Kapitel 25. Die Wahrheit

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Den Rest des Tages wollten die Freunde langsam angehen, und den Sonnenschein genießen.
Thomas und Mathèo schienen ihren "Freund" beinahe vergessen zu haben.
Dieser saß in ihrer Zelle und langweilte sich zu Tode.
Das einzige, das er zur Beschäftigung hatte, waren ein geplatzter Fußball und eine Schüssel mit schleimig gekochtem Griesbrei.
"Wie lange muss ich denn noch hier drin bleiben?", fragte er den Polizisten, der vor der Tür stand und schlug gegen das Gitter.
"So lange, bis du dich beherrschen kannst!", erwiederte dieser, "Von mir aus die ganze Woche! Und jetzt hör auf zu meckern und iss dein Essen!"
"Friss es doch selber!", meckerte der Mann, "Das Zeug ist widerlich!"
"Das ist das einzige, was du heute zu essen bekommst!", sagte der Wachmann, "Wenn's dir nicht schmeckt, dann hungerst du eben!"
"Kann man diese Pampe überhaupt essen?", fragte der Häftling und matschte mit dem Löffel hinein.
"Das ist gesund!", erwiederte der Beamte, "Das hast du als kleines Kind auch gegessen, also kriegst du das jetzt auch hin! Und jetzt sei gefälligst leise! Du schreist ja durchs ganze Haus!"
"Ja und?", fragte der Gefangene, "Was willst du dagegen machen?"
"Na ja, für Kollegen wie dich hätten wir extra schallisolierte Zellen zur Verfügung!", sagte der Polizist, "Die hat der Chef neu einbauen lassen!"
"Pah!", sagte der Sträfling nur und stocherte weiter in seinem Brei herum.

"Wohin gehen wir jetzt?", fragte Zera, "Ora, du darfst aussuchen!"
"Ich würde den Garten gerne mal ein bisschen weiter erkunden!", erwiederte das Mädchen, "Ich war noch kaum dort!"
"Klar!", sagte Sissi begeistert, "Dort ist es wirklich schön!"
Also gingen sie los.
"Wartet!", rief Thomas plötzlich, "Können wir einen kleinen Umweg nehmen? Sonst laufen wir direkt an unserer Zelle vorbei!"
"Na gut!", erwiederte Lucy, "... Wie heißt euer Freund überhaupt?"
"Das weiß keiner!", sagte Mathèo und zuckte mit den Schultern, "Wir nennen ihn immer nur Boss!"
"Ist doch egal!", mischte Ora sich ein, "Gehen wir!"

Als sie angekommen waren, war der Drache beinahe sprachlos.
"Am Tag sieht der Hof viel größer aus!", sagte sie.
"Ja, das kommt vor!", erwiederte Mina, "Sieh dich ruhig ein wenig um!"
Doch bevor das Mädchen losgehen konnte, kamen ihnen die beiden Dètectives entgegen.
"Können wir euch vier Damen mal kurz sprechen?", fragte Leroy.
"Was gibt's?", fragte Zera.
"Nun... wir haben beobachtet, dass ihr euch mit den beiden Herren ganz gut versteht...", sagte Peyrot, "Und da wollten wir fragen, ob ihr vielleicht die Zelle mit ihren Nachbarn tauschen möchtet! Die nerven nämlich schon ewig herum, dass sie woanders hin wollen!"
Die Frauen sahen sich gegenseitig an.
"Ich glaube, das geht in Ordnung!", sagte Mina dann.
"Gut, dann viel Spaß noch!", erwiederte Leroy.
Sie gingen wieder.
"Das ging ja schnell!", meinte Sissi.
"Ich werd' mich dann mal umsehen!", sagte Ora, "Bin gleich zurück!"
"Lass dir ruhig Zeit!", rief Lucy ihr nach, "Wir können warten!"

Der Garten war wohl das größte im Haus.
Wie groß er genau war, konnte man nicht sagen, da es überall Gänge gab, durch die man in andere kleinere Außenbereiche gelangen konnte.
Es errinnerte schon fast mehr an einen Park, als an einen Garten.
Überall waren Blumen um die Wege herum gepflanzt und einige Bäume ragten aus dem Boden.
Da es inzwischen bald Herbst war, hatten manche der Blätter bereits eine leicht rötliche Färbung.
In der Mitte stand eine große Tanne.
Ihre Zweige reichten bis zum Boden.
Um den riesigen Nadelbaum herum standen Bänke.
Fast mitten durch floss ein künstlich angelegter Bach, der in einen kleinen Fischteich führte.

"Schön hier, nicht?", fragte eine Stimme hinter Ora.
Der Drache drehte sich erschrocken um.
Hinter ihr stand ein Mädchen, das ungefähr in der gleichen Altersklasse sein musste, wie ihre Freundinnen in Paris.
"J... ja, schon!", sagte Ora.
"Tut mir leid, dass ich dich erschreckt habe!", erwiederte das Mädchen, "Es ist schön, jemanden im gleichen Alter zu treffen! Ich dachte schon, ich wäre die einzige hier!"
Der Drache sah zwar nur so aus, wie ein 16 Jähriges Mädchen, doch freute sich trotzdem.
"Tja, das dachte ich auch!", sagte sie, "Ja, es ist wirklich schön hier! Fast ein wenig zu schön für ein Gefängnis!"
"Na ja, mir hat man gesagt, es soll nicht so erdrückend wirken, wenn man hier ist!", erwiederte die Jugendliche, "Sie wollen verhindern, dass die Leute hier drin noch böser werden als sie schon sind! Das kommt öfter vor!"
"Ach ja, ich bin übrigens Ora!", sagte die Echse.
"Ich bin Ailee!", sagte das Mädchen, "Schön, dich kennenzulernen!"
Sie gingen ein wenig zusammen herum.
"Bist du auch neu hier?", fragte Ailee nach einiger Zeit.
"Seit gestern!", sagte Ora, "Und du?"
"Seit heute!", erwiederte das Mädchen, "Ich weiß noch nicht mal, zu wem ich in die Zelle komme!"
"Das kann ich dir sagen!", sagte Peyrot, der plötzlich hinter ihnen stand, "Du kommst in das Zimmer direkt neben Ora!"
"Ach?", fragte der Drache, "Hat das etwas mit dem Tausch der beiden Zellen zu tun?"
"Vielleicht!", erwiederte der Mann und ging wieder.
"Er ist heute anscheinend ziemlich beschäftigt!", meinte Ora, "Er hat gar keine Zeit mehr!"
Ailee zuckte nur mit den Schultern.
"Weißt du, wer neben dir 'wohnt'?", fragte sie.
"Jap!", erwiederte der Drache, "Ich stell sie dir vor!"

Die Königin der DrachenWhere stories live. Discover now