- 𝟕𝟒 -

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Nowi:

Hannes hatte mich sofort angerufen nachdem er den gesamten Platz nach Nora abgesucht hatte. Sofort hatten ich Schuhe und Jacke angezogen und war nach draußen gestürmt. Ich konnte mir denken wo sie war. Sie hatte etwa fünfzehn Minuten Vorsprung vor Johannes gehabt, diese Zeit hätte gereicht um zu ihrem Platz zu kommen. Dem Dach.

Ich hatte Hannes versprochen sofort dorthin zu gehen, ich war eh in der Nähe gewesen, weswegen es kein weiter Weg gewesen war. Hannes hatte mir am Telefon alles erklärt, den Streit und das was Nora am Ende gesagt hatte. Es schien wirklich ernst. Hannes versprach sofort nachzukommen, doch steckte er im Berliner Abendverkehr fest, was ihn einiges an Zeit kosten würde.

Ich gelangte zu der alten Fabrikhalle. Ich erklomm die Leiter und schaute mich nach allen Seit nach Nora um. Ein Seufzten entfuhr mir als ich sie dort sitzend sah. Beine nah an sich herangezogen blickte sie auf die Stadt. Vorsichtig näherte ich mich ihr und als ich sie von der Seite sehen konnte, wusste ich was Johannes gemeint hatte. Mir lief ein Schauer den Rücken hinunter. Dieser leere Blick ins Nichts jagte mir Angst ein. "Was willst du?" fragte sie kalt. Sie schien mich bemerkt zu haben. "Wen du jetzt mit der gleichen Scheiße weitermachst wie Onkel Hannes.." Noch immer hatte sie mich kein einziges Mal angesehen. "Nein" meinte ich und setzte mich neben sie auf den kalten Boden. "Mach ich nicht." Keine Reaktion.

Es herrschte länger Stille zwischen uns, dann begann ich etwas zu sagen. "Es tut mir leid das es gerade zwischen die und Johannes so eskaliert ist."

"Ist mir egal."

"Wie wäre es wen wir uns zusammen setzen und darüber reden? Mit 'nem Tee oder so?" fragte ich.

"Können wir einfach über was anderes reden?" fragte Nora und hatte ihren Blick noch immer auf einen Punkt in der Ferne gerichtet. Ich nickte "Mhm." Diese Abwesende Seite an Nora ließ kein richtiges Gespräch zu und machte es mir schwer etwas darauf zu sagen. "Über was?" fragte ich. Das Rauschen des Straßenlärms füllte die Stille bis Nora ein "Keine Ahnung." antwortete. Dann war es wieder das einzige was wir hörten.

Ich seufzte. "Was ist los mit dir?" Aufmerksam schaute ich sie an.

"Nichts."

Es war eine Standardantwort, das hörte man der Antwort an. Viel zu oft hatte sie das schon sagen müssen, und viel zu oft war es schon eine Lüge gewesen. Genau wie jetzt. "Na klar, nichts." Ich räusperte mich. "Nora..." Abrupt erhob sich Nora und machte ein paar Schritte von mir weg und schaute dann wieder auf einen ihrer undefinierbaren Punkte. "Willst du überhaupt hier sein?" fragte ich sie. "Ja klar. Wie kommst du jetzt drauf?" fragte sie, drehte sich aber nicht um. Ich erhob und kam ein paar Schritte auf sie zu. "Okay...Nora" fing ich an. "Du bist die ganze Zeit abwesend, bist irgendwo in deiner Welt, du gehst uns allen aus dem Weg, du..." Ich brach ab mit meiner Beschreibung. "Ich weiß nicht, du.." ich suchte nach den richtigen Worten. "wirkst als wär dir einfach alles egal." Nora zog lange die Luft durch die Nase ein.

"Ist es auch."

"Okay." mit dieser direkten Antwort hatte ich nicht gerechnet. "Hannes meinte gerade am Telefon das du nichts mehr spürst, was meinst du damit?" fragte ich. Für mehrere Sekunden rührte sich Nora nicht dann setzte sie sich ruckartig in Bewegung und lief die paar Schritte bis zur Kante. "Schau mal, wo ich hier stehe." meinte sie. "Nora!" alarmiert machte ich einen Schritt nach vorne. "Siehst du, du hast Angst, oder?" fragte sie und streckte ein Bein über die Kante. "Ist doch gefährlich, oder?" "Nora? Was machst du?" fragte ich geschockt. "Siehst du? Du hast Angst." Meinte sie und schaute mir in die Augen. "Ich hab keine Angst, ich spür das nicht." Verzweifelt schaute sie mich an. Erschrocken packte ich sie bei den Armen und zog sie weg, zerrte sie mehrere Schritte von der Kante weg. "Was ist los mit dir? Was ist los mit dir?" fragte ich laut. "Wolltest du grad runterspringen oder was?" fragte ich aufgebracht und hielt Nora bei den Armen gepackt.

"Nein, ich wollt dir nur war demonstrieren." meinte sie gleichgültig, als würde sie nicht verstehen wie aufgebracht ich gerade war. Sie schaute runter auf meine Hände die ihre Arme noch immer hielten und murmelte dann "Ich spür grad noch nicht mal, dass du mich anfasst." Erschrocken löste ich meine Hand. Noras Blick ging wieder ins Leere. Vollkommen perplex meinte ich "Du musst zum Arzt." Da kam wieder Leben in Nora. "Mann ich war beim Arzt!"

"Was sagt er?" fragte ich händeringend. "Ja, Die Ergebnisse sagen dass ich perfekte Blutwerte hab. Ich hab noch nicht mal Vitamin D Mangel, ich soll einfach nur mehr schlafen." Die Hoffnungslosigkeit die dabei in Noras Augen lag war unbeschreiblich und hinterließ einen Ries in meinem Herzen. Unser kleines Mädchen so zu sehen tat weh. Ich wusste nicht mehr was ich sagen sollte, das einzige woran ich denken konnte war wie leer sie sich fühlen musste. Wie verbraucht, und kaputt. Das einzige was ich gerade tun konnte war sie in den Arm zu nehmen. Für mehrere Sekunden hielt ich sie im Arm, bis sie sich löste. "Es klingt jetzt komisch..." murmelte sie heiser. "Aber ich muss jetzt gehen." meinte sie. Schnell lief sie über das Dach und verschwand. Für mehrere Sekunden stand ich da wie angewurzelt, bis ich meine Beine in die Hand nahm und so schnell wie es ging das Dach hinunterkletterte. Auf der Straße war sie schon nicht mehr zu sehen. "Scheiße" fluchte ich. Ich griff nach meinem Handy und wählte Hannes Nummer. "Hannes" rief ich "Sag mit bitte das du nicht mehr ihm Stau steckst.

↬ 𝐒𝐜𝐡𝐫𝐢𝐭𝐭𝐞 // 𝐒𝐢𝐥𝐛𝐞𝐫𝐦𝐨𝐧𝐝 𝐅𝐚𝐧𝐟𝐢𝐜𝐭𝐢𝐨𝐧Where stories live. Discover now