- 𝟏𝟗 -

266 13 4
                                    

Nora:

„Mama?" fragte ich ungläubig in den Hörer. Ich sah wie Steffanie verwirrt die Augenbrauen zusammenzog und stellte mich ein wenig weiter weg. „Ja Nori ich bin es" holte mich die Stimme meiner Mutter zurück in die Realität. „Was machst du? Ich meine von wo rufst du an?" stellte ich als Frage. „Ein Pfleger hat mir sein Handy gegeben" erklärte meine Mutter. „Wie geht es dir?" fragte ich als nächstes. „Mir geht es gut Nori, ich bin nur unglaublich müde die Therapie stresst voll" erzählte meine Mutter. „Und wirst du wieder..."

Stille, es herrschte so lange Stille, das ich dachte die Verbindung wäre unterbrochen, gerade als ich das Handy von meinem Ohr nehmen wollte um zu schauen ob das Gespräch unterbrochen war, da meldete sich Mama wieder zu Wort. „Wie geht es dir den Nori? Kümmert sich Thomas gut um dich?" Etwas verwirrt über die plötzliche Gegenfrage stammelte ich „Ja, alles bestens. Mir geht es sehr gut hier, Thomas und Steff sind superlieb." Erzählte ich. „Aha" hörte ich trocken vom anderen Ende der Leitung. „Aber Mama du hast vorhin gar nicht meine Frage beantwortet, wirst du wieder gesund?" fragte ich hoffnungsvoll. „Du Nori, ich muss jetzt Schluss machen der Pfleger ist wieder da und möchte sein Handy zurück." Kam es schnell von meiner Mutter. „Mama warte" Ich wollte noch viel länger mit ihr reden, noch viel mehr von ihr hören.

„Ich habe dich lieb Nori" flüsterte meine Mutter. „Mama..." auch meine Stimme war immer leiser geworden. „Machs gut, und pass auf dich auf." Dann das Tuten, das signalisierte das das Gespräch beendet war. Langsam ließ ich das Handy sinken und starrte vor mir auf den Küchenboden.

Und da war sie wieder, die Leere. Wie vor ein paar Wochen. Auf einmal hörte ich meine Atmung doppelt so laut wie normalerweise. Mein Herzschlag wurde schneller und lauter, alles um mich herum wurde leiser nur mein Atem und mein rasendes Herz war unglaublich laut in meinem Kopf. Zum ersten Mal machte ich mir wirklich Sorgen das Mama es nicht schaffen würde. Bis jetzt hatte ich mir darüber noch nie Gedanken darüber gemacht, ich hatte dabei immer optimistisch gedacht, doch jetzt machte ich mir wirklich das erste Mal Gedanken darüber, und diese Gedankenwelle erdrückte mich.

„Nora?" riss mich Steffanies Stimme aus der Leere. Sie stand dicht vor mir und, was ich erst nach ein paar Sekunden bemerkte, sie hatte ihre Hand auf meiner Schulter abgelegt. „Nora, was ist den los, wer war den dran?" fragte sie mich. Ich atmete kurz durch, reiß dich zusammen, sagte ich mir. Ich löste mich von Steffanie und setzte ein falsches Lächeln auf. „Was war denn los?" fragte mich Steffanie besorgt und runzelte die Stirn. Ich zuckte nur mit den Schultern, wusste einfach nicht was ich darauf antworten sollte, ich konnte es mir selber nicht erklären. „Wer war dran? Worum ging es?" fragte Steff neugierig weiter. „Mama, wollte wissen, wie es läuft" murmelte ich und versuchte den Kloß in meinem Hals zu unterdrücken was schlecht gelang.

Steffanie nickte nur und ich konnte nicht mehr verhindern das mir ein paar Tränen die Wange hinunterliefen. Steff nahm mich wortlos in den Arm und drückte mich fest. Nach etwa einer Minute ließ sie mich los und drückte mich auf einen der Stühle des Esstisches, sie hockte sich vor mich und streichelte mir über das Knie. „Was ist los Nora?" fragte sie mich liebevoll. „Was ist wen sie es nicht schafft?" fragte ich Steff. „Was ist wen sie für immer abhängig sein wird, oder auch stirbt?" fragte ich weiter. „Nora denk sowas nicht, Marie schafft das, sie wird nicht..." versuchte Steffanie mich zu beruhigen, was aber nichts brachte.

„Woher willst du das Wissen, du weißt doch gar nicht genau wie es ihr geht oder ob sie stirbt." Schluchzte ich. „Aber Nora wir sind doch da, und wir kümmern uns um dich egal was passiert. Wir sind da und du kannst immer mit uns reden. Wir passen auf dich auf" redete mir Steffanie zu. Sie wollte weiterreden „Nori..." doch dieses Wort löste in mir Wut auf. Genauso hatte Mama mich immer genannt. Vor Wut liefen mir noch mehr Tränen die Wangen hinunter. Mit vor Tränen erstickter Stimme flüsterte ich

„Aber du bist nicht meine Mutter, Steff!"

Ich sah in Steffs Augen wie sehr ich sie mit diesen Worten verletzt hatte. Ich murmelte ein leises „Sorry" und lief dann aus der Wohnung. Ich hielt es nicht aus, jetzt in Steffs Augen zu schauen, wo ich doch genau wusste, wie sehr ich sie mit meinen Worten verletzt hatte. Also nahm ich meine Beine in die Hand und lief quer durch Berlin zu dem einzigen Ort, der mir außer der Wohnung und dem Proberaum vertraut war.

↬ 𝐒𝐜𝐡𝐫𝐢𝐭𝐭𝐞 // 𝐒𝐢𝐥𝐛𝐞𝐫𝐦𝐨𝐧𝐝 𝐅𝐚𝐧𝐟𝐢𝐜𝐭𝐢𝐨𝐧Where stories live. Discover now