Kapitel 7. Der Kampf um Paris

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Als der nächste Tag angebrochen war, legte Ora sich in einer Gasse in der Nähe der Lagerhalle auf die Lauer. Maelle bestand darauf, mitkommen zu dürfen und ließ sich nicht davon abhalten.
Sie warteten, bis die meisten der Männer die Halle verlassen hatten und auf dem Marktplatz waren.
Dann schlich Ora hinein.
"Wieso gehst du mit?", fragte Ora als sie merkte, dass Maelle mitgekommen war, "Das ist gefährlich!"
"Mir egal! Freunde lassen sich nicht im Stich!", erwiederte Mae.
Höchst widerwillig ließ der Drache ihre Freundin mitkommen.
Sie hatte ein ungutes Gefühl.
Als sie drinnen waren bemerkten sie, dass Daniel noch immer dort war.
"Sollte der nicht auf dem Platz sein?", fragte Mae leise. "Ich habe das Gefühl, dass...", sagte Ora zögernd, "Das hier eine Falle ist!"
Sie sah hinter sich.
Ein paar Männer standen hinter ihnen, mit Gewehren in den Händen.
Ora wich zurück und stellte sich schützend vor ihre Menschenfreundin.
Es kamen immer mehr Leute aus der Bande und umzingelten die beiden.
Sie trugen eine Rüstung, welche das Feuerspucken beinahe sinnlos machte.
"Na, so sieht man sich wieder!", sagte Daniel, der ebenfalls dazugekommen war, "Ich hatte wirklich mehr von euch erwartet, Majestät."
Ora zog fest an den Seilen, mit denen die anderen sie festhielten.
Das Reden war unmöglich, da sie ihr eine Art Maulkorb aus Leder angelegt hatten, der ihr beinahe die Kehle zuschnürte.
Mae versuchte die Riemen aufzuschnallen, doch wurde zu schnell weggezogen.
Der Drache knurrte und schlug aufgeregt mit den Flügeln.
Auch wenn sie nicht besonders groß war für einen Drachen, so hatte sie doch einiges an Kraft.
Sie hätte sich um einiges größer zaubern können, doch dann wäre sie höchstwahrscheinlich an den Seilen um ihren Hals erstickt.
"Bringt die beiden in eine Zelle, ich kümmere mich später um sie!", befahl Dan seinen Helfern und ging zur Verhandlung auf den Platz.
Die Männer hatten einige Probleme, Ora im Zaum zu halten, weshalb sie ihr eine starke Dosis Betäubungsmittel verpassen mussten.
Dieses Mittel war so stark, dass ein Mensch daran gestorben wäre, doch der Drache wehrte sich noch immer.
"Gebt mir alles, was wir haben!", sagte Elian, "Wir werden ihr einen schönen Cocktail mixen."
Sie mischten ein paar der stärksten Mittel der Welt, was sogar bei Dinosauriern zum Tod geführt hätte.
Ora jedoch brach nur langsam zusammen und sah aus, als würde sie schlafen.
Nicht mal ihr Herzschlag war erhöht.
"Das ist äußerst erstaunlich!", sagte einer der Männer, Hugo, der eigentlich Tierarzt war, doch wegen Betrugs unschuldig im Gefängnis saß.
Er war nicht einverstanden, dass sie das Tier einsperrten, da er sich sehr für Umweltschutz einsetzte.
Doch er konnte nichts tun.
Die Männer zogen die Echse in einen vergitterten Raum.
Ihre Knochen waren wie bei einem Vogel hohl.
Das vereinfachte das Ganze.
Sie wog ein bisschen über zehn Kilogramm, für einen Drachen völlig normal.
Maelle saß bereits in der Zelle und musste zusehen, wie ihre Freundin angekettet wurde.

"Wo bleiben sie so lang?", fragte Lina besorgt, "Es wird doch nichts passiert sein?!"
Als die beiden nach einer Stunde noch immer nicht aufgetaucht waren, beschloss das Mädchen nach ihnen zu suchen.
Doch ihr erging es nicht anders wie den beiden, auch sie wurde eingesperrt.

Als Daniel zurückkam, lag Ora noch immer regungslos da.
Sie spritzten ihr ein leichtes Gegenmittel, damit sie nach und nach wieder aufwachte.
Dann legten sie ihr ein seltsames Halsband an.
Die magischen Steine die daran hingen, hinderten sie daran, ihre magischen Kräfte einzusetzen.
Nach etwa zwei Stunden wachte sie auf.
An ihren Beinen hingen Ketten.
Sie sah ihre beiden Freundinnen neben ihr auf dem Boden sitzen.
Der Drache versuchte zu sprechen, doch die Betäubung wirkte noch zu stark, sodass nur ein leises Ächzen zu hören war.
"Ora!", rief Mae erfreut, "Du lebst noch!"
Die beiden Schülerinnen halfen ihrer Freundin, langsam aufzustehen.
Ora hustete und fing plötzlich an, Blut zu spucken.
Die Mädchen erschraken.
"Keine Sorge!", sagte Hugo, der das ganze beobachtet hatte,"Das ist normal nach einer solch starken Betäubung!"
"Sie sind doch unser Tierarzt! Wo kommen sie denn her?", fragte Mae.
"Die haben mich zu Unrecht ins Gefängnis gesteckt!", erklärte der Mann, "Ich soll angeblich einen Hund umgebracht haben mit meiner Behandlung. Doch der war einfach nur sterbendskrank und die Bestizerin wollte ja nicht auf mich hören! Natürlich war sie auch ausgerechnet due Frau des Bürgermeisters!"
"Das ist hart!", erwiederte Mae, "Aber wieso helfen sie diesen Männern?"
Der Mann sah sich um, um sicherzugehen, dass kein anderer zusah.
Dann sagte er: "Mir bleibt nichts anderes übrig, die bringen mich sonst um!"
"Hey, Hugo was machst du da?", fragte Elian, "Es ist ja schön, wenn du dich um dieses Vieh sorgst, aber bleib weg da!"
Hugo nickte.
Dann gingen die beiden wieder.
"Glaubst du, er hilft uns?", fragte Lina.
Noch bevor Mae antworten konnte, ächzte Ora leise: "Da könnt ihr lange warten. Er ist alleine gegen hundert. Das ist Selbstmord!"
Doch sie hatte ihn unterschätzt.
Der Arzt hatte das lange geplant und einen perfekten Plan ausgetüftelt.
Er schlich sich in der Nacht in die "Schatzkammer", in der das Amulett lag.
Da er eine der Wachen war, war dies kein Problem.
Er hatte den Anhänger lange untersucht und herausgefunden, wie man ihn benutzt.
Und tatsächlich.
Er schaffte es, Kontakt mit dem Drachen aufzunehmen.
"Hey, Ora. Hörst du mich?", fragte er.
"Klar und deutlich!", antwortete diese.
Er erklärte ihr seinen Plan.
Dann schlich er sich ins Schlafzimmer seines Chefs und stahl den Schlüssel für die Zelle und die Ketten. Ora weckte inzwischen die beiden Mädchen auf.
Die drei warteten bereits, als der Mann zu ihnen schlich.
"Hier! Nehmt den Schlüssel und öffnet die Schlösser!", sagte er.
Die beiden Schülerinnen nahmen der Echse die Ketten, sowie das Halsband ab.
Dann öffneten sie die Tür.
"Los! Folgt mir!", befahl Hugo.
Die drei taten genau, was er ihnen sagte.
Sie kamen in ein Lager voll mit Waffen.
Die drei Menschen nahmen sich jeweils eine Schusswaffe, um sich, wenn nötig, zu schützen.
Ora verwandelte sich in einen Menschen und bewaffnete sich mit Messern.
Ihre Drachengestalt konnte ihr nicht viel helfen, wie sie gemerkt hatte.
Die Mädchen gingen mit dem Arzt Richtung Ausgang, während Ora sich in die Schlafzimmer schlich und jedem einzelnen die Kehle durchschnitt oder -biss. Nach wenigen Minuten waren alle tot.
Jetzt fehlten nur noch Dan, Elian und deren Leibwächter.
Der Drache kam den Anderen nach.
"Ouch! Das muss doch weh tun!", sagte Mae, als sie die Wunden an Ora's Armen sah.
Die Männer hatten sich natürlich gewehrt und einer von ihnen hatte ein Messer neben sich liegen.
"Och, eigentlich nicht!", sagte diese, "Nur ein kleiner Kratzer!"
Es war bereits fast hell draußen.
"Er will heute Morgen nochmal eine Versammlung halten, er müsste schon auf dem Marktplatz sein!", erklärte Hugo.
Also gingen sie hin.
Ora rief auch in ihrer Menschengestalt eine respektable Reaktion hervor.
Das Blut der Männer klebte noch an ihren Zähnen und die Schuppen auf dem Rücken waren durch ihr zerissenes Kleid zu sehen.
Auf dem Platz angekommen, waren alle in die Verhandlung vertieft, sodass vorerst niemand merkte, dass die vier dazukamen.
Maelle schlich sich zu ihren Eltern, um ihnen zu sagen, dass es ihr gut ging.
Sie musste ihnen die Münder zuhalten, damit sie nicht aufflogen.
Lina ging ihr nach.
Ora machte sich zum Angriff bereit, und Hugo ging zu Dan, um ihm zu sagen, dass seine Leute tot waren.
"Was? Wie kann das passieren?", fragte dieser wütend, "Wie konnten sie ausbrechen?"
"Na ja...", sagte Hugo, "Mit etwas Hilfe..."
Er hielt ihm seine Waffe ins Gesicht.
"Ergib dich oder stirb!", sagte er.
"Auf gar keinen Fall!", erwiederte Daniel, "Verräter!"
Er schlug Hugo die Waffe weg und wollte die seine ziehen, doch Ora hielt ihn auf.
"Netter Versuch, Freundchen", sagte sie und drückte ihn nieder.
Die Waffe hab sie Hugo.
Doch dann kam Elian mit den stärksten Männern, die noch lebten und einigen Bluthunden, die er der Polizei abgenommen hatte.
Er hetzte die Hunde auf sie.
Doch Ora hob ihre Hand.
Die Tiere blieben schlagartig vor ihr stehen und verneigten sich.
Zwei der Männer packten sie an den Armen, doch sie trat ihnen in die Bäuche und brach ihnen mit einer geschickten Bewegung die Nacken.
Die nächsten spielte sie gekonnt aus und schlug sie KO als vier auf einmal angriffen, hing sie sich an eine Straßenlaterne, schwang kurz und trat zwei von ihnen in die Rücken.
Die anderen beiden liefen auf sie zu, doch mit einem Handgriff waren sie ebenfalls KO.
Jetzt war nur noch Elian selbst da.
Er schoss sie an, doch sie wich den Kugeln aus und warf ihm ein Messer in die Brust.
Er starb nicht sofort, sondern verblutete langsam.
Daniel wollte sich aus dem Staub machen und war schon fast im Wald.
Ora nutze ihre Kräfte und teleportierte sich direkt vor ihn.
Alles was blieb, waren einige lila Partikel.
Er hatte ihr Schwert in der Hand und schlug damit auf sie ein.
Er traf ihr rechtes Auge, und hinterließ einen tiefen Schnitt.
Ora konnte vor lauer Blut darauf nichts sehen und hielt es zu.
Dan hatte die Gelegenheit genutzt, um ihr einen gezielten Hieb auf den rechten Oberschenkel zu verpassen.
Ora jedoch fiel nicht wie gedacht hin, sondern teleportierte sich hinter ihn und stieß ihm mit ihrer Faust von hinten durch die Brust.
Er ächzte.
Sie öffnete ihre Hand, und riss ihm das Herz heraus.
Er fiel ohne einen einzigen Ton um.

Ora hatte Probleme zu stehen und brauchte Hilfe, um wieder zurück zu kommen.
Ihr Bein war fast völlig durchtrennt und musste abgenommen werden.
Genauso einer ihrer Arme, der entzündet war und nicht versorgt werden konnte.
Er musste amputiert werden, bevor der Infekt sich ausbreitete.

Mae und Lina besuchten sie eine Woche später im Krankenhaus.
"Na, wie geht's?", fragte das Mädchen.
"Ganz gut bis auf die Tatsache, dass ich nicht mehr laufen kann und überhaupt ein totales Wrack bin", seufzte Ora.
"Keine Sorge, das wird wieder!", sagte Mae.
"Wie denn? Ich glaube kaum, dass meine Gliedmaßen nachwachsen", fragte Ora.
Da kam eine Krankenschwester rein und brachte sie in einen anderen Raum.
"Bereit?", fragte sie.
"Wofür?", fragte der Drache verwundert.
"Das wollten wir dir gerade sagen!", erwiederte Lina.
Die Mädchen erklärten ihr, dass sie Geld gesammelt und für mechanische Prothesen gespendet hatten.

Die Ärzte legten ihr die Apparate an und baten sie, aufzustehen.
Zu ihrem größten Verwundern konnte der Drache sofort damit gehen und sogar rennen.
Die Geräte waren so aufgebaut, dass Ora sie ohne Probleme mitverwandeln konnte.
Auch ihr Arm funktionierte tadellos.
Sie musste jedoch trotzdem noch einige Tage bleiben, damit die Ärzte bei einem Unfall zur Stelle sein konnten.
Nach zwei Wochen wurde sie dann entlassen.
Die Pariser bereiteten ihr einen gebührenden Empfang.
Sie hatten ein Fest organisiert mit allem drum und dran.
Es war inzwischen Frühling, und die ersten Vögel zwitscherten.
"Wusstet ihr, dass wir Drachen vom Ur-Phönix abstammen?", fragte Ora ihre Freundinnen.
"Wirklich? Das wird ja immer spannender!", schwärmte Lina, die beschlossen hatte ein Buch über Drachen zu schreiben.
Der Bürgermeister überreichte ihr eine Urkunde. "Danke, aber ich kann doch garnicht lesen!", sagte sie. Es wurde still.
"Was hälst du davon, wenn du in unsere Schule kommst?", fragte Mae, "Zumindest manchmal!"
Ora stimmte zu.
Als das Fest vorbei war, zog Ora sich in den Wald zurück.
Das Stadtleben war zu viel für sie.
Sie kam an einigen Tagen in die Schule, und lernte schnell lesen und schreiben.
Die anderen Tage ging die ihren königlichen Pflichten nach, oder gab ihr Wissen an ihre Schwester weiter.
In Paris war Ruhe eingekehrt und alle lebten ihr gewohntes Leben.

Die Königin der DrachenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt