Kaffee und Kuchen

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Ryan schien mein Unbehagen deutlich zu spüren. Sein Brustkorb bewegte sich, er schien ein Lachen zu unterdrücken. Als wolle er mich noch mehr quälen, rutschte er noch ein bisschen näher an mich heran. Sein Geruch war beinahe überwältigend. Ich hatte das Gefühl, als würde ich keine Luft mehr bekommen. Hektisch schnappte ich nach Luft.

Aber Devil hatte auch gemerkt, dass ich kurz vor einer Panikattacke stand und im Gegensatz zu Ryan machte sie nicht noch alles schlimmer sondern handelte.

Mit einem Handgriff hatte sie Lily auf ihren Schoß gehoben und rutschte gleichzeitig ein Stück von mir weg. Erleichtert rutschte ich auch etwas. Fast sofort bekam ich wieder mehr Luft und spürte, wie sich meine verkrampften Muskeln wieder etwas entspannten. Ryan wirkte enttäuscht.

Tyler hingegen, der schon sehr verkniffen zugesehen hatte, wie Ryan an unseren Tisch gekommen war, wurde es in diesem Moment zu viel. Er sprang auf. Sein Gesicht war wutverzerrt.

"Mit dem da sitze ich nicht am Tisch!", sagte er und zeigte auf Ryan. Ryans Miene verfinsterte sich. Devil schien verwirrt.

"Tyler, bitte...", versuchte ich ihn zu beruhigen, aber ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Zu einem gewissen Grad hatte Tyler ja Recht. Ryan hatte ihn verprügelt, ich konnte seine tiefe Abneigung gegen ihn gut verstehen.

"Warum denn, Tyler? Was hat mein Cousin schon wieder angestellt?" Devil blieb ganz ruhig und versuchte, die Situation zu analysieren.

"Er hat sich an Liz rangemacht!" Tyler Backenmuskulatur trat hervor, er ballte seine Hände zu Fäusten. Kurz hatte ich Angst er würde hier und jetzt auf Ryan losgehen. Wie nebenbei registrierte ich, dass er nicht als Grund angeführt hatte, von Ryan verprügelt worden zu sein. Anscheinend schämte er sich immer noch dafür und wollte vor David und Lily nicht als schwach dastehen.

Devil seufzte und verzog das Gesicht zu einem halben Grinsen.

"Ja, so kenne ich meinen Cousin... Aber meinst du nicht, deine Schwester kann das selber regeln?" In diesem Moment hätte ich sie küssen können. In Tyler arbeitete es. Ich konnte genau sehen, wie gern er etwas Schlagfertiges erwidert hätte, und wie sehr es ihn zur Weißglut brachte, dass ihm nichts Passendes einfiel. Nach ein paar Sekunden Stille setzte er sich stumm, aber mit immer noch sehr trotzigem Gesichtsausdruck wieder auf die Bank. Der Blick mit dem er Ryan musterte war kein bisschen freundlicher geworden, doch immerhin hielt er den Mund.

"Also, was haltet ihr von Kaffee und Kuchen?", fragte Devil fröhlich. Lily nickte begeistert und auch Mary lächelte, obwohl sie doch vor nicht einmal einer halben Stunde ein komplettes Mittagessen verdrückt hatten. Ich jedoch hatte auf einmal einen schweren Stein im Bauch. Ich hatte keinen Nachtisch eingeplant gehabt. Das Geld würde vielleicht noch für ein bisschen Kaffee reichen, aber niemals auch für Kuchen. Aber das konnte ich Devil niemals sagen. Was würde sie von mir halten? Sie hatte den Pool in Kyles Garten für normal gehalten, sie war mit mindestens so viel Geld aufgewachsen. Sie würde bestimmt nichts mehr mit mir zu tun haben wollen, wenn sie wüsste, wie wenig Geld ich hatte.

"Ich glaube, das geht nicht. Wir müssen langsam nach Hause", versuchte ich, eine Ausrede zu finden. Devil schaute mich enttäuscht an.

"Aber es ist doch Sonntagnachmittag. Was müsst ihr denn jetzt zuhause machen?" Kurz hatte ich ein Blackout. Dann fiel mir etwas ein.

"Die beiden hier müssen noch ein paar Hausaufgaben machen..." Ich deutete auf Lily und David. Zum Glück war mir das noch eingefallen, ich hätte Devil ungern angelogen. David und Lily jammerten, doch jetzt wo ich eine Ausrede hatte, führte kein Weg mehr daran vorbei.

Tyler stand erleichtert auf und Mary und David rutschten hinter ihm aus der Bank. Ich drehte mich zu Ryan und erwartete, dass er auch mich rausließ. Er bewegte sich kein Stück.

Und er grinste schon wieder. Ich stöhnte innerlich. Was wollte er jetzt schon wieder?

"Ryan, lässt du mich mal bitte raus?", fragte ich und versuchte ruhig zu bleiben.

"Was krieg ich dafür?" Doch diesmal hatte er die Rechnung ohne Devil gemacht.

"Ryan, du kannst manchmal echt ein Arschloch sein! Jetzt lass sie sofort raus!"

Wider Erwarten gab Ryan, ohne mit der Wimper zu zucken, klein bei und stand auf. Anscheinend war Devil die Einzige, die ich kannte, die Ryan im Griff zu haben schien. Ich musste sie bei Gelegenheit mal fragen, wie sie das schaffte.

Ich ging zur Theke, bezahlte und war erleichtert, dass ich mich nicht verrechnet hatte und sogar noch zehn Dollar zurück bekam. Devil hatte sich schon von meinen Geschwister verabschiedet und umarmte mich nun.

"Schade, dass wir uns nur so kurz gesehen haben." Ich stimmte ihr zu. Sie war mir wirklich sympathisch. Plötzlich schien ihr etwas einzufallen.

"Hey, hast du heute Abend zufällig Zeit? Wir könnten uns treffen, ich fahre eh erst morgen wieder zurück ins Internat." Ich dachte nach. Ich würde mich sehr gerne mit ihr treffen und im Prinzip sprach auch nichts dagegen.

"Mary passt bestimmt auf die Kleinen auf und ansonsten hätte ich Zeit. Voraussetzung ist allerdings, dass du ihn nicht mitbringst." Mit einem kleinen Zwinkern deutete ich auf Ryan, der etwas abseits stand und abwesend auf seinem Handy herumtippte. Ein Grinsen umspielte Devils Gesicht.

"Mach dir keine Sorgen, der hat heute Abend sowieso schon etwas anderes vor. Also, dann sagen wir um sieben, ich schreib dir noch, wo du hinkommen sollst."

"Ok, alles klar", grinste ich und wir verabschiedeten uns.




The dark inside meWhere stories live. Discover now