Kapitel 28. Badezeit

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Die Freunde holten sich immer wieder Nachschub, da sie außer essen nichts anderes zu tun hatten.
Als schließlich Mittagszeit war, hatten sie kaum noch Hunger.
Mehr als ein paar kleine Hackbällchen bekamen sie nicht runter.

"Ihr esst ja garnichts!", fiel Leroy auf, die am Tisch neben ihnen saß, "Keinen Hunger?"
"Wir haben wohl ein wenig zu viele Snacks gegessen!", sagte Lucy.
"Ach, ihr habt den Kiosk ausgeplündert?", fragte die Polizistin, "Ich hab' mich schon gefragt, wer da plötzlich eine Fressattacke hatte!"
"Essen aus Langeweile würde ich das eher nennen!", erwiederte Thomas, "Wir haben jetzt etwa zehn leere Teller, fünf Sektflaschen und zwanzig verschiedene Bücher in unserer Zelle liegen!"
"Na, viel Spaß beim Aufräumen!", sagte Leroy und lachte, "Außer ihr wollt in einen Schweinestall schlafen!"
"Da helfen wir dann zusammen!", erwiederte Sissi, "Dann ist das schnell wieder sauber!"

Gesagt, getan.
Direkt nach dem Essen gingen sie wieder zurück nach oben und räumten alles auf.
Die Frauen räumten das viele Geschirr weg, die Männer brachten die Bücher zurück, Aimee machte die Betten und Ora fing die Mäuse und Ratten, die sich zuvor über die restlichen Käsebällchen hergemacht hatten, und ließ sie sich schmecken.
Nach etwa fünfzehn Minuten war alles blitzeblank.
"Na geht doch!", sagte Zera und wurde ironisch, "So sauber war es hier wahrscheinlich noch nie!"
"Da könntest du sogar recht haben...", erwiederte Thomas und hüstelte.
Sie Frau sah ihn ungläubig an.
Matheo pfiff und drehte sich weg.
Die anderen lachten.

Ora war damit beschäftigt, sich das kleine bisschen Blut, das an ihrem Maul klebte, weg zu putzen.
"Willst du dich nicht waschen?", fragte Mina, "Geh doch einfach ins Badezimmer!"
Der Drache schüttelte sich.
"Für gewöhnlich meide ich Wasser, so weit es geht!", sagte sie.
"Ich dachte, ihr fresst Fische?", fragte Thomas verwundert.
"Ja, schon!", erwiederte die Echse, "Aber es wäre uns trotzdem lieber, wenn diese nicht im Meer leben würden! Dann würden wir uns viele Stunden der Schuppenpflege sparen! Ihr glaubt garnicht, wie viele nervige Tierchen in Seen herumschwimmen, die sich dazwischen verkriechen!"
"Aber das Wasser im Bad ist ja sauber!", sagte Lucy, "Da findest du höchstens irgendwelche Bakterien!"
Ora schnaubte.
"Du sollst dir doch nur die Schnauze waschen!", sagte Mathèo, "Komm mit!"
Der Drache blieb stur und setzte sich auf den Boden.
"Frage!", sagte der Mann, "Wie viel wiegst du?"
"Ähh... ca. zehn Kilo!", erwiederte Ora, "Wieso?"
Die anderen ahnten schon, was er vor hatte.

Der Häftling packte sie am Hals und hielt mit dem anderen Arm ihre Flügel fest.
Er hob sie einfach hoch.
Die Echse zappelte ein wenig, doch er hatte sie fest im Griff.
"Wenn du nicht freiwillig mitkommst, dann trag' ich dich eben!", sagte Mathèo, "So kannst du doch nicht hier rumlaufen!"
Ora schlang ihren Schwanz um seinen Arm, um das Gleichgewicht zu halten.
Ihr blieb sowieso nicht viel übrig.
Auf dem Weg kam ihnen Dètective Peyrot entgegen.
"Was soll das werden, wenn es fertig ist?", fragte er, als er das sah.
"Wir helfen ihr nur, ein Bad zu nehmen!", sagte Thomas und verkniff sich ein Grinsen.
"Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich das jetzt als Mobbing oder als Tierquälerei bezeichnen soll!", erwiederte der Polizist und verschränkte die Arme.
"Es ist nur zu ihrem Besten!", verteidigte sie Sissi, "Sie kann sich doch nicht so in die Cafeteria setzen!"
"Da hast du allerdings recht!", stimmte der Mann zu, "Na dann, macht weiter!"
Ora fiepste leise und sah ihn mit großen Augen an.
"Na na, so schlimm ist es jetzt auch wieder nicht!", sagte Peyrot, "Mach nicht so ein Drama draus!"
Dann ging er.

Als sie im Bad angekommen waren, legte Mathèo die Echse in die Badewanne und hielt sie fest.
Die anderen holten die Seife und einige Handtücher und wollten dann das Wasser einlassen.
Ora jaulte und zappelte herum, als sie die eiskalte Brühe direkt abbekam.
"Oh, tut mir leid!", sagte Zera erschrocken und drehte die Temperatur schnell höher.
Der Drache zitterte.
"Ist es so schlimm kalt?", fragte Mina, "Das wird gleich!"
Die hielt ihre Hand unter den Strahl und wartete.
Erst, als sie sich fast verbrannte, zog sie sie weg.
"Das kocht ja halb!", sagte sie, "Ich denke, das passt!"
"Denk dran, dass Mathèo sie noch festhalten muss!", hielt Sissi ihre Freundin auf, "Mach es so, dass es angenehm ist!"

Nachdem sie dann endlich die richtige Temperatur gefunden hatten, ließen sie die Wanne voll laufen.
Als von der Echse schließlich nur noch der Kopf zu sehen war, hörten sie auf.
"Und?", fragte Mathèo, "So schlimm ist es doch garnicht!"
Ora schnaubte.
Der Mann ließ sie los, doch sie blieb ruhig sitzen.
Nass war sie jetzt sowieso schon.
Die anderen fingen schon mal an, sie ordentlich einzuseifen.
Der Drache schien die kostenlose Massage zu genießen.
Nach ein paar Minuten waren sie fertig.
Die Echse sprang aus der Wanne heraus und die Freunde trockneten sie ab.

Den Weg zurück in die Zelle lief Ora dann wieder selber.
"Jetzt bist du ausnahmsweise mal richtig schön sauber!", sagte Ailee.
Die Schuppen der Echse glänzten förmlich und blendeten die anderen beinahe.

Den Rest des Tages verbrachten sie wieder in den Zellen, nur dass sie dieses Mal kein Chaos verursachten.
Sie redeten, erzählten sich Witze und lachten zusammen.
"Ich glaube ich war bis jetzt noch nie so unproduktiv!", sagte Lucy, "Aber das ist auch mal ganz lustig, einfach nur zu faulenzen!"
Die anderen lachten.
Auch beim Abendessen passierte nichts Weltbewegendes.
Als die Zellen geschlossen wurden, waren sie ausnahmsweise mal schon längst dort.
Als sie sich entschlossen zu schlafen, war es bereits stockduster.
Die einzige Lichtquelle bestand aus zwei kleinen Kerzen, die mitten in den Räumen standen.
Sie waren bereits fast heruntergebrannt, weshalb die Freunde sie einfach stehen ließen.
Nach einigen Minuten erloschen sie von selbst.

Die Königin der DrachenWhere stories live. Discover now