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Wünsche Euch einen schönen Start in die Woche ❤️

Annas POV - November 2018

"Danke, dass du bereit warst, an einem Sonntag zu kommen."

"Du hast mir keine Wahl gelassen, Anna." Steven saß nach vorne gebeugt über einem meiner Ordner und wirkte ziemlich konzentriert. Er trug eine dieser Lesebrillen, die man am vorderen Bügel trennen und sich dann um den Hals hängen konnte. Es sah unglaublich spießig in dem Rotton aus, wäre da nicht das Tattoo an seiner Schläfe.

"Ich red mit Gabriel, nicht mit dir."

Steven sah kurz auf, zog die blauen Augen zusammen und widmete sich dann wieder den Dokumenten in seiner Hand.

Gabriel unterdrückte angestrengt das Grinsen. "Kein Ding, Anna." Er zwinkerte mir zu und ich grinste ihn an. Er hatte seine Hilfe freiwillig angeboten und ich liebte ihn einfach dafür. Er war mir in den wenigen Monaten wirklich ein Freund geworden. Ich hatte sogar seinen Freund schon kennengelernt. Gabriel war völlig versessen darauf, mir die schönste Hochzeit aller Zeiten zu beschaffen. Anscheinend hatte seine Schwester nur Standesamtlich geheiratet und das hatte er ihr nie verziehen. Also lebte er seine Hochzeitsplanerträume nun durch mich aus. Mir war das mehr als nur Recht. Anstatt jetzt allerdings irgendetwas diesbezüglich zu organisieren, hockte er ebenfalls auf dem Boden meines Büros und ging die Akten durch.

Ich hatte einige Kartons aus dem Autohaus bringen lassen und aus Köln angefordert.

"Also mit deinen privaten Ausgaben bin ich durch", murmelte Steven da und legte einen Ordner zur Seite, griff sich den nächsten. "Da ist nichts auffällig. Aber ich bin echt begeistert, dass du es geschafft hast, eine Dior Handtasche als Büromaterial auszugeben."

Ich zuckte mit den Schultern. "Ist auch Büromaterial. Da passen meine Akten ganz wunderbar rein."

"Ehrlich? Meinst du, ich kann dann meine Gucci Schuhe abschreiben?" Gabriel sah mich fasziniert an.

"Kannst du nicht", erwiderte Steven. "Glaub mir, ich hab's versucht. Aber Anna ehrlich. Deine Steuertricks hier merk ich mir."

"Schön, dass sie dir gefallen." Ich hatte mir das Zusammentreffen mit Steven wesentlich schlimmer vorgestellt. Aber er hatte pünktlich vor der Kanzlei gestanden, höflich gelächelt und sich dann direkt an die Arbeit gemacht. Er schien es wirklich ernst zu nehmen, dass er mir einen Gefallen schuldete und die Sache wieder gut machen wollte. Er hatte nur gefragt, was genau er machen sollte. Und seitdem saßen wir hier, arbeiten akribisch alles durch.

"Können wir Musik anmachen oder so?", fragte Gabriel nach einer weiteren halben Stunde, in der wir uns anschwiegen. "Das neue Album von Raf?" Ich hatte Gabriel nicht erzählt, was zwischen Steven, mir und ihm vorgefallen war. Aber ich sah den kritischen Blick, mit dem Gabriel Steven beobachtete. Gabriel war eigentlich kein Fan von der Musik meines Bruders oder Verlobtens. Aber langsam schien er auf den Geschmack zu kommen.

Steven zuckte mit den Schultern. "Wenn ihr wollt."

Gabriel sprang auf und holte eine kleine Musikbox. Er stellte sie neben Ciros Hundebett ab, der müde den Kopf hob und die Situation betrachtete. "Wie war eigentlich die Releaseparty, Anna?"

"Suchen, nicht quatschen", erwiderte ich grimmig und sah mir zum hundertsten Mal die Verträge zur Übernahme der Autohäuser an. Was hatte ich übersehen? Aber eigentlich wollte ich die Frage nicht so ganz beantworten. Die Party war ziemlich gut gewesen - so gut, dass mein Schädel jetzt noch hämmerte und mir bei dem Gedanken an Alkohol mein Frühstück hochkam.

Nachdem Raphael den Notartermin verpasst hatte, hatte ich alle meine Wut darüber an Max ausgelassen. Das Gute war, dass Max' Nase mittlerweile so oft gebrochen war, dass ich nicht mehr viel hatte ausrichten können. Ich hatte mich abgeregt. Aber es hatte rausgemusst. Ich hatte anderthalb Stunden bei dem Notar gewartet. Um einen Ehevertrag zu unterzeichnen. Ich hatte die Frage im Gesicht des Notars gesehen. Er hatte sie nicht ausgesprochen, aber sie hatte zwischen uns gestanden. Jemanden zu heiraten, der jetzt schon Termine verpasste und einen versetzte, war wohl nicht die beste Voraussetzung.

BESSER SAG NIX - SAG MIR ALLES | RAF CamoraWo Geschichten leben. Entdecke jetzt