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Johannes:

Nora stand an der Kante des Daches, und starrte in den bestimmt zehn Meter tiefen Abgrund. Aus der Entfernung konnte ich erkennen das ihre Schuhspitzten schon über die Kante des Daches ragten. Ihr Oberkörper war leicht über das Dach gebeugt. „Nora!" schrie ich über das Dach, sie drehte sich ruckartig zu mir um. Ich konnte ihr Tränenüberströmtes Gesicht bis hier sehen.  Meine Beine setzten sich wie von selbst in Bewegung, mit ein paar Schritten war ich bei ihr. Vorsichtig stellte ich mich neben sie. „Nora was machst du? Komm da bitte weg." Redete ich auf sie ein. Ich schaue in ihr Gesicht das ausdruckslos nach unten starrte. „Nora bitte!" flehte ich.

„Warum?" fragte sie mich und ihre Augen starrten mich eisig an. „Ich habe alles kaputt gemacht, ich habe Steff etwas ganz Schlimmes gesagt, ich..." Noras Stimme brach ab und ihr Körper zuckte vor Schluchzern. „Ich weiß Nora, Stefanie hat es mir erzählt." Ich sah in ihr tränen verschmiertes Gesicht. „Aber ihr könnt doch darüber reden" Nora schüttelte den Kopf. „Sie wird mir nicht verzeihen Hannes, ich würde mir ja selber nicht verzeihen. Ich habe sie verletzt, und ich kann es nicht mehr zurücknehmen. Du weißt nicht, wie sehr ich sie verletzt habe, sie hat angefangen zu weinen, ich konnte ihr nicht mehr in die Augen schauen. Hannes sie wird mir nicht mehr verzeihen. Und außerdem, ach egal..." Ihr Körper zitterte immer mehr, während sie redete.

„Nora, Steff wird dir verzeihen, sie wird gerade verrückt vor Sorge. Sie hat dich unglaublich lieb, sie wird dir verzeihen" versuchte ich ihr klar zu machen. „Bitte komm da weg, das macht es doch nicht besser. Denk doch an Thomas, denk an Steff." Ich stockte wusste nicht, ob ich den nächsten Satz aussprechen sollte, entschied mich dann aber dafür.

„Und denk doch an Marie, Nora ich habe ihr versprochen auf dich aufzupassen..."

In dem Moment fiel mir Nora in die Arme. Durch das plötzliche Gewicht stolperte ich mit ihr ein paar Schritte nach hinten, zu meiner Erleichterung endlich etwas weiter weg von der Dachkante. Ich hielt sie fest umklammert, zum einen, weil Nora den nötigen Halt brauchte, und zum anderen, weil ich furchtbare Angst hatte, dass sie noch einmal zur Dachkante laufen würde.

„Scheiße, was machst du denn für Sachen, Kleine?" murmelte ich, zur Antwort erhielt ich nur Schluchzer. Vorsichtig strich ich ihr über den Rücken. Mehrere Minuten standen wir so da, irgendwann hatten Noras zitternde Beine nachgegeben und nun saßen wir auf dem Boden des Daches und ich versuchte Nora zu beruhigen was mir nach langer Zeit auch gelang. Nachdem ich merkte das Nora sich wieder gefasst hatte wollte ich trotzdem mit ihr reden.

„Du wolltest nicht ernsthaft darunterfallen, oder?" Ich sah sie an, hoffte das sie mir die Wahrheit erzählen würde. „Ich weiß nicht." Sie zuckte mit den Schultern. „Ich habe gedacht das jetzt eh alles egal ist." Ich schluckte. „Ich muss Steff anrufen." Meinte ich und wollte mein Handy rausholen, um ihr bescheid zu geben, als mich Nora davon abhielt. „Hannes sie wird mir nicht mehr verzeihen können." Ich nahm Nora wieder in den Arm. „Doch Nora. Steff liebt dich unglaublich dolle, weißt was für Ängste sie gerade aussteht?" Nora schien nicht überzeugt. „Oder ist da vielleicht noch etwas anderes?" fragte ich, denn dieses Gefühl ließ mich schon die ganze Zeit nicht los.

Erst druckste Nora etwas herum, begann dann aber wieder zu erzählen. „Es ist wegen Mama." Erzählte sie mir. „Sie wollte mir am Telefon überhaupt nicht erzählen, wie es ihr geht, sie ist die ganze Zeit meinen Fragen ausgewichen. Johannes was ist den wen es ihr schlecht geht? Was ist wen Mama nie wieder gesund wird? Was ist wen..." Eine Träne rollte über Noras Gesicht. „Was ist wen sie stirbt?" flüsterte sie und Tränen liefen ihr in Bächen die Wangen hinunter.

Ich legte meinen Arm um ihre Schultern und drückte sie fest an mich. „Kleines sie wird nicht sterben. Sie ist im Krankenhaus da wird gut auf sie aufgepasst, die lassen Marie nicht sterben." Erklärte ich und hoffte dabei aufmunternd zu klingen. Ich schaute auf meine Schulter runter wo Nora ihren Kopf abgelegt hatte, in ihren Augen konnte ich die pure Angst sehen. Vorsichtig strich ich ihr durch ihr Haar.

Lange saßen wir da und sagten nichts. „Ich rufe jetzt mal Steff an" murmelte ich, als ich merkte das Nora an meiner Schulter eingeschlafen war. Klar, dachte ich, war ja auch ein anstrengender Tag für sie. Vorsichtig bettete ich Nora in meinen Schoß, griff dann nach meinem Handy und wählte die Nummer von Steff.

↬ 𝐒𝐜𝐡𝐫𝐢𝐭𝐭𝐞 // 𝐒𝐢𝐥𝐛𝐞𝐫𝐦𝐨𝐧𝐝 𝐅𝐚𝐧𝐟𝐢𝐜𝐭𝐢𝐨𝐧Where stories live. Discover now