuren. Ich hörte einige Mädchen „Oh, wie süß" murmeln, doch ich konnte mich nicht drauf konzentrieren, denn Ryan begann mit der Begrüßung. Dann stieg ich ein.

Unsere Präsentation wurde gut. Sogar noch besser als erwartet. Ryan und ich ergänzten uns perfekt. Wir wussten über unser Thema Bescheid und konnten am Ende noch gut auf die Fragen von unseren Mitschülern und Mr. Brown eingehen. Meine Aufregung hatte im Laufe der Präsentation nachgelassen und als es zur Feedbackrunde kam, war ich wieder entspannt.

Wir bekamen gutes Feedback und auch Mr. Brown schien zufrieden zu sein. Die Note würden wir erst nächste Woche kriegen, nachdem Mr. Brown auch die Gelegenheit gehabt hatte, unseren Aufsatz zu dem Thema durchzulesen, doch ich war überzeugt, dass wir nicht schlechter als eine B- sein konnten. Erleichtert ließ ich mich auf meinen Platz fallen. Ryan jedoch ging nicht zu seinem eigentlich angestammten Platz ganz hinten am Fenster, sondern ließ sich neben mir nieder. Wieder ein Moment, in dem ich nicht wusste, was ich von ihm halten sollte.

Der Rest der Stunde war angenehm. Olive und Harper stellten ihre Präsentation über die Räuber-Beute-Beziehung vor und ich konnte mich zurücklehnen und berieseln lassen. Olive machte ihre Sache ganz gut, im Gegensatz zu Harper und es wurde schnell klar, wer hier die meiste Zeit in die Präsentation gesteckt hatte. Ich hoffte für Olive, dass auch Mr. Brown das bemerkte und ihr eine entsprechend bessere Note gab als Harper, die wie immer an ihren goldenen Löckchen herumspielte.

Mitten im Vortrag lehnte Ryan sich zu mir.

„Hey, alles wieder gut zwischen uns?", fragte er leise. Ich überlegte kurz. Ich spürte, dass ich nicht mehr wütend auf ihn war, mein Zorn hatte sich gelegt. Es juckte mich in den Fingern, ihn noch ein wenig zappeln zu lassen, doch als ich in seine blauen Augen blickte, konnte ich nicht anders, als ihm zu verzeihen.

„Ja, alles wieder in Ordnung", murmelte ich ihm zu und lächelte ihn an. Er schien ehrlich erfreut zu sein.

„Harper hat echt Glück, dass sie Olive als Partnerin bekommen hat", flüsterte Ryan mir zu. Ich sah weiterhin nach vorn, lehnte mich aber leicht zu ihm, als ich antwortete.

„Na ja, ich fürchte für Olive war das eher Pech..." Er kicherte leise. Der Geruch seines Deos stieg mir in die Nase, so frisch, irgendwie lecker... Ich atmete einmal tief ein, dann merkte ich, wie ich rot wurde und lehnte mich schnell wieder zurück.

„Hast du schon gehört? Harper hat mit Ian Schluss gemacht..." Ich runzelte die Stirn, ich hatte nicht mal gewusst, dass die beiden zusammen gewesen waren.

„Wie lang waren sie denn...?" Ryan schnaubte ironisch.

„Vielleicht zwei Wochen oder so? War aber wohl eher so eine Art Freundschaft plus, wenn du verstehst, was ich meine..." Ich sah ihn verwirrt an.

„Was meinst du denn?", flüsterte ich zurück. Er lachte leise in sich hinein und blickte mich dann ungläubig an, weil ich nicht wusste, was er meinte.

„Sie wollte eigentlich nur Sex, Ian wollte aber irgendwann eine Beziehung...?", erläuterte er. Ich wurde tomatenrot. War ich prüde oder war er einfach nur sehr offen, dass er so ungeniert über das Sexleben seines besten Freundes sprach?

Bevor ich jedoch etwas antworten konnte, fingen wir uns beide einen bösen Blick von Mr. Brown ein, der unser Getuschel sichtlich störend fand. Verlegen starrte ich auf den Boden, nur um ein paar Sekunden später von Ryan in die Seite gestupst zu werden. Empört stupste ich zurück. Er deutete nach hinten.

„Guck nur, wie Ian sie ansieht." Ich drehte mich halb nach hinten. Ian war sichtlich angespannt. Seine Augen waren starr auf Harper geheftet, seine Hände zu Fäusten geballt.

„Wenn es nur eine Freundschaft plus war, wieso ist er dann so wütend auf sie?", fragte ich Ryan.

„Naja, er wollte mehr von ihr und sie hat ihn dann bloßgestellt, indem sie ihm vor allen Leuten gesagt hat, sie würden niemals zusammenkommen..." Gegen meinen Willen empfand ich Mitleid für Ian. Ich wusste genau, wie es war, vor allen bloßgestellt zu werden.

Wenig später klingelte es und die meisten Schüler freuten sich laut auf das Wochenende. Meine Freude war nicht ganz so groß. Vor mir lagen noch weitere anderthalb Stunden Nachsitzen, zusammen mit Ryan...