Kapitel 44. In Gefangenschaft

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Es war kein langer Weg, bis zu dem Raum, in welchem ihre anderen Freunde eingesperrt waren, doch es dauerte eine Weile, da Ora sich immer wieder wehrte.
Alle paar Meter blieb sie stehen und zog an der Leine, die an ihrem Hals befestigt war.
Irgendwann sah sie jedoch ein, dass es keinen Sinn hatte, und ging mit gesunkenem Kopf weiter.
Nach einigen Minuten kamen sie in einen Raum, in dem mehrere Zellen ohne Gitter waren.
Das Mädchen stubste Monsieur Bour vorsichtig an.
"Was ist?", fragte dieser und nahm das Halsband kurz ab.
"Was ist das hier alles?", fragte der Drache und sah sich um.
"Das Haus war früher mal ein Polizeirevier!", erklärte der Mann und schnallte ihr das Band wieder um, "Mit Gefängnis gleich dazu! Es gehörte einem Vorfahren von mir!"
"Wie ironisch, dass sie jetzt hier Polizisten einsperren!", sagte Leroy.
"Halt die Klappe, ich habe mit ihr geredet!", sagte der Jäger und klebte ihr den Mund zu.

Währenddessen warteten Peyrot und sein Direktor in der gleichen Zelle auf die Rückkehr der Polizistin.
"Denken sie, Ora wird trotzdem angreifen?", fragte Morel während er nachdenklich hin und her lief.
"Ich glaube, dafür mag sie uns zu gern... hoffe ich!", sagte der Dètective, der auf seinem Bett saß, "Mich würde es nicht wundern, wenn sie sich stellt!"
"Ohne Fluchtplan?", fragte der Chef.
"Ja, schon!", sagte der Polizist, "Sie weiß ja nicht, was auf sie zukommt! Diese Ketten, die die dabei hatten, sahen nicht gerade instabil aus!"
"Das arme Mädchen!", sagte sein Vorgesetzter, "Dabei wollte sie uns doch nur helfen!"
"Ich glaube nicht, dass ihr das so viel ausmacht!", sagte der Beamte, "Ihre zweite kleine Schwester war immerhin über 200 Jahre im Keller des eigenen Schlosses eingesperrt!"
"200 Jahre? Schloss? Zweite Schwester?", fragte der Arbeitgeber verwirrt, "Wie meinen sie das?"
"Das ist eine lange Geschichte!", sagte sein Kollege, "Aber wir sollten sie zuerst fragen, ob ich es ihnen erzählen darf!"

Sie brauchten nicht lange zu warten.
Kaum eine Minute später ging plötzlich die Tür auf.
Ein paar Männer kamen herein und schubsten zuerst die Detektivin zu ihrem Verlobten, welcher ihr sofort das Klebeband und die Fesseln abnahm.
Dann griffen sie nach ein paar Seilen und zogen fest daran.
Die Drachin hatte doch noch einmal angefangen, sich zu wehren, weshalb ihr Anführer Hilfe dabei brauchte, sie in den Raum zu zerren.
"Nun zier dich doch nicht so!", sagte dieser und stieß sie schließlich mit möglichst viel Schwung hinein.
Anschließend begannen seine Männer damit, sie an die Wand zu ketten, wozu sie zuerst das Band um ihren Hals mit einer Kette an einem Ring in der Wand befestigten.
Die Polizisten hielten sie mit einem Gewehr in Schach.
"Wärst du so nett und zeigst und deine hübschen Flügelchen, oder müssen wir dich dazu zwingen?", fragte Bour.
Ora schnaubte und sah ihn wütend an.
"Na gut, dann machen wir es eben so!", sagte der Mann und schlug ihr mit aller Kraft in die Wirbelsäule.
Der Drache jaulte und in dem Moment schossen ihre Flügel aus dem Rücken.
Auch ihr Rückenkamm ließ nicht lange auf sich warten.
Kaum war das passiert, hielten jeweils zwei Männer ihre Schwingen fest, während ein weiterer sie mit Ketten an der Wand befestigten, deren Schnallen auch geschlossen noch eine dünne Öffnung hatten, damit die Flughaut nicht beschädigt wurde.
An den Zacken auf dem Rücken befestigten sie noch mehr Ketten, die mit kleinen Widerhaken in ihren Knochen steckenblieben und so ihren Rücken an Ort und Stelle hielten.
Die Hände schnallten sie oberhalb der ersten Handschellen nochmal extra an der Wand fest und auch ihre Fußkette wurde an einem Ring angebracht.
"Hey, es reicht jetzt dann auch mal!", sagte Peyrot.
"Bei einem Monster wie ihr muss man vorsichtig sein!", sagte Bour, "Aber wir sind jetzt eh fertig!"
"Monster, pah!", sagte Leroy, "Ob das ihrem richtigen Monster standhält erfahren wir frühestens in einem Monat!"
Das Mädchen knurrte signalisierend, als Zeichen, dass sie nicht weiterreden sollte, woraufhin die Frau sofort still war.
"Wir werden ja sehen, wenn es so weit ist!", sagte der Mann, "Amüsiert euch bis dahin gut! Wir feiern jetzt unseren Sieg!"
Dann schlug er die Tür zu.

"Hab' ich das richtig gehört?", fragte Monsieur Morel, "Sie wollen uns einen ganzen Monat hierbehalten?"
"Die wollen uns noch viel länger hierbehalten!", sagte die Polizistin, "Es gibt sowieso keinen, der weiß, wo wir sind!"
Ora brummte und sah sie an.
"Rede doch mal richtig!", befahl der Direktor.
"Das geht nicht!", verteidigte die Frau sie, "Die haben ihr so einen komischen Stein umgehängt, der ihr die menschliche Stimme nehmen kann... oder so!"
"Hängt das Sprechen mit deinen Kräften zusammen?", fragte ihr Verlobter.
Das Mädchen nickte niedergeschlagen.
"Deshalb also!", sagte der Mann, "Aber das ist ja nicht sehr hilfreich!"
"Wir müssen wohl ohne dich auskommen!", sagte seine Freundin, "Tut uns leid!"
Der Drache schnaubte.
Dadurch, dass die Maske auch ihre Nase zum Teil bedeckte, pfiff die Luft durch die Seiten.
"Kannst du so denn richtig atmen?", fragte Peyrot besorgt, "Wofür ist dieses Ding überhaupt?"
"Damit sie nicht zubeißt!", sagte seine Kollegin und verdrehte die Augen, "Warum ihr die aber die Luft wegnehmen muss, keine Ahnung!"
"Ich hab' da erst kürzlich was gelesen...", sagte der Direktor nachdenklich, "Ich glaube, sie kann giftiges lila Gas produzieren oder so! Das nennt man dann Drachenatem und es kann bei zu großer Menge tödlich sein!"
Die Königin nickte zustimmend.
"Also wirklich, egal was du machst, es ist immer lila!", sagte Leroy und lachte.
Die Drachin zuckte mit den Schultern und die anderen lachten mit.
"Hast du mit dem Zeug schon einmal jemanden umgebracht?", fragte der Dètective.
Ora schüttelte den Kopf.
"Sicher nicht?", fragte der Mann.
"Sie sagt die Wahrheit!", sagte seine Verlobte, "Wisst ihr, das ist so..."
Sie erzählte ihnen die Geschichte über den seltsamen Fluch.

Die Königin der DrachenWhere stories live. Discover now