Kapitel 72 - Unser Scheißstück

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Oben ein Fancover von @_Last_Hope_ :)

Der Montagmorgen ist der Schlimmste, den ich seit Ewigkeiten erleben muss. Ich bin übermüdet, mein Kopf will nicht abschalten und selbst vor meinen Freunden kann ich meine schlechte Laune nicht abspielen. Ich bin unfreundlich zu jedem und das Schlimme ist, dass es mir auch noch egal ist. Mom habe ich versucht zu überreden, mich Zuhause zu lassen, doch ich muss leider akzeptieren, dass das letzte Mal wirklich nur eine Ausnahme war. Deswegen schlurfe ich nun mit Benja an meiner Seite zum Theaterkurs und traue mich nicht mal den Blick zu heben, weil ich Angst habe, ich könnte jeden Moment in Harrys grüne Augen blicken. Wenn ich ihn sehe, ... Ich will ihn einfach nicht sehen.

„Benjamin, Violet!", ruft eine gehetzte Stimme durch die Halle des Theaters, als wir die Tür hinter uns schließen und widerwillig hebe ich den Kopf, denn eine aufgeregte Lara kommt auf uns zu. „Ihr müsst kommen! Ganz, ganz schnell!"

„Was ist denn los?", fragt Benja und schnell folgen wir ihr zur Bühne. „Sag bitte nicht, dass John krank ist, das wäre echt grausam, vor allem in der Generalprobe!"

„Nein, das ist es nicht", erklärt Lara und reibt sich verzweifelt über die Stirn, als wir die Treppen hochlaufen. „Es ist noch viel ... Seht es euch einfach an."

Verwirrt gehen wir hinter die Bühne und schon wissen wir Bescheid. Benja und mir entweicht jegliche Luft aus den Lungen, als wir die zerstörten Requisiten unseres Stückes sehen. All die Plastiksteine, die Bäume, die Kleider, einfach alles ... zerstört, zerfetzt, in mehrere Teile gerissen.

Ach du Scheiße.

„Oh mein Gott", sagt Benja und starrt mit riesigen Augen durch den Gang, in dem all unsere Sachen stehen, die jetzt allerdings wahllos auf dem Boden liegen. Entsetzt geht er zu einem Baum, der auf dem Boden liegt und hebt ihn hoch. Allerdings fliegt sofort der Kopf ab. Benja schluckt. „Oh mein ... Vy."

Ich sehe fassungslos von einem kaputten Stuhl zu ihm.

Benjas Atem wird schwerer, als er weiter auf den kaputten Baum in seiner Hand sieht. „Ich weine gleich."

Weil ich absolut nicht möchte, dass Benja weint, gehe ich zu ihm und entnehme ihm den kaputten Baum. In seinem Blick erkenne ich, dass er tatsächlich kurz davor steht, die Nerven zu verlieren und es ist berechtigt. Wäre ich in einer normalen Verfassung, würden wir gemeinsam weinen. Denn all das hier war monatelange Arbeit. Ich ziehe Benja aus dem Gang, damit er die kaputten Sachen nicht mehr sieht und Lara folgt uns trübselig.

„Lara", sage ich, als ich Benja in die erste Reihe der Zuschauerplätze setze, damit er sich beruhigen kann. Als sie sich neben mich stellt, frage ich: „Wie, zur Hölle, konnte so was passieren?"

„Ich weiß es nicht", sagt sie schnell. „Ich war die erste heute und ich bin reingekommen und dann ... Ich habe es genauso vorgefunden."

„Oh Gott", sagt Benja und legt seine Hände über das Gesicht. „Oh Gott!"

Ich setze mich neben ihn und lege meine Hand auf seine Schulter. „Benja, ganz ruhig, wir bekommen das-"

„Nein, wir bekommen das nicht wieder hin!" Er stemmt sich auf seine Knie und vergräbt seinen Kopf in seinen Armen. „Es ist alles im Arsch! Nächste Woche ist das Stück und wir haben gar nichts mehr! Es ist alles kaputt! Das hat Monate gedauert, diesen verdammten Mist zu basteln!"

Frustriert lehne ich mich in dem Sitz zurück und raufe mir mit geschlossenen Augen die Haare. Ich atme tief ein und aus. Wie schlimm kann es eigentlich noch werden? Gott scheint mich zu hassen, wenn er auch noch Benja Leid zufügt. Wir haben so viel geschufftet, uns verdammt viele Gedanken um dieses verdammte Scheißstück gemacht und nun ist wirklich alles im Arsch.

Violet Socks I HSWhere stories live. Discover now