Kapitel 74 - Ein seltsamer Vergleich

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Oben ist ein Fancover von dreamingaboutfood <33

Deswegen jogge ich nicht mal eine halbe Stunde später durch den Schulflur in Richtung unseres Theaters. Durch die Fensterscheiben erblicke ich schon viele unbekannte Köpfe, irgendwo zwischendrin Charly, die sich angeregt mit John unterhält. Es scheint wirklich eine Menge los zu sein, weswegen ich noch total perplex die Tür zum Theater öffne.

Sofort bleibe ich auf dem Fleck stehen, noch bevor ich die Tür schließen kann, weil ich unmittelbar auf einen langen Holzbacken sehe, der gerade von zwei Frauen an mir vorbeigetragen wird. Überfordert sehe ich ihnen hinterher, sie unterhalten sich auf spanisch. Ach du Scheiße, Benja hatte wirklich recht, als er von zwanzig Spanierinnen gesprochen hat. Überall hört man spanische Worte, die umherfliegen und auch wenn ich durch den Gang zur Bühne sehe, erblicke ich bestimmt zehn weitere Frauen, die ich nicht kenne. Alles geht drunter und drüber, man hört, wie auf Holz gehämmert wird, irgendetwas wird zersägt, noch dazu rattert eine Nähmaschine. Doch die Bühne sieht unglaublich gut aus. Wir hatten schon vor längerer Zeit geplant, wie wir sie an unserem Auftritt gestalten wollten und so gut, wie sie nun aussieht, hätten wir es niemals hinbekommen.

Das hier ist ... Ich habe keine Worte.

„Vy!",

Ich wende mich von den vielen Frauen und Mitschülern ab, die in meinem Kurs sind und blicke nach rechts, wo Benja auf mich zukommt. Er grinst und deutet in den ganzen Raum. „Na? Habe ich dir zu viel versprochen?"

Blinzelnd sehe ich von Benja wieder in den großen Raum und sehe auch schon Charly, die gerade mit zwei spanischen Frauen ihr Kleid anprobiert. „Ich weiß nicht, was ich sagen soll", sage ich wortkarg. „Ich kann es gar nicht fassen."

„Ich auch nicht." Benja lacht. „Harry legt sich ganz schön ins Zeug und alle helfen mit. Ist das nicht Wahnsinn?"

Wie benebelt nicke ich, heimlich suchen meine Augen Harry, doch ich finde ihn nicht. „Das ist tatsächlich Wahnsinn ..."

„Ich denke, das hier ist seine Entschuldigung."

„Gut möglich", sage ich leise und laufe durch die vielen Sitze, die von ein paar Frauen sauber gemacht werden. Ich glaube, die Theaterhalle war noch nie so sauber, geschweige denn so schön dekoriert. In ein paar Ecken stehen Bäume aus richtigem Holz, nicht nur aus Pappe, sogar aus echten Blättern. Es riecht wunderbar nach Wald, das alles muss eine unglaubliche Arbeit gewesen sein.

„Wir haben nur noch heute", sagt Benja, als wir vor der Bühne stehen, wo ich sehe, wie Charly mir glücklich zuwinkt. Sogar ihr hellblaues Kleid, das sie als Magd von Henriette trägt, ist schöner, als das, was wir ihr gekauft hatten. „Deswegen ist alles ein wenig hektisch. Aber ich denke, wir packen das. Estefanias Putzkolonne hilft uns gut aus."

„Ich kann es nicht fassen", ist alles, was ich rausbekomme. Diese Situation ist gerade zu viel für meine Gedanken. Soll das hier wirklich Harrys Entschuldigung sein? Ich weiß nicht, was ich darüber denken soll.

Ich drehe mich um, weil ich von hinten Harrys Stimme herausfiltern kann und schon sehe ich ihn, wie er mit John durch den Eingang gelaufen kommt. Sie unterhalten sie exzentrisch über irgendetwas, John sagt etwas, dann sagt Harry wieder etwas und jetzt gerade kann ich immer noch nicht fassen, was Harry für uns alle tut. Er hat tatsächlich noch gestern Abend alle angerufen, sich erkundigt und diese verdammten Frauen angeschleppt, damit sie ihm helfen, unser Theater wieder aufzubauen.

„Angenommen wir würden die Lichtern doch mit einem Seil befestigen", höre ich John zu ihm sagen. „Würde die Chance höher sein, dass es runter fällt?"

Violet Socks I HSWhere stories live. Discover now