Kapitel 32: Aphrodite

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Am nächsten Tag kaufte ich für Noah eine Katze. Ich fühlte mich einfach völlig nutzlos, und das machte mir zu schaffen. Ich wollte für ihn da sein, doch ich wusste nicht, was ich tun sollte, während Noah sich immer weiter von mir distanzierte. Ich verstand, dass er sich erst einmal um seine familiären Angelegenheiten kümmern musste, doch das änderte nichts an meinem Wunsch, das Ganze mit ihm zusammen durchzustehen und seinen Schmerz vielleicht zu lindern.
Natürlich würden die Probleme trotzdem bestehen bleiben, ein Haustier konnte das nicht ändern, doch mein Kater Zeus ließ mich die alltäglichen Probleme für einen Moment vergessen und zauberte mir immer wieder ein Lächeln ins Gesicht. Was ich sagen will, ist: Katzen sind einfach toll. Und so kam es, dass ich frühmorgens in das nächstgelegene Tierheim fuhr. Ich entschied mich für eine kleine, getigerte Katze. Als sie mich aus ihren großen Augen erwartungsvoll anschaute und unaufhörlich miaute, war es um mich geschehen. Ich hatte mich sofort in das kleine Tier verliebt und musste es einfach mitnehmen. (Wenn er sie nicht wollte, würde ich sie behalten) Außerdem kaufte ich noch Futter und Spielzeug für die Katze.

Anschließend fuhr ich auf direktem Weg zu Noah. Zum einen, weil ich erfahren wollte, wie es Susan ging - ich hatte in der Nacht kaum geschlafen, solche Sorgen plagten mich - und zum anderen, um ihm die Katze zu bringen.
"Estelle?", hörte ich Noah hinter mir sagen, gerade als ich zu seiner Haustür ging. Ich drehte mich um und entdeckte Noah, der gerade aus seinem Wagen stieg. Sein Blick fiel auf die Box mit der Katze, die ich in der Hand hielt. Fragend zog er eine Augenbraue hoch und ein schmales Lächeln umspielte seine Lippen.
"Oh, hey Noah. Wie geht es Susan?"
"Ich komme gerade aus dem Krankenhaus. Susan geht es besser, sie ist aufgewacht und über den Berg. Ich hätte ihr am liebsten eine Standpauke gehalten, aber sie war so schwach und zerbrechlich, da habe ich mich beherrscht. Trotzdem, diese Frau bringt nichts als Ärger." Noah kam auf mich zu und schloss die Haustür auf, und aus der Nähe erkannte ich seine tiefen Augenringe und die Sorgenfalten, welche auf seiner blassen Haut lagen. "Und wie geht es dir?", erkundigte ich mich besorgt.
"Gut", antwortete er knapp, aber da wir beide wussten, dass er log, fügte er hinzu: "Nein, wenn ich ehrlich bin, geht es mir nicht gut. In den letzten Tagen ist einfach so viel passiert, und der ganze Stress bringt mich noch an meine Grenzen."
Seine Geständnis überraschte mich, doch ich war dankbar, dass er mir vertraute und ehrlich zu mir war.
"Das glaube ich dir. Noah, wenn ich irgendwas tun kann, um dich zu entlasten, dann brauchst du es nur zu sagen."
"Danke, Estelle, das weiß ich sehr zu schätzen."
Ich folgte Noah in die Wohnung in stellte die Box mit der kleinen, mittlerweile schlafenden Katze auf einen Stuhl.
"Und wen hast da mitgebracht?", fragte Noah, und ich konnte seinen Tonfall nicht ganz deuten.
"Sie .. sie hat noch keinen Namen. Ich habe sie heute morgen aus dem Tierheim mitgenommen und würde sie dir gerne schenken. Also, vorausgesetzt du möchtest das auch .. ich dachte nur, weil du ja momentan ein paar Schwierigkeiten hast, vielleicht kann die Katze dich aufmuntern.. oder war das eine blöde Idee?"
Er ging zu der Box und betrachtete das kleine Kätzchen. Anschließend kam er zu mir und nahm mich in den Arm. "Du brauchst nicht immer so unsicher zu sein", flüstere er. "Bei mir kannst du du selbst sein. Und die Katze ist super. Ich freue mich sehr. Danke, Estelle. Lilly wird sie auch mögen."

Noah kochte Kaffee, während ich das Futter und Spielzeug für die Katze aus dem Auto holte. Als ich wieder in die Wohnung ging, saß Noah am Stuhl und massierte seine Schläfen, die Augen hatte er geschlossen.
"Was ist los?"
Er hob langsam den Kopf. "Ach, mir ist nur ein bisschen schwindelig. Gleich ist es wieder vorbei. Mach dir keine Sorgen." Seine Haut war noch blasser geworden, und Noah wirkte einfach nur noch müde.
"Ich mache mir aber Sorgen, Noah. Vielleicht solltest du dich mal von einem Arzt untersuchen lassen."
"Nein!", fuhr er mich an, und fügte dann viel sanfter hinzu: "Das ist nur der ganze Stress. Lass uns etwas unternehmen. Das lenkt bestimmt ab."
Ich runzelte die Stirn. Zwar war ich der Meinung, dass Noah sich untersuchen lassen oder wenigstens ausruhen sollte, doch als er mich so erwartungsvoll anschaute, willigte ich letztendlich ein.

Die Katze tauften wir Aphrodite¹, es war Noahs Idee. Er fand, dass der Name gut passte, da mein Kater ja Zeus²  hieß. Lilly, die wenige Minuten später aus ihrem Zimmer kam, war sofort begeistert von Aphrodite. Sie versprach, sich heute um die Katze zu kümmern, sodass Noah und ich losziehen konnten, um unser nächstes Abenteuer zu erleben.

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¹Aphrodite: olympische Göttin der Liebe, Schönheit & sinnlichen Begierde in der griechischen Mythologie

² Zeus: der oberste olympische Gott der griechischen Mythologie
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Ich bin etwas unzufrieden mit dem Kapitel und versuche die nächsten wieder spannender zu machen ;)

Noah & Estelle - Jede Sekunde zähltWo Geschichten leben. Entdecke jetzt