- 𝟓𝟒 -

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Nora:
"Wo ist meine Mama?" Fragte ich noch einmal, diesesmal mit mehr Nachdruck. Ich schaute Hilfesuchende zu dem Polizisten der sich im Hintergrund gehalten hatte, aber genauso ratlos aussah wie ich. "Nora..." seufzte der Sanitäter neben mir. "Es tut mir leid..." verwirrt starrte ich ihn an. Was tat ihm leid? Mein Schädel hämmerte und mir fiel es schwer mich zu konzentrieren, also was zu Hölle tat ihm so leid das sie mich alle so mitleidig anstarrten.

"Nora deine Mutter ist gerade an einer Alkohol Vergiftung verstorben, es tut mir leid."

Ich starrte den Man vor mir an. Ich wollte etwas sagen, aber alles was ich herausbrachte war ein komisches Schluchzen das in meinem Hals stecken blieb. Ich wollte weinen aber keine Träne verließ meine Augen. Das konnte nicht sein! Mama konnte nicht tot sein, sie hatte doch schon so oft getrunken und nie war etwas passiert.

"Nein!"

Das war das einzigste Wort was ich aus meiner zugeschnürten Kehle pressen konnte. Die Sanitäter mussten sich geirrt haben. Mama konnte nicht tot sein. Das konnte sie einfach nicht. Sie war bestimmt nur ohnmächtig versuchte ich mir einzureden, wusste aber von vornherein das es nicht stimmte.

"Es tut mir leid." Meinte nun auch der andere Sanitäter.

Ich schüttelte nur wild mit dem Kopf. "Nein!" Sagte ich wieder und merkte wie meine Kehle sich langsam wieder öffnete und Wörter hindurch gelangten.
"Ihr lügt" brachte ich als Nächstes heraus. "Ihr lügt, das kann nicht wahr sein!" Sprach ich meine Gedanken aus. "Mama kann doch nicht tot sein." Flüsterte ich.

Ich spürte wie einer der Sanitäter mir behutsam über den Rücken strich. "Ihr müsste euch geirrt haben, Mama lebt. Bitte!" Flehte ich, obwohl ich wusste das mich die Sanitäter nie anlügen würden oder sich irren würden. Mein Kopf konnte und wollte diese Nachricht nicht verarbeiten. "Bitte" flüsterte ich erneut.
Ich sammelte alles an Kraft was ich in meinem müden und schlaffen Körper noch finden konnte und versuchte aufzustehen. Ich musste es mit eigenen Augen sehen, erst dann wollte ich es glauben. Mama konnte einfach nicht tot sein. Dieser Gedanke wollte und wollte einfach nicht in meinem Kopf ankommen.

Ich taumelte ein paar Schritte vorwärts als mich der Polizist der sich im Hintergrund gehalten hatte sachte am Arm zurückhielt. Traurig schüttelte er mit dem Kopf. "Du kannst da jetzt nicht hin." Meinte er sanft aber bestimmt zu mir. Er schien meinen Gedankengang hinterschaut zu haben. Aber ich musste sie doch sehen. Flehend blickte ich ihn an, woraufhin er wieder ernst den Kopf schüttelte.

Es machte mich wütend. Verstanden sie den nicht das ich meine Mutter sehen musste bevor ich es glauben konnte. Wütend versuchte ich mich an dem Polizisten vorbeizudrängen woraufhin dieser mich aber zurückhielt. Wie wild geworden kämpfte ich mich vor bis zu der Badezimmer Tür. Ab da lief alles wie in Zeitlupe ab obwohl es maximal zwei Sekunden sein konnten.

Von der Badezimmer Tür aus konnte man etwas von unserem Wohnzimmer erspähen und genau das wurde mir jetzt zum Verhängnis. Ich sah ihren Arm. Leblos.

Schlaff wie der einer Puppe lag er auf dem Boden und bewegte sich keinen Millimeter. Direkt daneben konnte ich etwas von Mamas Engels blondem Haar erkennen. Ich wollte weiter vor. Wollte ihr Gesicht sehen, wollte darin irgendeine Regung wahrnehmen doch genau in dem Moment zog mich der Polizist ruckartig zurück und hielt mich mit beiden Armen festumklammert.

Ich konnte nichts hören. Ich konnte nichts sehen. Nichts, außer das Bild von Mama leblosem Arm. Tausend Erinnerungen mit meiner Mutter schossen mir innerhalb von ein paar Sekunden durch den Kopf. Mama und ich wie wir in unsrem Lieblings Park gesessen hatten, Mama und Ich wie wir Kuchen aßen. Erinnerungen wie wir lachten immer wen ich ihr mein eigenes Comedy Programm vorführte. Ihr Lob wen ich ihr meine selbstgemalten Bilder zeigte. Und Erinnerungen wie Mama betrunken auf dem Sofa gesessen hatte, mich angeschrien hatte das ich ein Fehler sei. Erinnerungen an die Schläge an jeglichen Körperteilen, an alle ihre Wutausbrüche vor denen ich immer geflüchtet war. Und Mamas enttäuschter Blick als sie wusste das sie mich an Thomas und Steff verloren hatte.

Ein lautes Dröhnen ertönte in meinem Kopf, wich dann kurz einem pfeifen. Und dann brachen die Geräusche um mich herum so laut auf mich ein, dass ich meinte, mein Kopf würde gleich platzen. Meine Sicht verschwamm und salzige Tränen rollten meine geröteten Wangen hinunter.

Ich strampelte in den Armen des Polizisten und schrie dass er mich loslassen sollte. Ich flehte und schrie ihn an, wollte weiter vor zu meiner Mutter. Sie noch einmal umarmen, noch einmal ihr Gesicht sehen. Mich entschuldigen für alles was ich falsch gemacht hatte, für all die Enttäuschungen die ich ihr bereitet hatte. Ich wollte noch einmal ihre Hand halten. Sie drücken und sagen das alles gut werden würde. Genau das schrie ich dem Polizisten ins Gesicht.

Überraschend ruhig antworte er "Glaub mir das willst du nicht. Das willst du dir nicht antun. Dieses Bild bekommst du nie wieder aus deinem Kopf." Meinte er.

Ich starrte ihn an. "Aber sie kann doch nicht tot sein." Flüsterte ich und merkte wie jetzt auch meine letzten Kräfte schwanden. "Sie kann mich doch nicht einfach alleine lassen." Schluchzte ich und spürte wie meine Beine nachgeben wollten. Da tat der Polizist etwas was ich nie erwartet hätte. Er nahm mich in den Arm.

Er hielt mich einfach fest damit ich loslassen konnte.

Ich spürte wie meine Beine einknickten und ich keine Kraft mehr hatte aufrecht zu stehen. Sicher und fest lag ich in den Armen des Polizisten der mich noch immer nicht losließ. Ein letzter Schluchzer entwich meiner Kehle und dann fiel ich erneut in ein dunkles schwarzes Loch. Das letzte woran ich denken konnte war: Ich bin schuld! Hätte ich mich mehr angestrengt und Mama aufgehalten dann wäre sie jetzt nicht tot. Und dann empfing mich die barmherzige schwärze und ließ meinen müden Körper ausruhen.

↬ 𝐒𝐜𝐡𝐫𝐢𝐭𝐭𝐞 // 𝐒𝐢𝐥𝐛𝐞𝐫𝐦𝐨𝐧𝐝 𝐅𝐚𝐧𝐟𝐢𝐜𝐭𝐢𝐨𝐧Where stories live. Discover now