39. Kapitel: Glück

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Annas POV

Tatsächlich fühlte ich mich ausgeruht als ich aufwachte. Das Gewicht auf meiner Brust war weniger geworden und ich fühlte mich um einiges besser. Aber das schlechte Gewissen Raphael gegenüber war noch da. Ich hatte ihn wirklich nicht verdient. Es war unfair, dass ich ihn meine Stimmungsschwankungen ausbaden ließ. Aber ich hatte das Gefühl, dass er mir eine weitere Chance geben würde. Sonst läge ich nicht hier in seinem Bett.

Ich lag auf dem Rücken. Raphael hatte einen Arm um mich geschlungen. Ich drehte mich mit dem Gesicht zu ihm. Mein Mund verzog sich zu einem breiten Lächeln. Er sah so friedlich aus, wenn er schlief. Eine dunkle Haarsträhne war ihm ins Gesicht gefallen. Mittlerweile gingen ihm seine Haare bis zur Nasenspitze. Sanft strich ich sie weg. Raphael hatte den Mund leicht geöffnet. Ich könnte Stunden damit verbringen, ihn anzuschauen. Er sah aus wie in Mamor gemeisselt. Ich hatte so ein Glück. Und das würde ich kein weiteres Mal riskieren.

Ich würde herausfinden, wie ich mit den neuen Erkenntnissen um Max umgehen musste und Raphael dann vollends aufklären. Er verdiente die ganze Wahrheit. Zwar riskierte ich, dass er es nicht gut aufnehmen würde, aber das Risiko war ich selbst schuld. Andererseits machte ich mir auch irgendwie Sorgen um die Freundschaft der beiden. Zwar waren sie nicht super dicke Freunde, aber sie schätzten sich gegenseitig sehr. Raphael hatte jetzt schon mehrmals angedeutet, dass er meinem großen Bruder gerne etwas antun würde. Wie würde er reagieren, wenn er herausfand, dass das schon seit einiger Zeit ein Freund von ihm war? Scheiße, ich hatte richtige Mist angestellt.

Der Griff um meine Hüfte wurde stärker und Raphael zog mich an sich.

"Du starrst", nuschelte er.

Ich grinste. "Gar nicht." Mit dem Finger fuhr ich über seine Lippen. Schließlich legte ich meine Hände in seinen Nacken und kraulte ihn leicht.

Ein wohliges Seufzen entfuhr ihm und er öffnete leicht die Augen. Ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. Ich beugte mich zu ihm und meine Lippen trafen seine. Raphaels Hand vergrub sich in meinen Haaren.

"Guten Morgen, Schöne." Seine Stimme war verschlafen, aber melodisch sanft wie ich es liebte. Ich schmiegte mich an seine Brust und genoss den vertrauten Geruch. Raphael drückte mir einen Kuss aufs Haar.

"Ich bin froh, dass du mir alles erzählt hast", begann er. Ich presste die Lippen zusammen. Fast alles. "Ich verstehe es jetzt viel besser. Ich hab mich auch nicht korrekt dir gegenüber verhalten. Es tut mir leid, dass ich deine Grenzen nicht akzeptiert habe."

Ich schüttelte den Kopf. "Bitte entschuldige dich für nichts. Ich bin eindeutig das Arschloch gewesen."

Ein Knurren entfuhr ihm. "Stimmt nicht. Aber ich will nicht mit dir streiten."

Ich sah zu ihm auf. "Ich will auch nicht mit dir streiten. Nie wieder."

Jetzt war es an ihm mir die Haare hinter mein Ohr zu schieben. Er lächelte ermutigend. "Wir bekommen das hin, Anna. Ich glaub an uns."

Seine Worte sorgten dafür, dass das restliche Gewicht von meiner Brust verflog. Ich strahlte ihn an. Er vermittelte mir ein Gefühl von Geborgenheit und bedingungsloser Akzeptanz. Ich fühlte mich zuhause. Ich fühlte mich bei ihm mehr wie ich selbst als in den letzten Jahren zusammen. Ich liebe dich. Die Erkenntnis traf mich. Früher hatte der Gedanke Panik in mir ausgelöst, doch jetzt fühlte es sich richtig an. Zum ersten Mal seit Jahren wollte ich nicht vor meinen Gefühlen wegrennen, sondern mich ihnen hingeben.

Ich beugte mich zu Raphael und küsste ihn. Dieser Kuss war anders als sonst. Noch vertrauter und offener. Schwer atmend löste ich mich von ihm. Ich öffnete den Mund und wollte etwas sagen - wollte es sagen - doch Raphael kam mir zuvor.

BESSER SAG NIX - SAG MIR ALLES | RAF CamoraWhere stories live. Discover now