46. Kapitel: Galerieabende

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Raphaels POV

"Raphael!" Annas Stimme schallte mir fröhlich über die Freisprechanlage des Audis entgegen.

Ich schmunzelte. "Du klingst aber gut gelaunt."

Sie lachte. "Bin ich auch."

"Ist es, weil du mich heute Abend endlich wiedersiehst?" Ich war spontan in Hamburg geblieben. John und ich hatten einen Lauf im Studio gehabt, sodass Anna nach ihrem Wellnesstag mit Elif alleine nach Berlin gefahren war.

Ich vernahm Annas Kichern. "Auch. Aber ich hab gerade mein Kleid für heute Abend beim Schneider abgeholt."

Sofort verfestigte sich ein Bild in meinem Kopf. "Erzähl mal, wie sieht es aus?" Meine Stimme war rau geworden.

"Das siehst du heute Abend, Rapha." Ich wusste genau, dass sie gerade zufrieden grinste.

Ich seufzte. Anna machte ein riesen Geheimnis aus ihrem Kleid für die Ausstellung von Farido heute Abend. "Das ist unfair", maulte ich. "Du weißt genau, was ich anziehe."

"Du kommst in Jeans und Shirt", erwiderte sie trocken. "Auf der Einladung steht Abendgarderobe."

Ich rollte mit den Augen. "Du willst mich nur im Anzug sehen."

"Schon gerne", gab sie zu. "Bin mir sicher, dass du darin noch besser aussiehst als sonst." Es klang ein wenig ironisch, denn Anna wusste so gut wie ich, dass Anzüge absolut nicht meins waren. Ich hatte nicht mal ein Jacket im Schrank.

"Du denkst doch nicht ernsthaft, dass einer der Jungs im Anzug da auftaucht, oder?"

"Elif zwingt John dazu, wenigstens eine dunkle Hose und ein Hemd anzuziehen."

Ich verzog das Gesicht. "Dafür hat sie ihm aber sicher irgendwelche komischen Sexstellungen versprochen. Also wenn du..."

"Ja, Jeans und Shirt wird schon okay sein", unterbrach Anna mich sofort. "Musst dann halt nur damit klar kommen, dass ich neben dir besser aussehen werde als du."

Ein Knurren kam mir aus der Kehle. "Pass auf, was du da sagst", meinte ich, aber musste lächeln. Ich freute mich auf Annas Outfit. Ich fand es schön, dass sie sich Mühe gab und ich sie präsentieren konnte. Es ertönte ein Hupen. Ich brauchte einen Moment um zu verstehen, dass dieses aus meiner Freisprechanlage kam und ich nicht angehupt wurde. "Sitzt du im Auto?"

"Ja", erwiderte Anna knapp. Plötzlich klang sie genervt. "So eine scheiß Schlampe hat mich hier geschnitten."

"So wie du in letzter Zeit fluchst, verbringst du eindeutig zu viel Zeit mit uns."

Sie schnaubte. "Ja, bist ein ganz schlechter Einfluss, Raf Camora."

Wieder lachte ich auf. Sie nannte mich immer beim Künstlernamen, wenn sie sich entweder über mich lustig machen wollte oder etwas sarkastisch meinte. "Du bist also nur so gut gelaunt, weil dein Schneider dein Kleid rechtzeitig geändert bekommen hat?", hakte ich nach.

"Nicht ganz", gab sie zu.

"Sag schon."

"Ich werde wieder Tante!", platzte es aus ihr heraus.

Meine Augen weiteten sich, während ich überrascht das Lenkrad fester umklammerte. "Ach, echt? Also cool, dass du dich freust. Ich dachte nur, du kannst Johanns Freundin nicht leiden." Das war noch freundlich ausgedrückt. Anna schien die Blondine, von der ich bis jetzt nur ein kurzes Foto gesehen hatte, zu verachten.

Am anderen Ende der Leitung wurde es kurz still. "Es ist der große Bruder", sagte Anna leiser. "Ich bin auch gerade auf dem Weg zum Kindergarten. Ich hole meinen Neffen ab."

BESSER SAG NIX - SAG MIR ALLES | RAF CamoraWhere stories live. Discover now