Kapitel 28 - Bouillabaisse

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Ich habe uns ein Tisch für zwei im Lovegold Restaurant reserviert. Acht Uhr. Ich freue mich schon auf den gemeinsamen Abend. Brandon

Mein Grinsen ist kaum zu stoppen, als ich die SMS lese, die mir Brandon geschrieben hat. Zwar weiß ich nicht, wo er meine Nummer her hat, aber er muss wohl irgendwen danach gefragt haben, was gleich bedeutet, er interessiert sich an all diesem Zeug, genauso wie ich.

Ich freue mich auch schon. Aber komm bloß nicht auf die Idee, du müsstest alles bezahlen, schreibe ich zurück und lege dann mein Handy zur Seite, um mich im Spiegel zu betrachten. Zwar weiß ich nicht, wieso ich mir so viel Mühe mit meinem Aussehen mache, doch wahrscheinlich würde Mom es sowieso nicht gut finden, wenn wir die Stylesfamilie mit Jogginghose und Schlabbershirt in Empfang nehmen.

Doch weil ich nicht zu schick sein will, damit Harry auch ja nicht denkt, ich würde mich für ihn extra gut anziehen, ziehe ich mir meine grün-weiß geblümten Kniestrümpfe an, mit schwarzem Rock und weißer Bluse. Und ich weiß, dass er meine Strümpfe hasst, weswegen er diese hier noch mehr hassen wird. Doch ich liebe sie total.

Mein Handy piept erneut und ich lese Brandons Nachricht.

Wir werden noch sehen, wer bezahlt. Was treibst du gerade? Du fehlst mir irgendwie.

Mamma Mia, ich fehle ihm. Mein Herz springt ein klein wenig, weil diese Offenbarung so plötzlich kommt. Doch er fehlt mir auch. Irgendwie.

Ich will ihm gerade antworten, da springt mir etwas in meiner Sockenschublade ins Auge. Das, was mir immer ins Auge springt, wenn ich vor dieser verdammten Schublade stehe. Diese verdammten violetten Socken von Harry. Ich hasse es, dass sie mich auch nur für eine Sekunde aufhalten, Brandon zu antworten und meine Aufmerksamkeit bekommen.

Doch ich versuche sie zu verdrängen.

Ich schiebe die Schublade fest zu und lasse mich auf mein Bett fallen, während ich Brandon schreibe, dass er mir auch fehlt. Harry sollte nicht ständig meine Gedanken übernehmen, vor allem nicht in solchen Situationen. Es fühlt sich seltsam und nervig an.

Die Klingel unserer Haustür hallt durch mein Zimmer und ich sehe ein letztes Mal in den Spiegel. Wie immer trage ich meinen Dutt und meinen Pony locker über meiner Stirn. Ich rümpfe die Nase. Irgendwie ist das alles zu streng. Ich mache es so wie Benja es tat und zupfe ein paar dunkelblonde Haarsträhnen aus meinen Zopf, damit ich ein klein wenig aufgepeppter aussehe. Dann noch ein paar Mal durch den Pony wuscheln und – Immer noch öde.

„Violet!", ruft meine Mutter nach mir und ich höre, wie Anette irgendetwas zu ihr sagt.

Ich seufze und sehe auf die Uhr über meiner Tür. Es ist punkt sieben Uhr. Natürlich kommen sie keine Minute zu spät, das würde Anette sich niemals erlauben. Ein Wunder, dass sie nicht zehn Minuten früher dran sind. Doch trotzdem schnappe ich mir mein Handy, falls Brandon antwortet und dann laufe ich die Treppen nach unten.

Im Flur stehen Anette mit Mom und Harry. Im Gegensatz zu uns allen, sehen die beiden aus, als würden sie in das teuerste Restaurant auf Erden gehen wollen, denn Anette trägt hohe Schuhe mit einem schicken schwarzen Kleid, perfektem Make-Up und Harry ein weißes Hemd mit Krawatte.

Ich muss mir ein Lachen verkneifen, als ich ihn sehe und ich allein an seinem Gesichtsausdruck erkennen kann, dass er gezwungen wurde, diese Sachen anzuziehen. Schon früher haben seine Eltern darauf bestanden schick auszusehen, wenn sie Essen gehen. Harry hat es gehasst. Und anscheinend hasst er es noch heute. Allerdings ist sein Vater heute nicht dabei, was ich gut nachvollziehen kann. Wer weiß, ob er seine Couch überhaupt noch verlassen kann.

Rosy rennt an mir vorbei, worauf ich fast die Treppen herunter falle, damit sie vor mir in der Küche ankommt. „Rosy, pass doch auf!", meckere ich ihr hinterer, doch sie streckt mir nur die Zunge raus. Jetzt plötzlich kann sie sich wie ein Kind verhalten.

Violet Socks I HSWhere stories live. Discover now